In Seuversholz lagern Tausende Tonnen Futterweizen
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Futterweizen, der eigentlich als Backweizen angebaut worden ist

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"Noch nie gehabt": Sehr schlechte Qualität bei Bayerns Weizen

Rund 3,6 Millionen Tonnen Weizen wurden in diesem Jahr in Bayern geerntet. Die Menge passt, aber die Qualität ist teilweise katastrophal. Müller schlagen Alarm, weil sie für Mehl deutlich besseren Weizen brauchen.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Tausende Tonnen Weizen sind im Lagerhaus der Raiffeisen Hallertau-Jura in Seuversholz eingelagert. Die Silos sind voll bis unters Dach. Und trotzdem schaut Prokurist Christian Hufsky skeptisch auf die Getreidekörner in seinen Händen. Immer wieder entdeckt er kleine Keimlinge.

"Leider kam heuer die Drei-Wochen-Regenperiode, die sich keiner gewünscht hat." Die Landwirte konnten ihren Weizen nicht ernten. Teilweise fingen die Körner schon am Halm an auszutreiben. Die Folge: "Es ist heuer deutlich weniger Brotweizen, es ist sehr, sehr weniger Qualitätsweizen." Stattdessen hat er Tausende Tonnen Futterweizen in seinen Lagerhäusern.

Weizen fehlt das Eiweiß

In normalen Jahren ist laut Bayerischer Landesanstalt für Landwirtschaft der größte Teil der Ernte mahlfähig. In diesem Jahr ist das bei den insgesamt rund 3,6 Millionen Tonnen Weizen in Bayern nicht der Fall. Die Qualität ist zu schlecht. Das heißt nicht, dass ungesunde Stoffe oder Pilze im Korn sind. Aber es fehlt etwas Entscheidendes: das Eiweiß.

Noch nie so ein schlechtes Jahr

Vor der Bartmühle bei Landshut rangiert gerade ein Traktor seinen Hänger zum Abladen. Erst einmal zieht Müller Rudi Sagberger eine Probe. Der Landwirt Josef Kronawitter hat Roggen geladen. "Roggen ist ganz gut zum Anbauen. Ist trockenresistent, braucht nicht so viel Dünger." Der Landwirt ist zufrieden. Und auch der Müller. Die Qualität passt.

Ganz anders beim Weizen, den Müller Sagberger heuer angeboten bekommt. "So ein Jahr wie heuer haben wir noch nie gehabt. Ich bin seit 1978 Müller, aber so schwachen Weizen habe ich noch nie gekriegt."

Mühlen stehen vor Problem

Mehl muss er trotzdem irgendwie herstellen. Was ihn rettet: Er hat sich im Frühsommer noch mal mit Qualitätsweizen aus dem vergangenen Jahr eingedeckt. Bauchgefühl, wie er sagt. Der hat ausreichend Eiweiß und mit ihm kann er den schwächeren Weizen mischen und so backfähiges Mehl erzeugen.

Schlechter Weizen hausgemacht

Für Sagberger, der auch Vorstandsvorsitzender des Bayerischen Müllerbundes ist, ist die schlechte Qualität beim Weizen zum Teil hausgemacht. Nicht nur die ungünstige Witterung war in diesem Jahr seiner Ansicht nach das Problem. Zum Teil habe auch die Düngeverordnung dazu beigetragen. Diese sieht vor, dass in bestimmten Gebieten, in denen zu viel Nitrat im Grundwasser gemessen wird, die Landwirte weniger düngen dürfen. So sollen die Nitratwerte gesenkt werden.

Erste Folgen der Düngeverordnung?

"Die hat heuer das erste Mal durchgeschlagen. Das ist ja politisch gewollt: Der Landwirt darf nicht mehr so viel düngen und deswegen hat er weniger Eiweiß gehabt." Sagberger fordert deshalb, dass die Landwirte beim Düngen nicht noch weiter eingeschränkt werden dürften. "Wenn wir nächstes Jahr wieder solche Verhältnisse haben, diese Trockenheit, diesen Hitzestress und die wenige Düngung, dann wird's eine Katastrophe."

Weniger Nährstoffe, weniger Eiweiß

Sagberger ist mit seiner Einschätzung nicht allein. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft sieht die Ursachen für die schlechte Qualität "teilweise an den Beschränkungen der Düngeverordnung". Aber auch die hohen Düngerpreise dürften Einfluss gehabt haben.

Der Bayerische Bauernverband unterstreicht: "Die eingeschränkte Nährstoffversorgung unserer Böden und damit unserer Kulturen spielt natürlich eine wichtige Rolle, zumindest bezüglich der geringen Proteingehalte im Weizen." Diese Erfahrung hätten auch andere EU-Länder, etwa Dänemark, bereits gemacht.

Folgen für Verbraucher

Mit dem Mehl arbeiten müssen am Ende vor allem die Bäcker. Stefan Geisenhofer steht mit einem Dutzend Angestellter in seiner Backstube in Freising. Semmeln und Brezen sind schon fertig, aktuell dreht er Baguettes. Für ihn ist gutes Mehl entscheidend. "Wenn die Qualität nicht gegeben ist, dann kriegen wir das Volumen nicht zusammen und dann muss der Konsument ein kleineres Produkt für den gleichen Preis kaufen."

Bäcker können reagieren

Wenn die Qualität des Mehls schwankt, dann kann er seine Arbeitsabläufe anpassen. Länger oder kürzer kneten, mehr oder weniger Wasser und die Temperaturen verändern. Optimal wäre das aus seiner Sicht nicht. Momentan macht er sich aber keine Sorgen. Er geht davon aus, dass die Mehlqualität weiterhin stimmt. Im Zweifel würden die Mühlen Qualitätsweizen aus dem Ausland ankaufen. Gut fände er das aber nicht, da er bisher voll auf regionale Rohstoffe setzt.

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