Die katholische Kirche St. Michael im Ort Alxing ist am 28.03.2024 zwischen den Masten einer Hochspannungsleitung vor der Alpenkette zu sehen.
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Die katholische Kirche St. Michael im Ort Alxing ist am 28.03.2024 zwischen den Masten einer Hochspannungsleitung vor der Alpenkette zu sehen.

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Holetschek widerspricht Aiwanger: Bayerns Klimaziele bleiben

Für Wirtschaftsminister Aiwanger ist Bayerns Wettbewerbsfähigkeit wichtiger als die Erfüllung von Klimazielen. CSU-Fraktionschef Holetschek stellt im BR-Interview klar: "Die Klimaziele sind vereinbart in der Staatsregierung."

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

In der Debatte über die Klimaziele des Freistaats erinnert CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) an gemeinsame Beschlüsse in der Koalition: "Die Klimaziele sind ja vereinbart in der Staatsregierung, also ist es Basis des gemeinsamen Handelns in der Koalition", sagt Holetschek im BR24-Interview. Ziele stecke man sich, weil man sie erreichen wolle – auch wenn sie ehrgeizig seien.

Klimaschutz sei ein wichtiges Thema und werde von der Staatsregierung vorangetrieben. "Deswegen denke ich, ist es wichtig, jetzt nicht davon abzurücken", betonte der CSU-Politiker. Zugleich gelte es, Ökologie und Ökonomie zusammenzubringen und auch die Menschen mitzunehmen. "Wir sind in schwierigen Zeiten, und wir müssen einfach die Dinge zusammenführen und nicht gegeneinander setzen."

Aiwanger: Bei Klimaziel "nicht verkrampfen"

Aiwanger hatte in der "Augsburger Allgemeinen" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) erneut infrage gestellt, dass Bayern bis 2040 unbedingt klimaneutral werden muss. "Bis 2040 sind es noch 15 Jahre, das ist sportlich." Eine Chance sieht er in möglichen Wasserstoffimporten aus Nordafrika. "Man soll sich aber bei dem Ziel auch nicht verkrampfen, wenn wir sehen, dass wir an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen", mahnte der Freie-Wähler-Chef. "Wir müssen verhindern, dass wir am Ende CO₂-frei, aber wirtschaftlich tot sind."

Nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts verteidigte der Minister am Mittag seine Äußerung als "Ausdruck der Vernunft". Er sei dafür von den Kabinettskollegen auch nicht geköpft worden. Bayern strebe an, fünf bis zehn Jahre früher als andere Regionen auf fossile Energieträger verzichten zu können.

"Aber: Wenn wir sehen, dass wir es nicht schaffen, bevor wir die Wirtschaft an die Wand fahren, müssten wir hier nach meiner politischen Einschätzung eher zurückrudern und die Ziele dann eben um ein paar Jahre verschieben als heute der Wirtschaft zu sagen, 2040 ist definitiv die Betonmauer und wenn wir es bis dorthin nicht geschafft haben, dann müssen wir die Autos stilllegen und die Ölheizungen abklemmen." Vielmehr sollte laut Aiwanger gelten: "Wir versuchen es, aber nicht um jeden Preis."

Bayern will schneller sein als der Bund

Der Bayerische Landtag hatte Ende 2022 mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern eine Neufassung des bayerischen Klimaschutzgesetzes beschlossen und die Ziele aus dem Jahr 2020 noch einmal verschärft. Demnach soll Bayern spätestens 2040 klimaneutral sein – und damit mindestens fünf Jahre früher als der Bund.

Der zuständige Umweltminister ist Aiwangers Parteifreund Thorsten Glauber. Holetschek sieht neben dem Umweltminister aber auch den Wirtschaftsminister und die gesamte Staatsregierung in der Pflicht: "Ich denke, das ist eine Aufgabe, die wir insgesamt haben."

Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) versicherte nach der Kabinettsitzung, "dass Bayern zu den Klimazielen steht". Auf Nachfrage sagte er: "Das letzte Mal, als ich in Artikel zwei des bayerischen Klimaschutzgesetzes reingeschaut habe, da stand da noch drin: bis 2040 klimaneutral, bis 2030 minus 65 Prozent." Diese Ziele seien mit einem sehr großen Aktionsprogramm unterlegt – mit laufenden Maßnahmen, "die auch greifen".

Holetschek sieht Bayern auf gutem Weg

Nach Einschätzung des CSU-Fraktionschefs ist Bayern bei den Klimazielen auf einem guten Weg. "Ich glaube, wir haben auch viel erreicht." Holetschek verweist in diesem Zusammenhang auf den Zuwachs bei den erneuerbaren Energien in Bayern. "Wir haben jetzt noch mal Beschleunigungsprogramme, auch für die Windkraft, auf den Weg gebracht."

Ambitionierte Ziele gebe es auch bei der Renaturierung von Mooren. "Auch das Thema Hochwasser hat uns natürlich jetzt noch einmal gezeigt, dass es ein Prozess ist, der ständig weiterzuführen ist und auch nicht endet."

Grüne: Aiwanger-Aussagen ein Hohn

Entsetzt zeigt sich Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze über Aiwangers Aussage. "Ist dem Wirtschaftsminister eigentlich klar, was er da sagt? Was für ein Hohn für alle Regionen in Bayern, die gerade wieder in Hochwassermassen untergegangen sind." Durch die fortschreitende Klimakrise werde es solche Fluten immer häufiger und verheerender geben. Die Klimakrise bedrohe Wohlstand, Besitz und Natur.

Klimaschutz koste Geld, "aber kein Klimaschutz kostet viel mehr, im schlimmsten Fall Menschenleben", betont Schulze. "Mit dem Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft sichern wir unsere Zukunft und stärken den Wirtschaftsstandort Bayern."

FDP: Ziel streichen

Kritik an den Klimazielen kommt von der bayerischen FDP, die seit dem Herbst dem Landtag nicht mehr angehört. FDP-Landeschef Martin Hagen teilt mit, die Liberalen hätten im Parlament seinerzeit gegen das Klimaschutzgesetz gestimmt. Das Ziel, Bayern bereits zehn Jahre vor dem Rest der EU klimaneutral zu machen, sei ein teurer Irrweg. "Es ist nicht nur 'sportlich', wie Aiwanger sagt, sondern blanker Unsinn."

Diese "Streberei" werde die bayerischen Bürger und Unternehmen unverhältnismäßig belasten und habe keinerlei Effekt auf das globale Klima, warnt Hagen. "CSU und Freie Wähler sollten das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 aus dem Gesetz streichen."

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