Die Gruppe "Die Heimat" bei einer Demonstration gegen die Grünen-Politik in Aschaffenburg – eine Nachfolgepartei der NPD
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Die Gruppe "Die Heimat" bei einer Demonstration gegen die Grünen-Politik in Aschaffenburg – eine Nachfolgepartei der NPD

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Nach Demos: Aschaffenburger Bündnis gegen Hass und Hetze

Für die Querdenker-Szene ist Aschaffenburg in den letzten Jahren zu einem beliebten Ort für Demos geworden, zu denen auch vorbestrafte Rechtsradikale aus anderen Bundesländern anreisen. Ein Bündnis will zeigen, dass die Stadt für andere Werte steht.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Was mit Protesten gegen die Corona-Politik begonnen hatte, weitete sich in Aschaffenburg zu Protesten für "mehr Demokratie", gegen "grünen Wahnsinn" oder Krieg und Inflation aus. Die taz schrieb im September dieses Jahres: "Wie rechte Raumergreifung funktioniert, lässt sich in Aschaffenburg beispielhaft beobachten." In der FAZ trägt Aschaffenburg den Namen "Wut-Stadt".

Sogar bis ins russische Staatsfernsehen schafften es die Aschaffenburger Protestzüge. Neben Pro-Putin-Posts in der hiesigen Querdenker-Szene macht auch antisemitische Propaganda die Runde. Aschaffenburger Künstler, Kulturvereine, die Stadt und das Bündnis "Aschaffenburg ist Bunt" wollen das nicht mehr hinnehmen und ein kraftvolles Zeichen gegen rechts setzen.

Aschaffenburger wollen Zeichen setzen

"Wir sind was rollt – neue Wege braucht die Stadt!" – unter diesem Motto rufen sie zu einer Demonstration und Kundgebung vor dem Aschaffenburger Hofgarten-Kabarett auf. Mit dabei: Die Kabarettisten Urban Priol, Erwin Pelzig und das "Babenhäuser PfarrerKabarett", sowie mehrere Musikgruppen und verschiedene Gastredner wie Oberbürgermeister Jürgen Herzing.

"Wir sind keine Hochburg der Wutbürger, Rechten und Querdenker", betont der Aschaffenburger Kabarettist Urban Priol. Er bezieht sich auf die Schlagzeilen, die Aschaffenburg in den letzten Wochen und Monaten auch in der bundesweiten Presse gemacht hat.

Vorbestrafte Rechtsradikale nehmen an Demos teil

Gegen den Gründer der Querdenker-Gruppe "Aschaffenburg steht auf", den Hauptorganisator der Protestmärsche, sollte ein Prozess wegen Beihilfe zur Volksverhetzung vor dem Amtsgericht beginnen. Doch dieser war laut eigenen Angaben wegen Krankheit nicht vor Gericht erschienen. "Wehret den Anfängen!", mahnte Anfang der Woche ein Stadtrat an. Zwei Stunden diskutierte das Plenum in der letzten Sitzung erneut über die Möglichkeiten, die "unsäglichen" Demonstrationen zu verbieten.

Denn nicht nur Vertreter der "Heimat", der Nachfolgepartei der rechtsextremen NPD, ziehen mit erklärten Impfgegnern und Querdenkern einmal im Monat durch die Aschaffenburger Innenstadt. Auch vorbestrafte Rechtsradikale aus dem benachbarten Hessen und Baden-Württemberg sind bereits bei den Demos gesehen worden. Akteure aus der Region, die schon mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt (Terrororganisation NSU) in den 90er-Jahren bei den sogenannten Münstermann-Märschen durch Aschaffenburg liefen.

Stadt kann Demos nicht verbieten

Die Stadt kann die Demonstrationen nicht verbieten, denn das Grundgesetz garantiert die Versammlungsfreiheit. Was sie jedoch machen kann ist, Auflagen zu erlassen. Das Mitführen von Hunden wird bei den Demos künftig verboten werden, so Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing. Und da der Wind rauer wird – auch, was die Gegendemonstrationen anbelangt – habe die Polizei ihre Präsenz verstärkt.

Einige Stadträte machten jedoch ihr Unverständnis darüber deutlich, dass die Polizei nicht hart genug durchgreife, wenn etwa der Hitlergruß gezeigt wird. "Was da an Reden geschwungen wird, das ist erschreckend, das kann und will ich nicht wiedergeben", sagt Kabarettist Urban Priol. "Die werden ja aus dem ganzen Bundesgebiet in unser beschauliches, strategisch günstig gelegenes Aschaffenburg gekarrt." Jeder, der da mitlaufe, müsse wissen, dass da Nazis mitmarschieren, so Priol. "Mitläufer haben schon immer Not und Elend über dieses Land gebracht."

Demo gegen Hass und Hetze

Zu einer "fröhlichen Demo" und einer "bunten Kundgebung" laden Künstlerinnen, das Bündnis "Aschaffenburg ist Bunt" und die Stadt alle Bürgerinnen und Bürger am Sonntag in der Straße vor dem Hofgarten Kabarett ein. Dort wird Urban Priol seinen Wunsch an die Politik sicher noch einmal bekräftigen: "Wenn das Volk etwas sagt, das Bullshit ist, dann muss die Politik aufklären, wie eigentlich der Sachstand ist. Das würde ich mir von einer verantwortungsvollen Politik wünschen. Und wenn einer ruft 'Wir sind das Volk', dann rufen wir zurück: 'Wir sind Völker'."

Drei für Sonntag angekündigte Demonstrationen aus dem Spektrum der Querdenker-Szene – unter anderem von "Aschaffenburg steht auf" – sind mittlerweile abgesagt worden.

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