Windräder werden auch in Wäldern geplant. Hier ist bei der Standortauswahl besondere Sorgfalt gefragt.
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Windräder werden auch in Wäldern geplant. Hier ist bei der Standortauswahl besondere Sorgfalt gefragt.

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Wie sinnvoll ist Windkraft im Wald?

Bayern sucht Standorte für Windräder. Dabei könnten Wälder sehr wichtig werden: Energieminister Aiwanger befürwortet das, auch erste Vorschläge für den Großraum München zielen darauf ab. Aber: Wie problematisch ist ein Windrad im Wald für die Natur?

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Der Windkraftausbau rund um München wird konkreter: Der Regionale Planungsverband hat nun eine erste Karte vorgestellt, wo im Großraum Vorranggebiete für die Windkraft entstehen könnten. Der Geschäftsführer des Verbands, Christian Breu, hatte zu Beginn des Planungsprozesses angekündigt, dass wahrscheinlich 75 Prozent der Vorranggebiete im Wald liegen werden, weil der Großraum München so dicht besiedelt ist.

Laut Landesentwicklungsprogramm Bayern muss jeder regionale Planungsverband bis Ende 2027 1,1 Prozent seiner Fläche für die Windkraft freigeben. Wie viele Anlagen letztlich entstehen, ist offen. Laut einer Prognose des Planungsverbands von 2022 könnten zwischen Freising und Starnberg, Landsberg und Ebersberg bis zu 400 Windräder gebaut werden.

In einem ersten Schritt hat der Regionalverband nun sogenannte Suchgebiete rund um München ausgewiesen (7,4 Prozent der Gesamtfläche), in denen dann die sogenannten "Vorranggebiete" für Windkraftanlagen gefunden werden sollen. Die jetzt erstellte Karte zeigt: Vor allem die großen Waldflächen im Süden und Osten der Landeshauptstadt sind dabei: vom Forstenrieder Park über den Hofoldinger Forst bis zum Ebersberger Forst.

Aiwanger will Windräder vorrangig im Wald

Nach Ansicht des bayerischen Energieministers Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sollen Windräder im Freistaat generell vorrangig im Wald entstehen. "Hier wirken sie weniger bedrängend", sagt er, außerdem wären sie meist weit genug entfernt von Siedlungen. Für Waldbesitzer seien die hohen Pachteinnahmen sehr attraktiv. Allein im Staatswald erwartet Aiwanger auf mittlere Sicht mehrere hundert neue Windräder, in Privatwäldern sei noch viel mehr möglich.

Für insgesamt 98 Windräder im bayerischen Staatswald gibt es bereits konkrete Standortsicherungsverträge (Stand: Juli 2023). Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Stümpfig hervor.

LBV: Windkraft im Wald nur als Ausnahme

Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz sieht die Herangehensweise der Staatsregierung kritisch: "Windkraftstandorte im Wald sollten nach Einschätzung des LBV die absolute Ausnahme darstellen", heißt es in einer Stellungnahme des Verbands. Wenn die aus Sicht des LBV überzogenen Anforderungen an den Mindestabstand zu menschlichen Siedlungen fallen gelassen würden, die mit der bayerischen 10H-Regelung verbunden sind, lasse sich auch außerhalb von Wäldern genug Platz für die Windkraft in Bayern finden. Den Ausbau der Windkraft an sich unterstützt der LBV entschieden.

Bund Naturschutz: Wald und Windkraft vereinbar

Aus Sicht des Bund Naturschutz in Bayern (BN) sind Wald und Windkraft grundsätzlich vereinbar. Bei korrekter fachlicher Planung könne eine naturverträgliche Umsetzung von Waldwindparks je nach Standort möglich sein. Ein BN-Sprecher gibt zu bedenken, welchen Schaden der Klimawandel durch Trockenheit und Borkenkäfer bereits jetzt anrichtet: "Unser Wald stirbt großflächig ab, insbesondere die Fichtenbestände sind stark angegriffen. Das heißt, wir brauchen die Energiewende auch, damit der Wald gerettet werden kann."

Zwar sei es sicherlich besser, wenn Windräder im Offenland stehen. Jedoch gebe es Siedlungsstrukturen, bei denen man zwangsweise auf den Wald ausweichen muss, etwa im Landkreis Altötting.

Windkraft-Ziel ohne Wald kaum erreichbar

Klar ist: Wälder bedecken mehr als 35 Prozent der Fläche Bayerns, der Freistaat ist damit eines der waldreichen Bundesländer. Dadurch wäre es hier in jedem Fall weitaus schwieriger als anderswo, auch ohne Waldstandorte genug Platz für Windräder zu finden. Erst recht, wenn sie – wie von der Staatsregierung angestrebt – möglichst gerecht über die bayerischen Regionen verteilt werden sollen. Zum Vergleich: Schleswig-Holstein hat nur 10,4 Prozent Waldfläche – dort sind Windräder in Wäldern auch tatsächlich nicht zulässig.

Artenreiche Wälder aussparen

Wichtig in diesem Zusammenhang: Wald ist nicht gleich Wald. Für die Nutzung als Windkraftstandort kommen nach Ansicht der Fachagentur Windenergie an Land in erster Linie "kulturbetonte" oder "kulturbestimmte" Wälder in Frage – also Nutzwälder mit vergleichsweise geringer Artenvielfalt. Sie machen zusammen 24 Prozent der deutschen Waldfläche aus.

Die Fläche, die für ein Windrad im Wald gerodet werden muss, ist geringer als vielfach angenommen. Einen Großteil des möglichen Flächenbedarfs machen die Wege hin zum Standort aus. Wenn bereits vorhandene Forststraßen genutzt werden, minimiert das den Schaden. Nach Angeben der Fachagentur Windenergie sind pro Windrad im bundesweiten Durchschnitt 0,46 Hektar nötig – etwa zwei Drittel eines Fußballfelds.

Standorte im Wald besonders sorgfältig prüfen

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) betont, dass Waldstandorte besonders sorgfältig geprüft werden müssen. Wenn ökologische Rahmenbedingungen beachtet werden, könne die Windenergienutzung im Wald einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten. Das BfN spricht auch von "Synergien" mit Verpflichtungen zur Aufforstung: Windräder können beispielsweise auf Flächen errichtet werden, die durch Sturm oder Borkenkäfer ohnehin geschädigt sind, und die hinterher naturnäher wieder aufgeforstet werden. Um beispielsweise Fledermäuse zu schützen, kann die Windkraftanlage zu bestimmten Zeiten abgeschaltet werden – das wird im Zuge der Genehmigung geprüft.

Im Video: Bundeswehr kontra Windkraft

Bundeswehr kontra Windkraft (quer vom 14.09.2023)
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Bundeswehr kontra Windkraft (quer vom 14.09.2023)

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