Nürnberg: Mischling Jessy (1) ist in ihrer Box im Tierheim Nürnberg. Haustiere aus der Corona-Zeit bevölkern die Tierheim, hier das Tierheim Nürnberg. (
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Das Nürnberger Tierheim ist – wie so viele andere – komplett voll und nimmt derzeit keine Hunde, Katzen und Kleintiere mehr auf.

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"Wir sind am Limit": Aufnahmestopp im Tierheim Nürnberg

Viele Tierheime in Deutschland sind voll, auch das Nürnberger. Das Tierheim hat einen Aufnahmestopp verhängt – für Hunde, Katzen und Kleintiere. Gerade die vielen Hunde sind ein Problem. Deshalb fordert ein Experten-Bündnis Politiker zum Handeln auf.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

"Wir können nicht mehr, wir sind voll, wir sind am Limit, es geht nicht mehr", sagt Nürnbergs Tierheimleiterin Tanja Schnabel im BR-Interview. Mit aktuell 55 Hunden und mehr als 130 Katzen sei der Tierschutzverein Nürnberg-Fürth e.V. und sein Tierheim in der Stadenstraße komplett ausgelastet. Man habe räumlich, personell und auch finanziell die Grenze erreicht.

Tierheim: Viele Corona-Haustiere und verhaltensauffällige Hunde

Ein Grund für die übervollen Tierheime ist laut Deutschem Tierschutzbund die Corona-Pandemie. In dieser Zeit hätten sich etliche Menschen ein Haustier angeschafft, das sie nun wieder loswerden wollten – auch aus finanziellen Gründen.

Ein weiteres Problem: In den Tierheimen seien immer mehr verhaltensauffällige Hunde untergebracht, berichtet Tanja Schnabel vom Nürnberger Tierheim. Diese seien schwer oder gar nicht zu vermitteln und würden insofern einen Platz im Tierheim für sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.

Illegale Welpentransporte und unseriöse Tierschutzvereine

Man führe zwar eine Warteliste für Halter, die ihren Hund abgeben möchten. Die Wartezeit betrage allerdings momentan etwa anderthalb Jahre. Schuld an dem Kollaps der Tierheime sei auch die Politik, kritisiert Schnabel. Diese habe zu lange weggeschaut. Schon lange fordern Tierschutzvereine und Tierheime beispielsweise eine Eindämmung illegaler Welpentransporte. Auch Hunde, die von unseriösen Auslandstierschutzvereinen vermittelt werden, seien zunehmend ein Problem. Die Hunde seien oft stark traumatisiert. Wenn die Halter dies in Deutschland bemerken, sei der Weg ins Tierheim vorprogrammiert.

Forderung: Internethandel verbieten und Hundeführerschein

Das Bündnis Schattenhund, ein Zusammenschluss aus Tierheimen, Tierschutzvereinen, Hundetrainern, Tierärzten und seriösen Züchtern, dem sich auch das Tierheim Nürnberg angeschlossen hat, fordert deshalb unter anderem ein Handelsverbot mit lebenden Tieren über Internetplattformen und auch die Einführung eines verpflichtenden Hundeführerscheins. Das werde die aktuelle Welle zwar nicht aufhalten, sagt Tierheimleiterin Tanja Schnabel, die nächste oder übernächste aber vielleicht abmildern.

Bündnis Schattenhund

Das Bündnis Schattenhund wurde im Herbst 2019 gegründet. Das Bündnis bemüht sich um schwierige Hunde, die sogenannten Schattenhunde, die "trotz Trainings- und Resozialisierungsbemühungen immer speziell bleiben und kaum verantwortungsvoll an den Otto-Normal-Hundehalter mit Kindern und Garten vermittelt werden können und somit zu Langzeitinsassen in den Tierheimen werden."

Wie es auf der Webseite des Bündnisses heißt, setzt es sich "zusammen aus erfahrenen Menschen aus dem aktiven Tierschutz, wie Tierheimen oder Hundetrainer und -trainerinnen." Sie beobachten demnach mit Sorge die aktuellen Entwicklungen im Tierschutz oder Tierhandel und "wollen mit ihrem Wissen auf Problematiken hinweisen, informieren und versuchen einzugreifen und zu handeln oder die Politik zum Handeln zu bewegen!"

Brandbrief mit Forderungen an die Politik

So hat das Bündnis am 23. Juli 2023 einen Brandbrief an den Bundestag eingereicht, gerichtet an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (B'90/Grüne) und die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung Ariane Kari. Darin fordern die Tierschützer den Internethandel mit Tieren stärker zu regulieren. Außerdem: nachhaltige Konzepte für den Hundehandel und Maßnahmen zur Eindämmung der illegalen Zucht. Städte und Kommunen sollen gestärkt, der Import von Hunden aus dem Ausland konsequent geregelt und Hunde registriert werden. Und das Bündnis fordert neue Finanzierungsmodelle für die Tierheime.

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