Vorstellung des Amnesty International Reports 2022/23
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Vorstellung des Amnesty International Reports 2022/23

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Amnesty-Bericht: Zahl der Hinrichtungen stark gestiegen

Im vergangenen Jahr sind weltweit deutlich mehr Menschen hingerichtet worden als im Vorjahr. Amnesty International hat 883 gerichtliche Hinrichtungen dokumentiert, der höchste Stand seit 2017. Zwei Länder stehen besonders im Fokus.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Direkt neben dem Eingang der deutschen Zentrale von Amnesty International in Berlin steht ein riesiges Buch. Es trägt den Titel "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", beschlossen von den Vereinten Nationen im Dezember 1948. Dass Amnesty International seine Gesprächsgäste am heutigen Tag zu diesem stilisierten Buch führt, geschieht nicht ohne Grund. Denn der jüngste Bericht der Organisation zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe zeichnet ein düsteres Bild.

Licht und Schatten in der Statistik

Zwar verweist die Organisation darauf, dass es durchaus Licht und Schatten gibt. So sei die Todesstrafe im vergangenen Jahr in weiteren sechs Ländern vollständig oder zum Teil abgeschafft worden. Damit hätten nunmehr 112 Länder die Todesstrafe für alle Straftaten aus ihrem Recht getilgt. Beim Blick auf die nackten Zahlen überwiege aber dennoch der Schatten. So seien im vergangenen Jahr weltweit deutlich mehr Menschen hingerichtet worden als im Vorjahr.

Dokumentiert sind 883 gerichtliche Hinrichtungen (2021: 579), der höchste Stand seit 2017. Besonders viele Hinrichtungen habe es erneut in Iran gegeben. Hier sei an 576 Menschen die Todesstrafe vollstreckt worden (2021: 314).

Julia Duchrow, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, verweist hier insbesondere auf das Justizsystem des Landes. Etwa im Hinblick auf die Protestierenden, die seit vergangenem Herbst gegen die Regierung demonstrieren, spricht Duchrow von meist unfairen Gerichtsverfahren. Die Menschen hätten "keine Zugänge zu Rechtsanwälten" und es gebe "erfolterte Geständnisse, auf die sich dann berufen" werde.

Starker Anstieg auch in Saudi-Arabien

Aber nicht nur in Iran ist die Zahl der Hinrichtungen stark angestiegen. Im Nachbarland Saudi-Arabien habe sich die Zahl von 65 auf 196 verdreifacht. Im März 2022 etwa sind binnen eines Tages 81 Menschen wegen Terrorismusvorwürfen hingerichtet worden. Medienberichten zufolge handelte es sich dabei um die größte Massenhinrichtung in der jüngeren Geschichte des Königreichs.

Wenn man die Zahlen für Iran und Saudi-Arabien zusammennimmt, entfallen damit beinahe neun von zehn dokumentierten Hinrichtungen auf die beiden Staaten am Persischen Golf. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, kündigte im Interview mit BR24 an, das Auswärtige Amt werde in seinen Bemühungen, die Todesstrafe weltweit einzudämmen, nicht nachlassen. Mit Blick auf Iran und Saudi-Arabien räumte sie zugleich ein, dass Deutschland bei vielen Staaten "auf taube Ohren" stoße.

Hohe Dunkelziffer bei Todesurteilen

Was die Zahlen nicht widerspiegeln ist eine hohe Dunkelziffer in Staaten, die ihre vollstreckten Todesurteile nicht offiziell dokumentieren. So geht Amnesty International davon aus, dass alleine in China im vergangenen Jahr tausende Menschen hingerichtet worden sind. Hohe Fallzahlen vermutet die Organisation auch für Nordkorea und Vietnam. Da im Falle dieser Staaten nur eine lückenhafte Dokumentation möglich wäre, veröffentlicht Amnesty hier seit 2019 keine Zahlen mehr, verweist aber ausdrücklich darauf, dass man nicht von einer Verbesserung der Situation ausgeht.

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