04.05.2024, Sachsen, Dresden: Ein Wahlplakat des sächsischen SPD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Matthias Ecke hängt an der Schandauer Straße im Stadtteil Striesen an einem Laternenmast. Der sächsische SPD-Spitzenkandidat zur Europawahl, Matthias Ecke, ist beim Plakatieren im Dresdner Stadtteil Striesen angegriffen und schwer verletzt worden. Beim Befestigen von Wahlplakaten am späten Freitagabend schlugen vier Unbekannte auf den 41-Jährigen ein, wie Polizei und Partei am Samstag mitteilten. Foto: Robert Michael/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
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Angriff auf SPD Europaabgeordneten Ecke

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Angriff auf SPD-Politiker Ecke: Scholz sieht Demokratie bedroht

Die brutale Attacke auf den SPD-Europapolitiker Ecke löst parteiübergreifend Entsetzen aus. Kanzler Scholz spricht von einer Bedrohung für die Demokratie und verweist auf weitere Fälle. Auch Kritik an rechtspopulistischer Stimmungsmache wird laut.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die jüngsten Attacken gegen Politiker als Bedrohung für die Demokratie bezeichnet. Scholz äußerte sich am Samstag bei einem Kongress der Sozialdemokratischen Partei Europas und der SPD in Berlin bestürzt über den Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke in Dresden. "Ich will gleichzeitig sagen, dass wir uns niemals mit solchen Gewalttaten abfinden dürfen, dass wir nicht achselzuckend hinschauen dürfen, wenn es da und dort geschieht", sagte der Kanzler.

Scholz verwies auch auf den Angriff auf Grünen-Politiker in Essen am Donnerstag und Anfeindungen gegen Kommunalpolitiker in kleinen Städten und Orten. "Die Demokratie wird von so etwas bedroht", betonte Scholz. "Wir müssen gemeinsam dagegen stehen. Jeder Fall muss genau aufgeklärt werden."

Dass so etwas geschehe, habe auch etwas mit Reden, die gehalten würden, und mit Stimmungen, die erzeugt würden, zu tun, sagte Scholz mit Blick etwa auf die rechtspopulistische AfD.

Steinmeier: "Dieser Ausbruch von Gewalt ist eine Warnung"

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich "entsetzt über die gewaltsamen Angriffe" auf Politiker. "Dieser Ausbruch von Gewalt ist eine Warnung", erklärte Steinmeier. "Alle, die unsere liberale Demokratie erhalten möchten, müssen nun parteiübergreifend zusammenstehen gegen Angriffe und Übergriffe im politischen Wettbewerb."

Der Bundespräsident appellierte an alle, die politische Auseinandersetzung friedlich zu führen, mit Argumenten und Respekt. "Lassen wir nicht zu, dass Radikale durch Brutalität das zerstören, was Demokratien im Wahlkampf ausmacht: die friedliche, angstfreie politische Willensbildung."

Fall Ecke: Zeuge ordnet Täter rechtem Spektrum zu

Der 41-jährige Ecke war nach Polizei- und nach Parteiangaben am Freitagabend beim Plakatieren in Dresden angegriffen und schwer verletzt worden. Der Europaabgeordnete müsse operiert werden, teilte die SPD in Sachsen mit. Bei den Angreifern handelte es sich nach Polizeiangaben um junge Männer zwischen 17 und 20 Jahren. Alle vier seien Zeugenaussagen zufolge dunkel gekleidet gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Ein Zeuge habe die Angreifer dem rechten Spektrum zugeordnet. Die Ermittlungen würden zeigen, ob das stimme. Zunächst hatte die vierköpfige Gruppe einen 28-Jährigen attackiert, der für die Grünen Wahlplakate anbrachte.

Die Vorfälle von Dresden reihen sich ein in eine Folge von Angriffen auf Parteimitglieder im Vorfeld der Kommunal- und Europawahlen am 9. Juni. Erst am Donnerstagabend waren der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß nach eigenen Angaben nach einer Parteiveranstaltung in Essen attackiert worden. Am vergangenen Wochenende waren Mitglieder der Grünen in Chemnitz und Zwickau beim Anbringen von Wahlplakaten angegriffen worden. Im niedersächsischen Nordhorn wurde am Samstagmorgen ein Landtagsabgeordneter der AfD nach Polizeiangaben an einem Infostand geschlagen.

Vorwürfe gegen die AfD: Anhänger "völlig enthemmt"

Die SPD in Sachsen nahm die AfD mit Blick auf den Fall Ecke mit in die Verantwortung: "Die Saat, die AfD und andere Rechtsextreme gesät haben, geht auf. Deren Anhänger sind mittlerweile völlig enthemmt und betrachten uns Demokraten beim Ausüben ihrer Grundrechte offenbar als Freiwild", schrieben die SPD-Vorsitzenden Henning Homann und Kathrin Michel.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gab Extremisten und Populisten eine Mitverantwortung, weil sie "mit völlig entgrenzten verbalen Anfeindungen gegen demokratische Politikerinnen und Politiker ein zunehmendes Klima der Gewalt schüren". Es gebe deshalb immer häufiger Attacken auf Politiker und Wahlkampfhelfer.

"Wir erleben hier eine neue Dimension von antidemokratischer Gewalt", erklärte Faeser. Die Sozialdemokratin kündigte an, rasch mit den Innenministern der Bundesländer über die zunehmende Gewalt gegen Wahlkämpfer zu beraten.

AfD-Chef Chrupalla verurteilt "physische Angriffe"

Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schrieb auf X: "Physische Angriffe gegen Politiker aller Parteien verurteilen wir zutiefst. Wahlkämpfe müssen inhaltlich hart und konstruktiv, aber ohne Gewalt geführt werden." Chrupalla wünschte Ecke viel Kraft und rasche Genesung.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schrieb auf X: "Angriffe und Einschüchterungen von politischen Mitbewerbern kennen wir aus den dunkelsten Epochen unserer Geschichte." Er sei schockiert.

Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Chefin der Unionsfraktion im Bundestag, Andrea Lindholz (CSU): "Die Nachrichten aus Dresden machen fassungslos." Gewaltsame Übergriffe auf demokratische Politiker erinnerten auch sie "an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte". Lindholz forderte "die ganze Härte" des Rechtsstaats für die Täter.

SPD: "Täter zur Rechenschaft ziehen"

"Wir erwarten, dass die Tat aufgeklärt und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden", forderten die SPD-Chefs Saskia Esken und Lars Klingbeil. Grünen-Chefin Ricarda Lang äußerte sich ebenfalls entsetzt und schrieb auf X, dass man sich nicht einschüchtern lassen dürfe.

Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, erklärte auf X: Es mache sie "fassungslos, dass Menschen, die sich für unsere Demokratie engagieren, immer stärker angegriffen und gefährdet werden". Die FDP-Politikerin betonte "eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, dagegen vorzugehen".

Zum Hören: SPD-Europapolitiker Matthias Ecke bei Angriff schwer verletzt

Archivbild: Europaabgeordneter Matthias Ecke
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Heiko Rebsch
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Archivbild: Europaabgeordneter Matthias Ecke

Mit Informationen von Reuters, dpa und AFP

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