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Die Zukunft der Landwirtschaft, damit hat sich am Donnerstag auch der Deutsche Bundestag beschäftigt – nach bundesweiten Protesten.

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Bundestag debattiert über die Zukunft der Landwirtschaft

Von den Straßen ins Parlament: Das Thema Landwirtschaft hat den Deutschen Bundestag erreicht. Dabei geht es um Subventionen, Bürokratie, Tierwohl – und parteipolitische Abrechnungen. Bis zum Sommer soll es ein Hilfspaket geben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Bei einer Debatte im Bundestag geht es vor allem darum, unterschiedliche Meinungen zu einem Thema zu hören – und da herrscht aktuell beim Thema Landwirtschaft sicherlich kein Mangel. Unter dem Titel "Landwirtschaft in Deutschland im Dialog zukunftsfähig gestalten" hat der Bundestag nun einen Antrag verabschiedet, wonach es ein Unterstützungspaket für die Landwirte geben soll.

Hinter dem Antrag verbergen sich verschiedene Maßnahmen: Abbau von Bürokratie, Geld für artgerechte Tierhaltung, Alternativen für Diesel-Motoren auf dem Acker. Die Subventionen beim Agrardiesel sollen weiterhin gekürzt werden, trotz aller Proteste.

Hilfspaket für Landwirte bis zum Sommer

Der Entschließungsantrag der Ampel-Fraktionen SPD, FDP und Grüne sieht konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirte vor. Damit werde die politische Zusage formuliert, "im ersten Quartal 2024 konkrete Vorhaben aufzulisten" und bis zum Sommer zu beschließen, so Bundesagrarminister Cem Özdemir von den Grünen.

Die Ampel-Fraktionen hatten sich auf einen Fahrplan für Reformschritte geeinigt, der Entwurf spricht davon, Landwirtschaft ökologisch und ökonomisch zu modernisieren. Dabei soll es etwa auch um Maßnahmen gegen die stark gestiegenen Bodenpreise und um mögliche Festpreise für Milch gehen. Außerdem im Fokus: finanzielle Hilfen für artgerechte Tierhaltung und die Entwicklung alternativer Antriebe für landwirtschaftliches Gerät.

Agrarminister Özdemir: "Aufwand muss jemand bezahlen"

Der Bundesagrarminister warb erneut für eine parteiübergreifende Lösung, damit "die deutsche Landwirtschaft zukunftsfest aufgestellt ist". Die Bauern könnten Klima-, Natur- und Tierschutz vorantreiben und zugleich hochwertige Lebensmittel herstellen. "Aber den Aufwand, den muss ihnen dann halt auch jemand bezahlen."

Das betrifft zum Beispiel den Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl. Özdemir fordert dazu den sogenannten "Tierwohlcent", das ist eine Abgabe pro Kilo Fleisch. Von den Koalitionspartnern forderte Özdemir, keine Sorge vor einem Shitstorm zu haben, "wenn die Currywurst ein paar Cent teurer wird". Tierhalter bekämen durch eine solche Abgabe mehr Planungssicherheit.

Kompromiss für "unerwartete Kürzungen"

"Landwirtschaft heißt vor allem auch Wirtschaft. Deshalb müssen wir ganz konkret die Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette endlich verbessern", sagte der Landwirtschaftsminister. Dafür soll die Monopolkommission beauftragt werden, die Wertschöpfungskette vom Landwirt bis zum Handel genau unter die Lupe zu nehmen, wie ein Ministeriumssprecher mitteilte.

Özdemir räumte ein, dass die für den Haushalt 2024 geplanten Kürzungen für die Landwirtschaft "plötzlich und unerwartet" gekommen seien. Es sei deshalb richtig, dass die Ampel-Regierung dann einen "fairen" Kompromiss gefunden habe, fügte er mit Blick auf die nun schrittweise geplante Kürzung der Subventionen beim Agrardiesel hinzu.

In Richtung der Opposition verwies Özdemir darauf, dass die Probleme in der Landwirtschaft nicht erst mit dem Antritt der Ampel-Regierung begonnen hätten, sondern das Höfe-Sterben zu Zeiten der vorangehenden CDU-geführten Regierungen besonders groß gewesen sei.

"Kampagne gegen die Landwirtschaft": Vorwürfe aus der Union

Aus der kritisierten Unionsfraktion kam hingegen ein Antrag, der eine Rücknahme der Kürzungen bei der Agrardieselsubvention fordert – und damit genau den Forderungen aus den Protesten entspricht. CDU-Chef Friedrich Merz nutzte die Debatte zudem für eine Art Generalabrechnung mit der Ampel-Koalition. Er warf der Regierung unter anderem vor, dass sie "so gut wie jeden Protest und fast jede Demonstration gegen die Politik der Regierung regelmäßig unter den Verdacht der Demokratiefeindlichkeit" stelle.

Hintergrund waren Warnungen, dass die Proteste von Rechtsextremen unterwandert werden könnten. Diese Warnungen von Regierung und Sicherheitsbehörden seien "Teil Ihrer politischen Kampagne gegen die Landwirtschaft" gewesen, sagte Merz. Ähnliche Kritik äußerten in der Agrardebatte auch AfD-Redner.

Bauernverband droht mit neuen Protesten

Während der Bundestag debattierte, drohte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, mit neuen Protesten in der kommenden Woche – falls die Pläne zur Steuererhöhung beim Agrardiesel bestehen bleiben. "Wenn jetzt beim Agrardiesel nichts kommt, kommen die nächsten Proteste und Aktionen ab der kommenden Woche", erklärte Rukwied am Donnerstag in Berlin. Alles, was bislang angekündigt worden sei, habe die Verärgerung der Bauern noch weiter gesteigert, statt beruhigt.

Landwirtschaft nicht nur Thema im Bundestag

Mit den Subventionskürzungen für die Landwirtschaft beschäftigt sich seit Donnerstagvormittag auch der Haushaltsausschuss im Bundestag. Die Koalition hatte die Pläne zwar schon abgeschwächt. Die Steuervergünstigungen für Bauern sollen demnach nicht auf einen Schlag enden, sondern schrittweise auslaufen – aber eben doch enden. Bei der sogenannten Bereinigungssitzung am Donnerstag geht es um letzte Änderungen an dem Haushaltsentwurf, der bis Anfang Februar abschließend im Parlament verabschiedet werden soll. Die Ergebnisse sollen am Freitag vorgestellt werden. Außerdem startet am Freitag die größte Agrarmesse Deutschlands, die Grüne Woche in Berlin.

Mit Material von AFP, dpa und Reuters.

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