Durch die neuen Klimaschutz-Vorgaben der EU sollen die Emissionen neuer LKW bis 2040 drastisch reduziert werden.
Bildrechte: BR

Durch die neuen Klimaschutz-Vorgaben der EU sollen die Emissionen neuer LKW bis 2040 drastisch reduziert werden.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Deutschland stimmt neuen CO₂-Vorgaben für Lkws doch zu

In der Ampel-Koalition gab es zuletzt heftigen Streit um die Zustimmung zu schärferen CO₂-Standards für Lastwagen und Busse in der EU. Nun wurde doch noch eine Einigung erzielt - und die Pläne EU-weit gebilligt.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Eine Mehrheit der EU-Staaten hat nach einer Einigung innerhalb der Bundesregierung in letzter Minute Pläne für strengere CO₂-Vorgaben für Lastwagen und Busse gebilligt. Das teilte die belgische EU-Ratspräsidentschaft am Freitag mit. Das Vorhaben stand überraschend auf der Kippe, weil sich die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP erst im letzten Augenblick auf eine Zustimmung zu den neuen Regeln geeinigt hatte.

Das Verkehrsressort von Volker Wissing (FDP) habe kurz vor der entscheidenden Sitzung in Brüssel seinen Widerstand aufgegeben, sagte ein Regierungsvertreter in Berlin.

E-Fuels sollen in Regelung einbezogen werden

Demnach wollte Deutschland der EU-Verordnung nun doch zustimmen, dabei sollte es aber Ergänzungen geben, hieß es aus Koalitionskreisen. In Abstimmung mit anderen EU-Staaten wollte Deutschland eine Protokollnotiz oder Fußnote zum Einsatz sogenannter E-Fuels einfügen, die aber den Kern des Vorhabens nicht verändern werde. Nun soll eine verbindliche Regulierung eingefügt werden, um Lastwagen, die nachweislich nur mit E-Fuels betankt werden können, unbefristet zuzulassen.

Aus Regierungskreisen hatte es geheißen, die Bundesregierung habe der EU-Kommission einen entsprechenden Vermittlungsvorschlag gemacht, den diese auch angenommen habe. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am Freitagmorgen im "Morgenmagazin" von ARD und ZDF erneut betont, bei den bisherigen Plänen zu den sogenannten Flottengrenzwerten für schwere Nutzfahrzeuge fehle ein wesentlicher Teil, nämlich synthetische Kraftstoffe, also E-Fuels. 

CO₂-Reduzierung für Reisebusse und Lkw

Unterhändlerinnen und Unterhändler der EU-Staaten hatten sich bereits im Januar mit deutscher Zustimmung darauf geeinigt, dass neue und schärfere Vorgaben für sogenannte "Flottengrenzwerte" kommen sollen. Mit diesen Grenzwerten ist geregelt, wie viel klimaschädliches CO₂ die Fahrzeuge künftig ausstoßen dürfen.

Die CO₂-Emissionen von Reisebussen und Lkw sollen der Einigung vom Freitag zufolge bis 2040 um 90 Prozent sinken - verglichen mit 2019. Genauer müssen 90 Prozent der Flotten emissionsfrei und damit vorwiegend elektrisch oder mit grünem Wasserstoff fahren. Die übrigen zehn Prozent könnten noch mit Diesel betrieben werden. Der nun unter den EU-Staaten abgestimmten Einigung muss auch das Plenum des Europaparlaments noch zustimmen.

Druck zu Einigung wuchs zuletzt

Ein eilig anberaumtes digitales Treffen im Kanzleramt am Donnerstag mit Vertretern mehrerer Ministerien sowie Unternehmen hatte zunächst keine Einigung in der Ampel-Koalition gebracht. Aus Teilnehmerkreisen hieß es danach aber, die meisten Vertreter von Herstellern und Zulieferern habe die Bundesregierung entschieden aufgefordert, den neuen Flottengrenzwerten zuzustimmen. Die Lkw-Käufer bräuchten Planungssicherheit, sonst zögerten sie beim Kauf von E-Lastwagen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) drängte während seines Aufenthalts in Algerien ebenfalls auf eine Zustimmung Deutschlands. "Das erwarten die deutsche Wirtschaft und die Industrie, und ich werbe auch dafür, dass das so kommt", sagte er dem "Handelsblatt". Die Wirtschaft habe massiv in klimaschonende oder klimaneutrale Lkw investiert, vor allem in elektrisch betriebene Modelle.

Ein deutsches "Nein" wäre brisant gewesen

Ohne eine Einigung in der Regierung hätte sich Deutschland bei der Abstimmung in Brüssel enthalten müssen, was wie eine Nein-Stimme zählt. Italien wollte zudem die kritische deutsche Position unterstützen und kämpfte ebenfalls für die Einbeziehung von Biokraftstoffen. Zusammen mit einigen osteuropäischen Staaten hätte sich dann eine Sperrminorität ergeben.

Kritisch für das Vorhaben war zudem, dass die EU angesichts der bevorstehenden Europawahl im Juni nur noch wenig Zeit für einen neuen Kompromiss gehabt hätte. Die Flottengrenzwerte für Lkw sind ein zentraler und einer der letzten Bausteine des EU-Klimaschutzpakets "Fit-for-55".

Dritte FDP-Blockade bei EU in einem Jahr

Das Vorgehen Wissings erinnerte an jenes vor einem Jahr, als er bereits die Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus ab 2035 blockiert hatte. Auch damals setzte sich Wissing für E-Fuels ein. Das Verbrenner-Aus wurde dann aber letztlich dennoch beschlossen. Eine eigene E-Fuels-Kategorie bei den Pkw, wie von Wissing angepeilt, ist dagegen weiter offen.

Bei den Vorgaben für Lkw hatte Wissing jedoch kaum Rückhalt aus der Wirtschaft. Im Gegenteil: Der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) hatte sich bereits für ein "Ja" zum Kompromiss ausgesprochen und auf die Planungssicherheit verwiesen.

Mit Informationen von Reuters und dpa

ARD-Korrespondent Christian Feld analysiert den EU-Beschluss
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

ARD-Korrespondent Christian Feld analysiert den EU-Beschluss

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!