Zwei Hunde sind in einem Zwinger.
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Viele Tierheime sind überlastet.

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Überlastete Tierheime: Hundesteuer nutzen? Führerschein machen?

Tierheime haben zu kämpfen: Sie sind voll und müssen sich immer wieder um Tiere mit Verhaltensauffälligkeiten kümmern. Woher kommt das Problem? Wie helfen? "Dein Argument" hat zu drei User-Anregungen nachrecherchiert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Viele Tierheime in Deutschland haben Schwierigkeiten, Hunde, Katzen und Kleintiere zu vermitteln. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbunds, Thomas Schröder, erklärte kürzlich, dass die Lage "dramatisch wie nie zuvor" sei. Unter dem BR24-Beitrag "Auch bayerische Tierheime am Limit – So kann man helfen", sammelten sich kritische Fragen sowie Lösungsansätze aus der Community. "Dein Argument" liefert Antworten und Reaktionen auf eine Auswahl davon.

Warum wird die Hundesteuer nicht in den Tierschutz reinvestiert?

💬 Eine Idee, die User "Stimme" anbrachte.

2022 wurden bundesweit 414 Millionen Euro durch die Hundesteuer vom Staat eingenommen. Andere Tiere, wie zum Beispiel Katzen, werden nicht besteuert. Tierschutzbund-Präsident Schröder sprach gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" von einem alleinigen Investitionsstau bei Tierheimen über 160 Millionen Euro. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Hundesteuer allerdings eine Gemeindesteuer und damit eine Abgabe, die nicht zweckgebunden reinvestiert wird, sondern zur Finanzierung aller Aufgaben einer Kommune verwendet wird.

Der Tierschutzbund fordert, dass die Kommunen einmalig mindestens die Hälfte der bundesweiten Hundesteuereinnahmen für einen Tierheim-Fördertopf bereitstellen. Dieser könnte dann dafür sorgen, dass die Einnahmen zweckgebunden werden und als Reinvestitionen in den Tierschutz in Deutschland fließen. Damit würde das Geld dann den Kommunen allerdings in ihrem allgemeinen Haushaltstopf fehlen.

Tierheime, die in Trägerschaft eines Vereines stehen, erfüllen laut Tierschutzbund zwar fast alle Leistungen im öffentlichen Auftrag, die Kostenerstattung der Kommunen sei aber defizitär und man müsse sich größtenteils über Spenden finanzieren. Viele der Tierheime verfügen zwar über Verträge mit den Kommunen, in denen für jedes Tier ein Satz festgeschrieben ist, dieser ist allerdings nicht kostendeckend.

Hilft ein verpflichtender "Tierführerschein"?

💬 User "Bewohner" machte diesen Vorschlag.

Ein Sachkundenachweis für Tierhalter, umgangssprachlich auch „Führerschein“ genannt, ist nicht bundeseinheitlich geregelt, sondern Ländersache. In manchen Bundesländern ist dieser für Hundebesitzer verpflichtend. In Bayern allerdings nicht. Tierschutzbund-Präsident Schröder sprach sich für einen verpflichtenden Sachkundenachweis aus. "Wichtig ist, dass wir klarstellen, dass nicht jeder irgendwo ein Tier kaufen darf und das dann ohne jede Beratung, ohne jede Sachkunde."

Diese Forderung wurde an die Politik herangetragen, stellt der Tierschutzbund auf Nachfrage von BR24 klar. Da es kaum konkrete gesetzliche Vorgaben zur Haltung von Haustieren gibt, fordere man eine Heimtierschutzverordnung. Eine dort verankerte Sachkundenachweis-Pflicht könne Spontankäufe verhindern, würde für eine bessere Haltung von vielen Haustieren sorgen und könne so Tierheime langfristig entlasten.

Vereinzelt gibt es aber auch die Sorge, dass sich der verpflichtende "Führerschein" negativ auf Tieradoptionen auswirken könnte. Denn der Erwerb ist mit Kosten und Zeitaufwand verbunden. Dies könnte potenzielle Tierbesitzer abschrecken, ein Tier aufzunehmen. Zudem liegt die Entscheidungshoheit bei den Ländern, eine bundesweite, einheitliche Lösung bedarf also eines Abstimmungsprozesses.

Steigende Tierarztkosten als Faktor für die Krise?

💬 Über diesen Aspekt diskutierten mehrere User.

Tatsächlich ist es so, dass mit der neuen Gebührenordnung für Tierärzte von November 2022 die Kosten für einen Tierarztbesuch deutlich gestiegen sind. So kostet die einfachste Untersuchung nun 23,62 Euro für alle Tiere - vorher waren es 8,98 Euro für Katzen und 13,47 Euro für Hunde. Auch die Impfkosten haben sich nahezu verdoppelt. Zudem gibt die neue Ordnung einen Gebührenrahmen vor, in dem die Gebührenhöhe je nach Fall variieren kann, keine Festpreise. Laut Bundestierärztekammer rechtfertigen sowohl medizinische Gründe, Zeitaufwand oder besondere Umstände einen höheren, bis zu dreifachen Satz.

Der Tierschutzbund stellt allerdings fest, dass es keine konkreten Zahlen gibt, die belegen können, dass die steigenden Kosten vermehrt zu Tierabgaben führen. Man könne zwar von einer Zunahme telefonischer Anfragen von Tierhaltern berichten, die um finanzielle Hilfe bitten, doch oft würden die Gründe gar nicht angegeben, teilte eine Sprecherin mit. Zudem verweist der Bund auf Vereine, die Hilfestellungen für die medizinische Versorgung von Tieren bei finanziellen Engpässen bereitstellen und empfiehlt eine Tierschutzversicherung. Diese sei zwar ebenfalls teurer geworden, aber dennoch sinnvoll.

Die Tierärztekammer hatte die neue Gebührenordnung 2022 verteidigt. Es sei die erste umfassende Überarbeitung seit 23 Jahren und erfasse nun neuere medizinische Verfahren wie beispielsweise Computertomografien, heißt es in einer Stellungnahme von November 2022. Die Gebührenänderung sei "überfällig" und "äußerst maßvoll". "Überdies sind die Praxiskosten, die bis zu 75 Prozent des Umsatzes betragen, in weit höherem Maße gestiegen als die Inflationsrate, auch die Entwicklungen im Jahre 2022, die in allen Bereichen des täglichen Lebens zu signifikanten Preissteigerungen geführt haben, sind in diesen Preisen noch nicht einmal berücksichtigt."

Im Video: Tote Katzen im Müll? Vorwürfe gegen Tierheim Ansbach

Laut Tierheim-Mitarbeitenden zeigen diese Bilder die im Hausmüll entsorgten Katzen.
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Laut Tierheim-Mitarbeitenden zeigen diese Bilder im Hausmüll entsorgte Katzen.

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