Eine Person betet in einer Kirche.
Bildrechte: picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

Die UNUM-Konferenz - eine Gebetskonferenz für Christen aller Konfessionen - findet Donnerstag bis Sonntag in München statt.

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UNUM-Gebetstreffen in München: Harmlos oder menschenfeindlich?

In der Olympiahalle treffen sich bis Sonntag Tausende Christen zu einer Gebetskonferenz XXL. Vertreter der queeren Community und Münchens Bürgermeisterin Verena Dietl befürchten, dass das Treffen nicht so harmlos ist, wie die Veranstalter behaupten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Nicht nur der Christopher Street Day findet am Wochenende in München statt. In der Olympiahalle treffen sich bis Sonntag auch tausende Christen zur gemeinsamen Gebetskonferenz: der UNUM24-Konferenz. "UNUM" kommt aus dem Lateinischen und heißt "eins". Das Ziel der Konferenz ist das gemeinsame Beten und die Einheit verschiedener christlicher Konfessionen zu fördern.

Bereits seit Tagen gibt es Diskussionen: Ist es wirklich nur ein harmloser Gebetstreff frommer Christen verschiedener Konfessionen? Oder wird hier menschenfeindliches Gedankengut ausgetauscht und für einen christlichen Gottesstaat gebetet?

"NoUNUM24": Manche Akteure vertreten homosexuellenfeindliche Narrative

Vertreter der queeren Community schauen skeptisch auf die UNUM24: "Es gibt Akteure rund um diese Konferenz, die in den vergangenen Jahren massiv damit aufgefallen sind, dass sie beispielsweise rassistische Narrative verfolgen. Es gibt immer wieder homosexuellenfeindliche, transfeindliche Narrative, die durch diese Glaubensgemeinschaften versucht werden, in die Köpfe zu bekommen", sagt Markus Apel, Sprecher des Protestbündnisses "NoUNUM24", eine Gruppe aus Vertretern linker Parteien, die sich spontan gegen die Veranstaltung gegründet hat und für Freitag eine Demo unweit des Veranstaltungsortes in der Olympiahalle angekündigt hat. Mit dabei ist auch der Lesben- und Schwulenverband und der Veranstalter des Christopher Street Days in München. Kritisiert wird, dass manche Teilnehmer ein erzkonservatives bis radikal-fundamentalistisches Weltbild vertreten.

Münchens dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) bezeichnete den Kongress im Vorfeld als Treffen "verschiedener fundamental-christlicher LGBTIQ*-feindlicher Akteure" und bedauerte, dass es keine rechtlichen Möglichkeiten gegeben habe, den Kongress in München zu unterbinden.

Die evangelische Jugend München (EJM) distanzierte sich am Mittwoch von der UNUM-Konferenz: "Besonders mit Blick auf Teile der Speaker ist für uns klar, dass hier in Teilen ein Welt- und Gottesbild vertreten wird, welches mit unserem im absoluten Widerspruch steht", teilte die EJM mit. "Uns findet man auf der Parade, nicht auf UNUM."

Gründer der umstrittenen Pfingstgemeinde als Redner

Vor allem die Teilnahme eines prominenten Redners, Bill Johnson, steht in der Kritik. Der Gründer der "Bethel Church", einer charismatischen Pfingstgemeinde in Kalifornien, befürwortet etwa sogenannte Konversionstherapien. Bei Konversionstherapien wird versucht, Menschen von ihrer Homosexualität zu "heilen" wie von einer Krankheit. Das ist in Deutschland seit 2020 verboten.

UNUM-Veranstalter widerspricht

Einer der UNUM-Veranstalter, Fadi Krikor, weist die Vorwürfe zurück, dass bei der Konferenz menschenfeindliche Ideen verbreitet würden: "Ich verstehe, dass der Name Bill Johnson und seine Aussagen polarisieren. Aber die haben keinen Platz bei unserer Veranstaltung. Und das haben wir mit allen kommuniziert. Wir sind hier nicht, um politische, theologische oder soziale Fragen zu klären. Darum geht es nicht. Wir kommen aus unterschiedlichen Kulturkreisen mit unterschiedlichen Verständnissen, unser Ziel ist das gemeinsame Beten." Fadi Krikor betreibt in einem früheren Dominikanerkloster im bayerischen Griesstätt laut eigenen Angaben eine internationale Begegnungsstätte, die die Einheit der Christen anstrebt.

Veranstalter: 5.000 Teilnehmer aus rund 80 Organisationen

Rund 5.000 Teilnehmer erwartet der Veranstalter in den kommenden vier Tagen in der Olympiahalle. Etwa 80 Organisationen unterschiedlichster Prägungen beteiligen sich an der Konferenz. Die Redner- und Teilnehmerliste reicht dabei von erzkonservativen Vertretern der international rasant wachsenden Pfingstgemeinden bis hin zum katholischen Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, und dem evangelischen Bischof der sächsischen Landeskirche, Tobias Bilz – beide ausdrückliche Befürworter sexueller Vielfalt.

Auf epd-Anfrage hatte Bilz erklärt, dass er als Ratsmitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland auch zuständig sei für den Kontakt mit der "Vereinigung Evangelischer Freikirchen". Zugleich betonte der Theologe, dass er auch in Queer-Gottesdiensten predige und "mit Glaubensgeschwistern im schwul-lesbischen Stammtisch die Bibel" lese. Das sei für ihn genauso wichtig wie der Besuch bei dem Glaubenskongress in München. Gemeinsam mit dem katholischen Bischof wird Bilz zum Abschluss der Konferenz am Sonntag einen ökumenischen Gottesdienst abhalten.

Bürgermeisterin Verena Dietl schlägt Vermittlungsgespräch aus

Dass die Gebetskonferenz zur gleichen Zeit stattfindet wie die Parade zum Christopher Street Day, auf der Tausende Menschen in München auf die Rechte queerer Menschen aufmerksam machen wollen, ist laut Veranstalter nicht beabsichtigt gewesen. Zuletzt hatte die Initiative "Out in Church", ein Bündnis queerer Menschen in der katholischen Kirche in Deutschland, Bischof Timmerevers dazu aufgefordert, die Teilnahme an der Konferenz abzusagen.

Doch sowohl der evangelische als auch der katholische Bischof haben eine Erklärung des Veranstalters mitunterzeichnet und sich hinter das Treffen gestellt. In dem Schreiben laden die Organisatoren Münchens Bürgermeisterin Verena Dietl und die Veranstalter des Christopher Street Days zum gemeinsamen Gespräch ein - das von Dietl ausgeschlagen wurde.

"Die von einigen der angekündigten Rednerinnen und Rednern der Veranstaltung bekanntgewordenen Ideologien und Thesen widersprechen diametral dem, was München auszeichnet, einer weltoffenen, pluralistischen und demokratischen Gesellschaft", schrieb die SPD-Politikerin Dietl den Veranstaltern nach Informationen der dpa. "Angesichts einiger Prediger und Speaker vom angeblichen Ziel zu reden, Trennendes zu überwinden und auch sehr unterschiedliche Menschen miteinander zu verbinden und zu versöhnen, halte ich für geradezu grotesk."

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