Filmszene aus Green Border, Regie Agnieszka Holland
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"Green Border" - Filmszene: Flüchtlinge werden an der polnisch-russischen Grenze zum Spielball der Politik.

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Europa auf dem Prüfstand – großes Polit-Kino mit "Green Border"

Ist Europa noch der Hort der Demokratie, in dieser Krisenära? Beim Filmfest Venedig ließ das Drama "Green Border" Zweifel aufkommen. Der Film über die Lage von Flüchtlingen im polnischen Grenzgebiet hat vor allem die polnische Regierung erzürnt.

Über dieses Thema berichtet: kinokino am .

Gleich zwei politische Filme wurden von der Jury ausgezeichnet, die sich mit Flucht und Migration beschäftigen, mit der Sehnsucht nach Europa und der harschen Realität. Einer von ihnen ist "Green Border", gedreht von der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland, bekannt für Werke wie "Hitlerjunge Salomon". Ihr Film erschütterte die Festivalzuschauer. Genauso, wie Regisseurin Agnieszka Holland von den Entwicklungen der Flüchtlingskrise erschüttert war, wie sie im Gespräch mit kinokino erwähnte:

"Als die Krise an der polnisch-belarussischen Grenze begann, und das Ausmaß der Lügen und Grausamkeit klar wurde, realisierte ich, wie dringend ich diesen Film machen musste. Ich hatte all diese historischen Stoffe über politische Verbrechen gedreht, dann kann ich jetzt nicht schweigen." Agnieszka Holland, Regisseurin
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Regisseurin Agnieszka Holland mit ihren Jung-Darstellerinnen beim Filmfest Venedig 2023

Eindringlich das Leid der Flüchtlinge eingefangen

Der Film spielt im Herbst 2021. Zahlreiche Menschen aus Afghanistan, Syrien, Irak, und anderen Nationen werden nach Weißrussland gelockt, unter dem Versprechen möglichst einfach über die Grenze nach Polen in die EU zu gelangen. Eine Lüge, die Flüchtenden werden zum Spielball der Politik. In drastischen, ungeschönten Bildern zeigt der Film etwa, wie eine Gruppe Flüchtlinge von einem Schleuser bis kurz vor die Grenze im Wald gefahren wird. Eine Gruppe Soldaten erwartet den Wagen. Dann plötzlich verlangt der Fahrer noch mal 300 Dollar, obwohl er bereits komplett vorab bezahlt wurde, es kracht in der Ferne, die Soldaten reißen die Flüchtlinge, Männer, Frauen und drei Kinder regelrecht aus dem Auto und treiben sie vor sich her zum Grenzzaun. Eine eindringliche Szene, die auch die Regierung in Polen nicht kaltließ. Gegen Agnieszka Holland und ihren Film gab es in Polen wütende Proteste. Agnieszka Holland dazu:

"Ich bin in meinem langen Leben schon öfters als Staatsfeindin bezeichnet worden, das bin ich gewohnt. Aber der Hass und die Anfeindungen, die mir jetzt von der polnischen Regierung und ihren Anhängern entgegenschlagen, so etwas habe ich noch nicht erlebt." Agnieszka Holland, Regisseurin
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Das harte Vorgehen macht längst nicht mehr vor Kindern halt: Szene aus "Green Border" von Agniezka Holland.

Flüchtlinge als politische Waffe missbraucht

"Green Border" schildert wie die Flüchtenden als politische Waffe missbraucht und immer wieder zwischen Polen und Belarus hin- und hergetrieben werden. Der Film beleuchtet das Drama auch aus Sicht der Grenzbeamten und einiger Aktivistengruppen, die am Rande der Legalität versuchen, den oft verängstigten, ausgehungerten und misshandelten Menschen zu helfen. Darstellerin Maja Ostaszewska war selbst als Aktivistin an der Grenze im Einsatz. Auch sie kam nach Venedig, um "Green Border" beim Festival zu promoten. Sie nahm ebenfalls kein Blatt vor den Mund:

"Pushbacks, Leute ohne Gerichtsverfahren einfach wieder zurück über die Grenze zu schieben, das ist in jedem Land illegal. Hier geht es nicht nur um Polen, sondern auch um Italien, um das Drama im Mittelmeer. Es geht um die Werte der EU, es geht um uns." Maja Ostaszewska, Schauspielerin

"Green Border" wurde beim Filmfest Venedig mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Wann der Film in Deutschland startet, steht noch nicht fest.

Mehr Kino? Hier geht’s zu kinokino in der ARD-Mediathek.

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