Tamburine liegen in einer Grundschule (Symbolbild).
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Musikunterricht an Bayerns Grundschulen – Wie gut ist er?

Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für den Lehrberuf im Fach Musik. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie. Deutschlandweit droht Lehrermangel. Dabei ist Musik wichtig für die Entwicklung. Wie ist die Situation in Bayern?

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Alle Kinder machen mit. Im Musikraum der Leopold-Mozart-Grundschule Leitershofen im Landkreis Augsburg ist mächtig was los: Eine bunte Gruppe von Kindern steht im Kreis, singt und wiegt sich im Rhythmus. Einige spielen Instrumente wie Gitarre, Keyboard oder Flöte. Mitten drin steht Musiklehrerin Judith Schüler und dirigiert. Sie liebt ihren Job: "Ich finde den Musikunterricht an der Grundschule so wichtig, weil es so viele verschiedene Bereiche bei den Kindern anspricht und fördert."

Musizieren ist gut für die Entwicklung

Musizieren fördert die kognitive Entwicklung, soziale Kompetenzen, emotionalen Ausdruck und motorische Fähigkeiten. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Außerdem macht das Singen und Musizieren den Kindern sichtlich Spaß. "Ich finde es besonders schön, dass der Funke dann direkt auf die Kinder überspringt. Das kann man sehen. Die wachsen da wirklich daran", beobachtet Musiklehrerin Judith Schüler.

Grundschule mit Musikprofil

Die Leopold-Mozart-Grundschule wurde erst kürzlich als eine von 144 "Musikbegeisterten Grundschulen" ausgezeichnet. Zudem ist es eine Grundschule mit Musik-Profil. Alle Kinder der Musikklasse bekommen die Gelegenheit, ein Instrument zu lernen – in Kooperation mit einer Musikschule, die in den Räumen der Grundschule Instrumentalunterricht anbietet. "Ich wollte schon immer Klavier spielen und dann hab ich mich halt fürs Klavier entschieden", erzählt die Viertklässlerin Aida. "Und es klingt immer so schön, wenn wir dann zusammen spielen", ergänzt Pia, die Gitarre lernt.

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Wenige hochqualifizierte Fachkräfte

Judith Schüler gehört zu den Grundschullehrerinnen, die Musik als Unterrichtsfach studiert haben. Damit ist sie allerdings eher die Ausnahme. Denn man braucht viele Vorkenntnisse, muss mindestens ein Instrument auf einem guten Niveau spielen können und eine Eignungsprüfung bestehen. Für die junge Lehrerin war das kein Problem. "Ich komme aus einem sehr musikalisch geprägten Umfeld", erzählt sie. "Es war immer klar, dass ich das als Unterrichtsfach studieren möchte. Ich finde Musik eine solche Bereicherung und wollte die Freude daran unbedingt weitergeben."

Basisqualifikation im Studium

Heute profitieren die Kinder der Leopold-Mozart-Grundschule von dem qualifizierten Musikunterricht, den Judith Schüler anbietet. Das ist allerdings längst nicht an allen Grundschulen in Bayern so. In Bayern reicht es nämlich völlig aus, die sogenannte Basisqualifikation für Musik im Studium zu absolvieren, um das Fach später unterrichten zu dürfen. Dafür muss man ein paar Lieder singen und didaktisch erarbeiten können. Das Spielen eines Instruments ist nicht erforderlich.

Für das Bayerische Kultusministerium sind damit die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, um das Fach Musik zu unterrichten. Es handle sich auch nicht um "fachfremden Einsatz", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Zugleich verspricht das Kultusministerium, die Fortbildungsmaßnahmen auszuweiten, um die Qualität des Musikunterrichts künftig zu verbessern.

Expertisierung von Lehrkräften nötig

Für alle Grundschullehrkräfte, die ihre musikalischen Fähigkeiten vertiefen möchten, gibt es berufsbegleitende Fort- und Weiterbildungen – zum Beispiel an der Universität Augsburg. Bernhard Hofmann ist dort Professor für Musikpädagogik.

Ein qualitativ hochwertiger Musikunterricht an den Grundschulen ist ihm ein Herzensanliegen – auch in Hinblick darauf, künftig neue Musiklehrkräfte zu gewinnen: "Wenn wir keinen qualitativ hochwertigen Unterricht an Schulen haben, dann setzt das einen Regelkreis in Gang. Wenn ich nicht als Schülerin oder als Schüler gelernt und erfahren habe, was Musik in Gruppen und an Schulen bedeuten kann und was mir das für mein Leben mitgeben kann, dann werde ich vielleicht auch nicht den Wunsch verspüren, das weiterzugeben. Ich glaube, dass mit der Expertisierung von Lehrkräften und der Verbesserung von Lehrkräfte-Ausbildung die beste Möglichkeit geschaffen ist, um Kindern qualitativ hochwertigen Unterricht zu bieten und das Problem auch des Nachwuchses zu beheben."

PISA-Offensive verschärft das Problem

Im Zuge der PISA-Offensive wurde eine neue Stundentafel erstellt, die den Grundschulen mehr Spielraum in der Einteilung der musischen Fächer lässt. Wie das Kultusministerium betont, beinhalte diese Flexibilisierung der Stundentafel keine Kürzung der musisch-kreativen Fächer. De facto bedeutet es aber, dass jede Schule den bisher zwei Stunden umfassenden Musikunterricht in den Klassen 3 und 4 auf eine Stunde kürzen darf.

Bernhard Hofmann, der auch Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Schulmusik ist, bereitet diese Bildungspolitik Sorge. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Kultusministerium erst neulich 144 Schulen in Bayern mit dem Zertifikat "Musikbegeisterte Grundschule" ausgezeichnet hat: "Wenn auf der einen Seite 144 Schulen ausgezeichnet werden und dann auf der anderen Seite zu erwarten steht, dass der Musikunterricht in Klasse 3 und 4 um etwa 50 Prozent gestrichen wird – und das sind die ersten Zahlen die mir vorliegen – dann stimmt die Balance nicht", so Hofmann. Zudem sei nicht klar, dass durch die PISA-Offensive in Zukunft bessere Ergebnisse bei der PISA-Studie erzielt würden: "Wenn das nicht funktioniert, dann haben wir nicht nur mit Zitronen gehandelt, sondern auch noch Kulturkahlschlag betrieben." Das würde er als Politiker nicht verantworten wollen.

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