Europa-Fahne mit aufgedruckten Halbleiter-Symbolen
Bildrechte: picture alliance / Klaus Ohlenschläger

Europa und Technik

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Brauchen wir für KI ein europäisches Silicon Valley?

KI scheint das Thema zu sein, das eine ganze Unternehmens-Generation prägt. Länder, die nicht mitmachen, könnten wirtschaftlich ins Abseits geraten. Braucht Europa also eine Art Silicon Valley, um den nächsten Technik-Zug nicht wieder zu verpassen?

Das Silicon Valley ist jene Region im US-Staat Kalifornien, in der sich Technologiefirmen seit Jahrzehnten am wohlsten fühlen. Gründe dafür gibt es verschiedene. Zu den wesentlichen Faktoren zählen die Elite-Universität Stanford, die früh auf Technologie gesetzt hat und die lange Tradition von privaten Investoren, den sogenannten Venture Capitalists. Geld scheint rund um San José keine Rolle zu spielen. Es fließt von überall hierher in Firmen, die vielversprechend erscheinen. Allein OpenAI mit ChatGPT hat dieses Jahr allein von Microsoft zehn Milliarden Dollar bekommen. Und so sind die wichtigsten Player im Bereich KI eben wieder hier im "Valley" zu finden, allen voran Open AI, und Google.

Auch Europa hat gute KI-Start-Ups

Dabei gäbe es auch in Europa und Deutschland Erfolgsgeschichten. Stable Defusion mit seinem Text-zu-Bild-Generator hat zum Beispiel seine Wurzeln in München. Deepl mit seiner Übersetzungs-KI stammt aus Köln. Oder Aleph Alpha aus Heidelberg mit seinen KI-Lösungen für Unternehmen und Behörden. Die Finanzierung dieser Firmen fällt allerdings relativ spartanisch aus. So hat etwa Aleph Alpha jüngst stolz eine Investitionssumme von einer halben Milliarde Dollar verkündet. So viel Geld bekommt hierzulande selten ein Start-Up – und trotzdem ist es womöglich zu wenig.

Bei KI droht Europa ein Aderlass

Die KI-Wirtschaft folgt dem Geld, sei es. Das liegt zum einen daran, dass jene Unternehmen die besseren Fachleute bekommen, die die höheren Gehälter zahlen können. Zum anderen ist KI-Entwicklung auf besonders leistungsfähige Rechner mit superschnellen Mikrochips angewiesen und diese Ausrüstung kostet sehr viel Geld. Und so droht Europa ein personeller und wirtschaftlicher Aderlass, wie die Columbia Law School in einer Studie herausgearbeitet hat. Demnach arbeiten 60 Prozent der Top AI-Forscherinnen und -Forscher der Welt schon jetzt in den USA. Wobei nur 20 Prozent von ihnen auch in den USA studiert haben. Europa hat fast genauso viele Spitzenleute ausgebildet, viele wandern demnach aber eben in die USA ab.

Bestes Beispiel: Eleven Labs, eine Firma, die sehr gut darin ist, aus Texten gesprochene Sprache zu generieren. Die beiden Gründer stammen aus Polen und im Kernteam sind auch mehrere deutsche Programmierer. Eleven Labs hat seinen Sitz allerdings in New York und nicht in Europa. Begründung: Es sei in den USA wesentlich einfacher, Gelder zu ergattern und durchzustarten.

Söder spricht vom bayerischen Silicon Valley

In Deutschland sieht sich Bayern gerne als High-Tech-Standort. Ministerpräsident Markus Söder betonte in der ersten Regierungserklärung nach seiner Wiederwahl, man wolle nicht nur das Silicon Valley Europas werden, sondern man sei bereits das Silicon Valley Europas. Der Freistaat hat den Schlüssel zur Zukunft, gibt sich Söder überzeugt. Nun sollen Behörden und Verwaltung mithilfe von KI schnell ins digitale Zeitalter befördert werden.

Das Silicon Valley hat womöglich einen Kopierschutz

Innovationsgeist und Tatendrang, so wie im Silicon Valley, das wünscht man sich auch in Bayern. Das lässt sich nur leider nicht von oben verordnen. ARD-Korrespondent Nils Dampz, der eine Dokumentation über KI in Kalifornien gedreht hat, sagt, das Silicon Valley habe ein Art Kopierschutz. Der Spirit in der sogenannten Bay Area sei eben ein ganz besonderer und über lange Zeit gewachsen. Es werde ein ganz anderer Austausch gepflegt. Der große Erfolg von KI-Firmen im Valley kommt demnach auch daher, dass sich die Experten im echten Leben regelmäßig treffen, über ihre Ideen reden und sich in ihrer Begeisterung gegenseitig anstecken. Kein Wunder, dass Unternehmen in der Erfolgsregion mit einem aktuellen Trend ein großes Problem haben: dem hin zu mehr Home Office. Die Tech-Unternehmen steuern längst wieder gegen - mit Büro-Pflicht-Zeiten.

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