Handshake statt Ellbogencheck? Harry Kane (links) und Mats Hummels beim letzten Duell zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern.
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Handshake statt Ellbogencheck? Harry Kane (links) und Mats Hummels beim letzten Duell zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern.

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FC Bayern gegen den BVB - verliert "der Klassiker" sein Feuer?

Am Wochenende trifft der FC Bayern auf Borussia Dortmund. Eine Partie, der Fußballdeutschland traditionell wochenlang entgegenfiebert. Doch in dieser Saison ist alles anders. Über ein Topspiel, das an Bedeutung verloren hat.

Über dieses Thema berichtet: Blickpunkt Sport am .

Der 25. Mai 2013 gilt für viele als der Tag, an dem der deutsche Fußball seinen bisherigen Zenit erreicht hat. Zum ersten Mal in der Geschichte standen sich zwei Bundesliga-Vereine in einem europäischen Pokalwettbewerb der höchsten Kategorie in einem Finale gegenüber.

Borussia Dortmund und der FC Bayern hatten sich die Jahre zuvor in Bundesliga und im DFB-Pokal epische Schlachten geliefert, die auf der ganzen Welt derartiges Interesse entflammten, dass ein neues Wort für dieses Duell geschaffen wurde: "Der Klassiker" - eine Anlehnung an den legendären Clásico zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona – fand seinen Weg in den Sprachgebrauch.

Jedes Spiel war mitentscheidend für den Ausgang der deutschen Meisterschaft. Doch damit nicht genug. Die Spieler auf dem Platz nahmen dieses Duell persönlich. Rivalität, Leidenschaft, sportliche Extraklasse – all das erwarteten die Fans über Jahre hinweg, wenn die besten Vereine Deutschlands aufeinandertrafen.

Trotz Meisterschaftsrennen 2023: Rivalität ist abgekühlt

Die Rivalität ist über die vergangenen Jahre abgeflaut. Zu übermächtig war der FC Bayern in der Bundesliga, sodass die Spiele meist nur wenig Einfluss auf die Tabelle hatten. Eine große Ausnahme gab es in der vergangenen Saison, als der FC Bayern bei Thomas Tuchels Pflichtspieldebüt den BVB mit 4:2 besiegte und Punkte sicherte, die schließlich im knappen Meisterschaftsrennen entscheidend sein sollten.

Dennoch: An die Bedeutung, die Rivalität alter Tage kam das Duell auch in diesem entscheidenden Moment nicht heran. Zu sehr überschatteten die Probleme des FC Bayern diese Partie: der Rauswurf von Nagelsmann, die Widersprüche von Hasan Salihamidzic, die fußballerische Krise und der erwartete Neuanfang.

FCB und BVB: Probleme vor der eigenen Haustür

Doch so mau wie in dieser Saison kam der "Klassiker" allerdings seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr daher. Denn nicht nur der FC Bayern ist vor allen Dingen mit sich selbst beschäftigt, sucht nach einem neuen Trainer, bastelt am Kaderumbruch und muss hilflos dabei zu sehen, wie Bayer Leverkusen von Sieg zu Sieg dem Meistertitel entgegeneilt. Auch der BVB befindet sich in einer Krise. Dortmund droht auf Platz fünf der Tabelle abzurutschen, der Stuhl von Trainer Edin Terzić wackelt konstanter als ein Schaukelstuhl und Führungsebene sowie Kader stehen ebenfalls vor einer Generalüberholung.

Kurzum: Die Probleme im eigenen Vorgarten sind zu groß, als dass man wutschnaubend in Richtung des Bundesliga-Nachbarn schauen würde. Aus hitzigen Wortgefechten am Gartenzaun sind allenfalls verächtliche Blicke von der anderen Straßenseite geworden. Die Feindschaft ist verflogen, man mag sich aber noch immer nicht, weil man sich halt noch nie gemocht hat.

Der Klassiker: Große Dominanz des FC Bayern

Doch das sind nicht die einzigen Gründe, warum sich das Duell der beiden Teams nicht mehr nach der großen Rivalität der vergangenen Tage anfühlt. Zum einen ist der Unterschied zwischen den beiden Vereinen zu groß geworden. Von den 21 "Klassikern" in der Bundesliga seit dem Champions-League-Finale 2013 konnte der FC Bayern 16 gewinnen – davon fünfmal mit mehr als vier Toren Vorsprung. Der BVB kommt auf lediglich drei Siege.

Die Helden von Wembley verschwinden allmählich

Somit sind die Erwartungen im Vorfeld, dass das Aufeinandertreffen am Samstag auch ein fußballerischer Hochgenuss wird, nicht mehr so hoch, wie zu den Zeiten, als sich zwei absolute Spitzenmannschaften fast auf Augenhöhe begegneten. Und mit Fortschreiten der Jahre, sind auf beiden Seiten immer mehr Spieler von den Spielberichtsbögen verschwunden, die die Hochzeiten der Rivalität selbst miterlebt haben.

Aus den beiden Final-Teams stehen auf BVB-Seite nur noch Mats Hummels (35) und Marco Reus (34), die beide nicht mehr unumstrittene Stammspieler sind. Gleiches gilt für Thomas Müller (34), der seinen "spielt immer"-Status an Jamal Musiala abgegeben hat, der beim Duell von Wembley gerade einmal zehn Jahre alt war. Und Manuel Neuer (38) ist zwar die Nummer eins im FC-Bayern-Tor, doch wird das Spiel verletzungsbedingt wohl verpassen.

Dortmund und FC Bayern – erlischt die Glut endgültig?

Und so lodert das Feuer nicht mehr ganz so heiß, wie in den vergangenen Jahren. Ganz erloschen ist es allerdings noch nicht. Es bräuchte eine frische Brise, vermutlich aus Dortmund, um ihm neues Leben einzuhauchen. Sonst läuft man Gefahr, dass der Funken irgendwann aufhört zu glühen und man vom "Klassiker" spricht wie von anderen alten Rivalitäten des FC Bayern: mit Werder Bremen, dem Hamburger SV oder Borussia Mönchengladbach.

Um das zu verhindern, muss ein neues Kapitel aufgeschlagen werden, der BVB wiedererstarken. Schließlich werden auch die letzten Spieler, die dieses historische Duell am 25. Mai 2013 selbst miterlebt haben, ihre Schuhe irgendwann an den Nagel hängen.

Dieser Artikel ist erstmals am 28.03.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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