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Bayerischer Wohnungsmarkt: Mieten steigen – Kaufpreise fallen

Mieten ist teuer, vor allem im Süden Bayerns – aber trotz sinkender Immobilienpreise können sich immer weniger Menschen eine Immobilie leisten. Die Bauzinsen haben zu stark angezogen. Der Traum vom Eigenheim zerplatzt häufig an der Finanzierung.

Auf Wohnungssuche in München: Die Künstlerin Sarah Ines möchte mit einer Freundin zusammenziehen. Die beiden Frauen wünschen sich zwei oder drei Zimmer mit Balkon. Höchstens 1.200 Euro im Monat können sie dafür bezahlen.

Mietsteigerungen bis zu 21 Prozent

Einfach ist das nicht. Laut Immobilienverband Deutschland Süd wird Mieten in Bayern immer teurer, vor allem in Metropolen und in mittelgroßen Städten. Spitzenreiter ist München mit einer Preissteigerung von 21 Prozent binnen zwei Jahren.

Unternehmer David Seitz möchte eine Wohnung in München kaufen. Im Gegensatz zu den Mieten gehen die Kaufpreise für Immobilien seit Monaten nach unten. Es gibt weniger Nachfrage – vor allem wegen der gestiegenen Bauzinsen.

Teure Finanzierung beim Wohnungskauf

Die teure Finanzierung ist auch für David Seitz ein Negativfaktor. Bevor er sich das Leben mit einer verkalkulierten Finanzierung schwer mache, würde er lieber mit dem Kauf noch warten und weiter zur Miete wohnen bleiben, sagt er.

Makler Fritz Stelzer vermittelt seinen Immobilienkunden auch Finanzierungen. Das Geschäft ist in diesem Jahr eingebrochen, weil sich immer weniger Kaufinteressenten die teuren Baudarlehen leisten können. Das hat auch Auswirkungen auf den Mietmarkt, wie der Branchenkenner erklärt: "Es sind mehr Leute auf dem Mietmarkt plötzlich. Noch mehr. Der Mietmarkt ist eh schon heiß umkämpft und da kommen jetzt noch die dazu, die nicht kaufen können." Dies sei für Menschen, die nicht so viel Miete zahlen könnten, "ein Desaster".

Hohe Nachfrage treibt Mieten nach oben

Schlechte Voraussetzungen für die Wohnungssuche von Sarah Ines. Die hohe Nachfrage treibt die Mieten weiter nach oben. Die Künstlerin wohnt derzeit in einem gut zwanzig Quadratmeter großen WG-Zimmer. Eine Übergangslösung, weil sie vergangenes Jahr eine Kündigung wegen Eigenbedarf erhalten hat. Das möchte sie nicht noch einmal erleben: "Kein Zuhause zu haben, ist schon eine harte Nummer. Das ist etwas Bedrohliches."

Zeitdruck bei der Wohnungssuche hat sie dieses Mal zumindest nicht. Sie kann in der Wohngemeinschaft bleiben, bis sie etwas Passendes gefunden hat.

Was ist besser: Kaufen oder Mieten?

Die Antwort lautet: Das lässt sich nicht pauschal sagen, weil diese Frage von vielen individuellen Faktoren abhängt und häufig auch eine emotionale Entscheidung ist. Grundsätzlich gilt: Mieter sind von einem Vermieter abhängig und laufen Gefahr, ihre Wohnung eventuell wegen einer Eigenbedarfskündigung zu verlieren – dafür sind sie aber flexibel und können ihren Wohnort unkompliziert wechseln. Immobilieneigentümer brauchen keine Kündigung zu befürchten. Sie sind aber oft finanziell über Jahrzehnte an einen Baukredit gebunden. Können sie den nicht mehr bedienen, droht eine Zwangsversteigerung.

Wer aber ganz nüchtern nur die Zahlen betrachtet, kann sich auch als Selbstnutzer einer Immobilie am Kaufpreis-Miete-Verhältnis für Kapitalanleger orientieren – denn wer eine Immobilie als Geldanlage kauft, vergleicht die Rendite mit der Rendite anderer Anlageformen. Bis zum Faktor 20 (Bruttomietrendite fünf Prozent) gilt ein Kaufpreis als relativ günstig, ab dem Faktor 25 (Bruttomietrendite vier Prozent) als relativ teuer.

Ein Beispiel: Eine Wohnung mit 100 Quadratmetern Wohnfläche kostet 480.000 Euro inklusive Kaufnebenkosten. Die Kaltmiete pro Quadratmeter liegt bei 20 Euro – also 24.000 Euro pro Jahr. Das Kaufpreis-Miete-Verhältnis liegt bei Faktor 20 und ist somit günstig. Kostet dieselbe Wohnung hingegen 600.000 Euro inklusive Kaufnebenkosten, erhöht sich das Kaufpreis-Miete-Verhältnis auf den Faktor 25. Die Wohnung ist also relativ teuer.

Darüber hinaus spielt beim Immobilienkauf auch das Eigenkapital eine große Rolle. Viele Immobilienexperten raten nach Deckung der Kaufnebenkosten zu einer Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent des Kaufpreises. Eine Vollfinanzierung – also der Kauf ohne Eigenkapital - hat in der Regel einen höheren Zinssatz beim Baukredit zur Folge und gilt schon deshalb nicht als empfehlenswert.

Wann ist eine Immobilie zu teuer?

Neben dem Kaufpreis-Miete-Verhältnis ist natürlich auch der Kaufpreis pro Quadratmeter ein Indikator für eine objektive Preiseinordnung. Diverse Online-Portale bieten einen Überblick über die Quadratmeter-Preise, die aktuell durchschnittlich in einer Region oder einem Stadtteil bezahlt werden.

Wichtig ist, Immobilien immer nach Kriterien wie Lage, Baujahr oder Ausstattung zu vergleichen. Nur so lässt sich feststellen, ob der Preis pro Quadratmeter im Vergleich zu ähnlichen Objekten zu hoch ist.

Noch ein Tipp: Die in Immobilienanzeigen genannte Preisvorstellung entspricht nicht immer dem tatsächlich erzielten Kaufpreis. Vor allem, wenn eine Immobilie über einen längeren Zeitraum angeboten wird, kann sich Handeln durchaus lohnen.

Lohnt sich 2023 ein Immobilienkauf?

Ist die Nachfrage nach Immobilien geringer als das Angebot, fallen die Immobilienpreise in kurzer Zeit rasant - beispielsweise, wenn die Zinsen für Baukredite steigen und sich viele Kaufinteressenten die Raten nicht mehr leisten können. 2023 ist so ein Jahr, obwohl der Zinssatz für Immobilienkredite im langfristigen Vergleich noch immer moderat ist.

Bedeutet das automatisch, dass 2023 ein gutes Jahr für den Immobilienkauf ist? Nein, denn in vielen Regionen sind die Immobilien trotzdem noch teuer. Zudem lässt sich derzeit nicht seriös prognostizieren, wie sich die Preise kurzfristig entwickeln werden. Viele Branchenkenner gehen davon aus, dass eine Bodenbildung noch nicht erreicht ist und die Kaufpreise weiter sinken könnten.

Zudem können die gestiegenen Bauzinsen ein vermeintliches Schnäppchen schnell zunichtemachen. Je nach Kaufpreis führt jeder Prozentpunkt mehr beim Zins zu einigen hundert Euro Mehrbelastung pro Monat und somit zu vielen tausend Euro Mehrbelastung pro Jahr.

Wohnatlas geht teils von deutlichem Wertzuwachs aus

Eine gute Nachricht für Kaufinteressenten gibt es aber doch: Langfristig sieht es in Bayern gar nicht schlecht aus – zumindest, wenn man sich am "Wohnatlas der Postbank 2023" orientiert, der für Deutschland eine Kaufpreisprognose bis 2035 erstellt hat. Vor allem einige bayerische Regionen sollen demnach künftig durch einen deutlichen Wertzuwachs auffallen. Zu den Städten mit den höchsten erwarteten Preissteigerungen gehören neben München auch Erding, Landshut und Ebersberg.

Warum steigen die Mieten, obwohl die Kaufpreise fallen?

Mehr als ein Jahrzehnt kannten die Preise für Wohnungen und Häuser in Bayern nur eine Richtung: nach oben. Dieser Trend kehrt sich gerade um. Die Immobilienumsätze im Freistaat sind nach Angaben der Sparkassen-Immobilienvermittlung im ersten Quartal 2023 um 44 Prozent eingebrochen.

Der Hauptgrund dafür liegt in der Entwicklung des Bauzinses. Auch Immobilienkredite orientieren sich am Leitzins der Europäischen Zentralbank. Nach einer langen Nullzinsphase ist er in den vergangenen Monaten schrittweise angestiegen und liegt seit dem 21. Juni 2023 bei vier Prozent. Entsprechend müssen auch Immobilienkäufer derzeit mit durchschnittlich rund vier Prozent effektivem Jahreszins bei einer Laufzeit von zehn Jahren rechnen.

Die sinkenden Kaufpreise in vielen Regionen sind aber auch auf die geplante Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) – kurz: Heizungsgesetz – zurückzuführen. Viele Kaufinteressenten warten derzeit lieber ab. Eine sinkende Nachfrage auf dem Immobilienmarkt führt zu sinkenden Preisen – vor allem bei Bestandimmobilien, die mit Blick auf eine energetische Sanierung nicht einem Neubaustandard entsprechen.

Höhere Konkorrenz auf dem Mietmarkt

Warum aber steigen parallel die Mieten? Ganz einfach: Die Konkurrenz auf dem Mietmarkt wird größer, weil Menschen, die eigentlich kaufen wollten, erstmal weiter zur Miete wohnen. Es gibt also eine höhere Nachfrage und das führt zu höheren Preisen.

Überhitzt wird der Mietmarkt zudem durch eine einbrechende Bautätigkeit. Nach Auskunft des Bayerischen Landesamtes für Statistik ist die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen für Wohnungen in Bayern im ersten Quartal 2023 um 28,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal gesunken. Besonders wenig gebaut wird in Niederbayern, der Oberpfalz, Mittel- und Unterfranken.

Das ist die Folge: Nach Angaben des Immobilienverbandes Deutschland (IVB) Süd wurden im Halbjahresvergleich Herbst 2022 zu Frühjahr 2023 die Mieten im Schnitt in fast allen bayerischen Metropolen und mittelgroßen Städten angehoben. Die höchsten Preisanstiege verzeichnen mit durchschnittlich 2,7 Prozent Doppelhäuser aus dem Bestand. Am geringsten waren die Mieterhöhungen bei Wohnungen aus dem Bestand: plus 0,9 Prozent.

Im nicht inflationsbereinigten Zehnjahresvergleich (2013 – 2023) zeigen sich die Mieterhöhungen in Bayern deutlich: plus 57 Prozent bei Reihenhäusern (Bestand und Neubau), plus 47 Prozent bei Neubauwohnungen sowie plus 42 Prozent bei Bestandswohnungen.

Wie hoch darf eine Miete sein?

Die Mieten in Bayern steigen in den meisten Regionen seit Jahren an, vor allem in Ballungszentren wie München, Nürnberg oder Augsburg. Mit einem durchschnittlichen Einkommen wird es immer schwieriger, eine passende Mietwohnung zu finden.

28,9 Prozent ihres Netto-Einkommens geben die Deutschen laut Statistischem Bundesamt im Durchschnitt für die Miete aus. Tendenz steigend – und damit wird es langsam eng, denn mehr als 30 Prozent sollten es keinesfalls werden, wenn man nicht kurz- bis mittelfristig in eine finanzielle Schieflage geraten möchte.

Entscheidend für den persönlichen Finanzplan ist übrigens nicht die Kaltmiete, sondern die Warmmiete. Sie beinhaltet auch die Nebenkosten – und die machen wegen der gestiegenen Strom- und Heizkosten inzwischen einen erheblichen Teil der Wohnkosten aus.

Auch eventuelle Mieterhöhungen sollten am besten gleich von Anfang an einkalkuliert werden. Der Vermieter darf die Kaltmiete innerhalb von drei Jahren immerhin um bis zu 20 Prozent erhöhen. Als Obergrenze gilt die ortsübliche Vergleichsmiete.

  • Zum Artikel: Knappes Bauland in Bayern - "Die ziehen ins Haus der Eltern"

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