Der Elektroautobauer rutscht von Monat zu Monat in größere Probleme. Rückrufaktionen, angeblicher Drogenkonsum von Tesla-Chef Elon Musk und wachsender Konkurrenzdruck aus China. Der Aktienkurs ist seit Jahresbeginn um mehr als 27% eingebrochen.
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Der Aktienkurs des von Elon Musk gesteuerten US-Autobauers Tesla kennt derzeit nur eine Richtung: Nach unten.

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E-Autobauer Tesla in der Krise

Der Elektroautobauer rutscht von Monat zu Monat in größere Probleme: Rückrufaktionen, angeblicher Drogenkonsum von Tesla-Chef Elon Musk und wachsender Konkurrenzdruck aus China. Der Aktienkurs ist seit Jahresbeginn um über 27 Prozent eingebrochen.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Viele Analysten an der Wall Street sind sich einig: Der Absturz der Tesla-Aktie hätte nach Bekanntgabe der Quartalszahlen vergangene Woche noch schlimmer ausfallen können. Noch zehrt der Autobauer mit Sitz in Texas von seinem guten Image im Heimatland USA. Doch das bekommt Kratzer. Seit Elon Musk den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen hat, leidet auch in Nordamerika das Ansehen.

Das Unternehmen lebt vor allem von einer Fangemeinde, die ungebrochen an den Erfolg der Marke Tesla glaubt und deshalb den Aktienkurs so massiv stützt. Doch spätestens seit dem vergangenen Jahr ist der Elektroautobauer mit dem Hightech-Image auch in der traditionellen Automobilindustrie angekommen.

Fehlende Zukunftsstrategie: Wo sind die "Visionen"?

Bei der Vorlage des Quartalsberichts in der vergangenen Woche mussten Musk und sein Management einräumen, zu stark auf den Erfolg des Model 3 und des Model Y gesetzt zu haben. Der im vergangenen Jahr vorgestellte Cybertruck dürfte aufgrund seines “eigenwilligen” Designs und seiner Konstruktion nach Meinung vieler Branchenkenner nur schwer hohe Stückzahlen erreichen.

Was Tesla also fehlt, ist eine neue Fahrzeugplattform. Die soll zwar kommen, laut Musk aber erst in der zweiten Jahreshälfte 2025. Ein marktfähiger Prototyp, der den Modellen von BYD und VW Paroli bieten könnte, scheint noch in weiter Ferne. Der 52-Jährige gab sich hier ausnahmsweise realistisch: "Ich bin oft optimistisch, was den Zeitrahmen angeht", fügte er im Gespräch mit Analysten kleinlaut hinzu.

Fällt der Tesla-Aktienkurs weiter?

Bei Tesla spricht man deshalb von einem deutlichen Absatzrückgang in diesem Jahr. Dieser kann auch nicht mehr durch Preissenkungen angekurbelt werden, da das Unternehmen dann nicht mehr profitabel arbeiten würde. Konkrete Zahlen bleibt Musk allerdings schuldig. Auch eine Prognose, eine Strategie für die Zukunft bleibt vage.

Konkurrenz aus China

Die Amerikaner sorgen sich weniger um die Elektroautos der europäischen Hersteller, allen voran Volkswagen. Die Gefahr kommt aus China. Zwar haben die Amerikaner ihren Heimatmarkt für den Shootingstar BYD abgeschottet, doch mit Schrecken beobachten sie, wie die Chinesen gerade den deutschen Markt im Handstreich aufrollen.

Kritik an Musks Strategie und Managementstil

Und so langsam dämmert auch dem letzten Tesla-Fan, dass der Konzern eine Durststrecke von mindestens zwei Jahren überstehen muss, um mit einem konkurrenzfähigen Massenmodell den Chinesen und Europäern Paroli bieten zu können. Angesichts des Entwicklungstempos der "traditionellen" Autoindustrie dürfte das für die Tesla-Gemeinde eine Ewigkeit sein.

Immer mehr Branchenkenner fragen sich, warum Musk es vorgezogen hat, ein Nischenfahrzeug wie den Cybertruck zu entwickeln, anstatt ein massentaugliches Fahrzeug auf den Markt zu bringen. Die großen Autohersteller erneuern ihre Modellpalette ständig, um nicht unter sinkenden Absatzzahlen zu leiden. Diese Strategie ist bei Tesla nicht möglich: Inklusive des Cybertrucks kommt das Unternehmen auf gerade einmal fünf Modelle.

Hat sich Musk verkalkuliert? Rächt sich seine Arroganz?

Musks Fehler werden jetzt offensichtlich: Nicht nur die überteuerte Übernahme von Twitter rächt sich, auch die völlige Fehleinschätzung des Weltmarktes zeigt, dass Musk doch nur ein normaler Mensch ist.

Hinzu kommen Gerüchte, die das renommierte Wall Street Journal kürzlich veröffentlichte. Viele Topmanager bei Tesla seien über die Partys und den angeblichen Kokain- und LSD-Konsum von Elon Musk beunruhigt. Auch die Tatsache, dass der 52-Jährige einen erheblichen Teil seiner Arbeitszeit in den Umbau des von Twitter in X umbenannten Kurznachrichtendienstes in San Francisco steckt, sorgt für zunehmend Unmut.

Musks Hobby-Projekte

Musk versucht dies mit der Präsentation von (ferngesteuerten) menschenähnlichen Tesla-Robotern zu kompensieren. Realistische Anwendungsszenarien – etwa den Einsatz in einer Auto- oder Batteriefabrik – hat er bislang aber nicht gezeigt.

Immer mehr Analysten fragen sich deshalb, was Musks Hobbyprojekte wie der Roboter "Optimus" oder die KI-Anwendung Dojo eigentlich mit dem Kerngeschäft von Tesla zu tun haben – dem Bau von Autos.

Persönliche und unternehmerische Konsequenzen für Musk

Die langsam einsetzende Ernüchterung hat für Musk auch persönliche Konsequenzen: Seit dieser Woche ist er nicht mehr der reichste Mann der Welt. Und die von ihm geforderte Aufstockung seines Tesla-Anteils von derzeit 13 auf 25 Prozent wurde ihm von den übrigen Aktionären verweigert. Tesla stehen unsichere Jahre bevor.

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