Laut einer Recherche von NDR und Süddeutscher Zeitung verwenden Auskunfteien Handyvertragsdaten von Millionen von Menschen zur Bonitätsprüfung.
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Laut einer Recherche von NDR und Süddeutscher Zeitung verwenden Auskunfteien Handyvertragsdaten von Millionen von Menschen zur Bonitätsprüfung.

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Schufa und Co. nutzen Handyvertragsdaten zur Bonitätsprüfung

Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa sammeln und speichern nach Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung seit langem die Handyvertragsdaten von mutmaßlich Millionen Deutschen. Nach Ansicht von Datenschützern ist das nicht rechtens.

Auskunfteien wie beispielsweise die Schufa nutzen laut einer gemeinsamen Recherche von NDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) Handyvertragsdaten von Millionen von Menschen zur Bonitätsprüfung. Datenschutzbehörden und Verbraucherschützer halten diese Praxis für nicht rechtens, wie der NDR am Mittwoch mitteilte. Millionen Menschen seien von dem Vorgehen betroffen. Das unter der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nötige Einverständnis der Verbraucher sei nicht eingeholt worden.

Verbraucherschützer fordert Löschung

"Wir haben die große Sorge, dass Menschen hier gläsern gemacht werden und womöglich in der Zukunft keine Verträge bekommen, weil sie gerne mal den Anbieter wechseln und so vielleicht aus Sicht der Unternehmen anstrengend sind", sagte der Vorstand de Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, dem NDR. Er forderte die Löschung der Daten.

Laut NDR und SZ nutzten die Auskunfteien Daten über Vertragsabschlüsse, Vertragsdauer und Vertragswechsel, um die Bonität von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu bewerten. Solche Daten dürfen laut Datenschützern seit Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 jedoch nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Verbraucher gespeichert werden. Dies sei im September auch in einem Beschluss der Datenschutzkonferenz, in der die Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern organisiert sind, ausdrücklich festgestellt worden. Lediglich das Speichern von Daten über säumige Zahler und Betrüger sei demnach rechtens.

Die DSGVO habe "die Rechtsposition der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt", sagte der hessische Landesdatenschutzbeauftragter Alexander Roßnagel. Jeder habe das Recht, selbst darüber zu bestimmen, welche Daten er oder sie preisgibt - die Auskunfteien hätten jedoch seit 2018 nicht mehr nach dem Einverständnis der Verbraucherinnen und Verbraucher gefragt, "weil sie die hohen Anforderungen an die Einwilligung scheuten", sagte Roßmann weiter.

Branchenverband: "Jahrzehntelange, unbeanstandete Praxis"

Der Branchenverband "Die Wirtschaftsauskunfteien" betonte dem Bericht zufolge hingegen, dass die Auswertung der Vertragsdaten insbesondere Menschen zugutekomme, die noch keinerlei Kredithistorie vorweisen könnten. Indem ihre Handyvertragsdaten ausgewertet würden, könnten sie gegenüber Kreditinstituten ihre Zahlungsmoral nachweisen. Es bestehe deshalb ein "berechtigtes Interesse" an der Datenverarbeitung, außerdem sei das Vorgehen eine "jahrzehntelange, unbeanstandete Praxis, die auch von Verbraucherinnen und Verbrauchern bestenfalls nur vereinzelt kritisiert wurde".

Auf Kritik stieß bei den Landesdatenschutzbehörden laut NDR und SZ außerdem das intransparente Vorgehen der Auskunfteien: Demnach hätten die Unternehmen zuerst argumentiert, dass sie die Daten zur Identifikation von Betrügern nutzten. Erst als ein Speicherverbot gedroht habe, räumten sie demnach die Nutzung der Daten zu Zwecken der Bonitätsprüfung ein.

Erst Ende Oktober hatte das Verwaltungsgericht Wiesbaden dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zwei Fragen zu den sogenannten Score-Werten der Auskunftei Schufa vorgelegt. Der EuGH soll klären, inwiefern das Erstellen von Score-Werten unter die DSGVO fällt. Sollte dem nicht so sein, soll der EuGH in einem weiteren Schritt prüfen, ob die DSGVO Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu Scoring und Bonitätsauskünften entgegensteht.

Mit AFP-Material.

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