Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) im Januar zu Besuch beim Airbus-Militärstandort in Manching, neben CEO Michael Schöllhorn (rechts).
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Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) im Januar zu Besuch beim Airbus-Militärstandort in Manching, neben CEO Michael Schöllhorn (rechts).

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Zeitenwendchen: Bayerns Rüstungsfirmen profitieren nur teilweise

Mit seiner "Zeitenwende"-Rede hatte Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, die Bundeswehr besser auszustatten und den Verteidigungshaushalt anzuheben. Mehr als zwei Jahre später ziehen die bayerischen Rüstungsunternehmen eine gemischte Bilanz.

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Wenn Michael Schöllhorn eine Zwischenbilanz für die vergangenen beiden Jahre zieht, dann fällt diese gemischt aus. Der Chef der Airbus-Verteidigungssparte, der gleichzeitig auch Präsident des Branchenverbands BDLI ist, sieht auf der positiven Seite eine neue Haltung der Öffentlichkeit zum Thema Verteidigung. Noch vor wenigen Jahren habe das Image seiner Branche "irgendwo zwischen Tabak und Pornografie" gelegen, so der Manager im Gespräch mit dem BR. Das habe sich sehr zum Positiven verändert. Was Schöllhorn aber fehlt: Handfeste Aufträge, die beweisen würden, dass es die Bundesregierung ernst meine mit der viel beschworenen "Zeitenwende".

Warten auf Eurofighter-Bestellung

Schöllhorn verweist auf das Airbus-Werk im oberbayerischen Manching. Dort läuft in wenigen Jahren die Produktion der heutigen Eurofighter-Generation aus. Nachfolge-Orders gibt es nicht, obwohl Schöllhorn gemeinsam mit der IG Metall seit langem darum kämpft, dass aus Berlin ein Auftrag zur Entwicklung einer fünften Generation des Kampfflugzeuges kommt.

Bleibe diese Bestellung noch lange aus, drohe Deutschland ein Verlust von Know-how, so der Airbus-Manager. Denn vor allem Zulieferer könnten es sich nicht leisten, entsprechende Kapazitäten auf gut Glück vorzuhalten.

Verteidigungsetat unter zwei Prozent

Eigentlich haben die Nato-Mitgliedsländer schon vor Jahren versprochen, zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu investieren. In diesem Jahr wird Deutschland dieses Ziel zwar erreichen, aber nur dank eines Sondervermögens.

Der reguläre Etat für Verteidigung liegt jedoch immer noch um viele Milliarden Euro unter dem selbstgesetzten Ziel. Dies wird vor allem in Bayern kritisiert, wo große Teile der deutschen Rüstungsindustrie angesiedelt sind.

Panzer aus Bayern vor allem fürs Ausland

Auf große Orders der Bundesregierung hatte man zum Beispiel in München-Allach gehofft. Dort produziert KNDS Deutschland (früher bekannt als Krauss-Maffei Wegmann) schwere Landsysteme. Darunter den Leopard 2. Doch bisher hat die Bundeswehr gerade einmal die 18 Kampfpanzer fest nachbestellt, die sie in die Ukraine abgegeben hatte.

Bei KNDS Deutschland sind die Auftragsbücher dennoch gut gefüllt. Die großen Orders der jüngsten Zeit kamen allerdings nicht aus Deutschland, sondern zum Beispiel aus Norwegen, das seine Armee deutlich aufrüsten will und dafür auch das nötige Geld zur Verfügung stellt. Hierzulande hingegen sehen Militärexperten gerade bei Panzern eine erhebliche Lücke, vor allem dann, wenn es darum geht, eine angekündigte neue Heeresdivision und eine Kampfbrigade in Litauen auszurüsten.

Boom bei Flugabwehr und Hubschraubern

Allerdings gibt es in Bayern auch Unternehmen, die an die Bundeswehr neue Systeme im Milliardenwert liefern, etwa Hubschrauber und Flugabwehrtechnologie. So produziert MBDA Deutschland aus Schrobenhausen erstmals Patriot-Raketen in Deutschland. Bisher kamen diese aus den USA.

Die Diehl-Gruppe aus Nürnberg profitiert von der extrem hohen Nachfrage nach ihrem Flugabwehrsystem Iris-T SLM. Und kurz vor dem Jahreswechsel erhielt Airbus Helicopters in Donauwörth einen Milliardenauftrag für leichte Kampfhubschrauber. Dazu kommen sprunghafte Auftragszuwächse bei Zulieferern wie dem Getriebebauer Renk und dem Radar-Spezialisten Hensoldt.

BDI-Präsident fordert mehr Planungssicherheit

Grundsätzlich ist man in der Industrie aber unzufrieden mit dem Tempo der versprochenen "Zeitenwende". So forderte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im Februar bei der Münchner Sicherheitskonferenz mehr Forschungsmittel für Start-ups, außerdem langfristige Finanzierungszusagen für Unternehmen.

Denn nur dann lohne es sich für die Firmen, in Forschung und Produktionsanlagen zu investieren, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Dort fehle es trotz aller Versprechen des Bundeskanzlers immer noch an konkreten Bestellungen und Verträgen: "Der notwendige Wandel wird hauptsächlich rhetorisch beschworen. Warme Worte kosten nichts", so der BDI-Präsident. Man müsse wieder lernen, dass Wehrhaftigkeit einen Preis habe.

Dieser Artikel ist erstmals am 5.5.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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