Kommentar Warum Künstler aus anderen Ländern neidisch sind auf die GEMA
Der tägliche Hass: Musikvideo auf Youtube suchen, klicken, ärgern - das Video ist in Deutschland nicht verfügbar. Wir regen uns dann immer über die GEMA auf, weil sie Videos sperrt. Und in den USA? Da beneiden sie uns um die GEMA.
Dem ein oder anderen Künstler wäre eine YouTube-Gema-Sperrtafel wahrscheinlich ganz recht. Der größte Kritikpunkt von Musikern ist nämlich, dass sie viel zu wenig an ihrer eigenen Musik auf YouTube verdienen. Katy Perry, Debbie Harry, Nelly Furtado, Thom Yorke - alle haben YouTube schon öffentlich attackiert. Und jetzt wird der Protest noch lauter: 180 Musiker, darunter Taylor Swift, Paul McCartney und die Kings of Leon schalten gemeinsam eine Anzeigekampagne. In ihrer Petition fordern sie eine Reform des digitalen Urheberrechts in den USA.
Immer mehr Künstler sind unzufrieden mit den Zahlungsvorstellungen von YouTube. Apple Music-Chef und Produzent Jimmy Iovine schätzt zum Beispiel, dass YouTube für 40 Prozent aller Musikabrufe im Internet verantwortlich ist - aber gerade mal für vier Prozent aller Einnahmen aus dem Streamingbusiness, die an Labels und Künstler zurückfließen. Da wird man dann plötzlich bei Spotify und Apple Music, worüber sich ja auch viele beklagen, geradezu fürstlich entlohnt.
Bereichert sich YouTube an den Künstlern?
Am neuesten Clash zwischen YouTube und Musikwelt ist jetzt Trent Reznor von den Nine Inch Nails beteiligt. Wichtig zu wissen: Trent Reznor ist auch Chief Creative Officer bei Apple Music - also bei der Konkurrenz. Er regt sich sehr darüber auf, dass YouTube seinen Erfolg "kostenlosem und gestohlenem Content" zu verdanken habe. Kurz gesagt: YouTube bereichert sich angeblich an ihm und allen anderen Künstlern.
Gegenüber dem Musikblog Pitchfork hat ein YouTube-Sprecher das natürlich alles abgetan - weil die meisten Labels ja Lizenzverträge mit YouTube hätten, so dass Künstler sogar an ungefragt hochgeladenen Fanvideos noch Geld verdienen würden. Dem Sprecher zufolge hat YouTube schon über drei Milliarden Dollar an die Musikindustrie ausgezahlt.
Das klingt natürlich erstmal nach viel Geld. Wenn man sich nämlich mal überlegt, dass allein Spotify in weniger Zeit mit weniger Abrufen wesentlich mehr ausgezahlt hat, dann ist das plötzlich gar nicht mehr so viel. Die Argumentationsweise von YouTube ist schon etwas komisch: Sie seien ja überhaupt kein Musikdienst! Dabei sind 28 von 30 der meistgestreamten Videos auf YouTube Musikvideos.
Nicht die GEMA sperrt euch die Videos - sondern YouTube
Der Druck auf YouTube seitens der Künstler steigt - und darum wäre so eine GEMA-Sperrtafel, wie wir sie in Deutschland haben, bestimmt auch einigen Künstlern im Ausland recht.
Der Witz an der Tafel ist nämlich, dass nicht die Gema Videos sperrt. Das sollten sich vor allem mal alle Menschen merken, die bei der Tafel immer auf die Gema schimpfen. Ja, die Gema kann krass nervig sein, wenn man zum Beispiel eine Party organisiert. Aber Im Fall der YouTube-Sperre geht es ja explizit darum, dass die Gema von YouTube verlangt, sich ans Gesetz zu halten. So wie alle anderen Medien in Deutschland eben auch.
Das bedeutet: Die Künstler bezahlen, die den Content erstellt haben. YouTube ist dazu nicht bereit. Deshalb sperrt eigentlich YouTube selbst die Videos - und nicht die GEMA. Der Schluss liegt nahe: YouTube will die Künstler gar nicht angemessen bezahlen, auch wenn sie angekündigt haben, die Stimmen der Künstler zu berücksichtigen und mit der Musikindustrie verhandeln zu wollen. Die Videosperren und Schuldzuweisungen an die GEMA kann sich das Google-Unternehmen vielleicht in Deutschland leisten. Gäbe es allerdings in jedem Land eine GEMA - um YouTubes Geschäftsmodell wäre es plötzlich ganz schlecht bestellt.