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Leben und Lernen im Kloster Bibel studieren in der Dormitio Abtei in Jerusalem

Jerusalem, eine Stadt, in der Judentum, Christentum und Islam aufeinander treffen. Diese Stadt hat sich Julian Lezuo als Studienort ausgewählt. An der Dormition Abbey der Benediktiner taucht er über acht Monate intensiv in die Welt der Bibel ein.

Von: Marion Völker

Stand: 27.12.2018 | Archiv

Die Dormitio, so nennen die Studierenden in Deutschland die Dormition Abbey in Jerusalem,eröffnet Theologie Studierenden aller Konfessionen die Möglichkeit für ein theologisches Studienjahr in Jerusalem. Julian Lezuo möchte evangelischer Pfarrer werden und hat sich für ein DAAD-Stipendium hier beworben. 

Julian Lezuo vor dem Zionsberg, auf dem die Dormitio Abtei liegt.

"Ich würde jedem Theologiestudenten ans Herz legen, sich auf dieses Abenteuer Jerusalem einzulassen. Das Besondere am Zionsberg ist, es ist ein Kulminationspunkt verschiedener religiöser Traditionen: Der Ort, wo Maria entschlafen ist, der Ort des letzten Abendmahls, der ursprünglich auch eine Moschee war,  hier ist auch das Davidsgrab."

 Julian Lezuo

Studieren in Jerusalem

Auch auf dem Zionsberg findet man eine Hebräische Tafel direkt vor der Katholischen Dormitio-Abtei

Die Benediktiner Abtei Dormitio liegt mitten in Jerusalem auf dem Zionsberg. Das theologische Studienjahr in der Abtei gibt es seit gut 40 Jahren. Es ist ein Angebot für katholische und evangelische Studierende. Das Besondere daran ist die Offenheit für den ökumenischen, interreligiösen und interkulturellen Dialog. In intensiven Blockseminaren mit Dozenten und Experten aus Israel und auch aus Europa ist viel Raum für kontroverse Diskussionen. 

Julian im Hof/Kreuzgang der Erlöserkirche, einem seiner Lieblingsorte in Jerusalem

"Allein das Thema Ökumene - damit kann man sich nicht überall so intensiv  auseinandersetzen wie hier, vor allem nicht auf theologischer Ebene. Man sitzt selten mit so einer bunten Mischung aus Studenten im Vorlesungssaal zusammen wie hier und dann auch noch beim Mittagessen in so ungezwungener Atmosphäre, in der auch viele Fragen erlaubt sind, die im Vorlesungssaal in Deutschland, glaube ich, einfach unter den Tisch fallen würden."

 Julian Lezuo

Dazu haben die Studierenden viele Gelegenheiten, sich außerhalb der Vorlesungen mit den historischen Plätzen der Bibel vertraut zu machen, zum Beispiel mit biblischer Archäologie, der Kultur Israels, den regionalen Sprachen, der Geschichte und natürlich auch mit der Politik im Nahen Osten. 

Dormition Abbey kooperiert mit dem DAAD

Die Benediktinerabtei Dormitio in Jerusalem bietet zusammen mit dem DAAD ein Theologisches Studienjahr für Studierende aller Konfessionen an - jedes Jahr erhalten etwa 20 ein Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD). 

Jerusalem ist eine Stadt, in der sich die drei große Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam begegnen. Während seines theologischen Studienjahres kann Julian Lezuo viel über die Bibel lernen, auch in Exkursen vor Ort. Aber er ist auch mit den Konflikten konfrontiert, die die Region seit Jahrtausenden prägen. 

Studienleistungen an der Dormitio

Die Seminarscheine und Prüfungsleistungen aus dem Theologie-Studienjahr in Jerusalem werden von den evangelischen und katholischen Universitätsfakultäten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz in der Regel anerkannt. Wer sicher gehen will, sollte sich aber vor der Bewerbung bei seiner Heimat-Uni danach erkundigen.

Bewerbungsverfahren

Da die Studierenden auch im Kloster wohnen, schicken sie die Bewerbung zunächst an die Abtei. Deren Vertreter entscheiden, wen sie sich als Hausgenossen für die nächsten acht Monate vorstellen können, sagt Julian Lezuo. Offen ist das Studienjahr für alle Konfessionen, Männer und Frauen. Zum weiteren Auswahlverfahren gehören dann ein anspruchsvolles Auswahlgespräch mit Hebräisch- und Griechisch-Prüfung und unter anderem Fragen zu Bibel, Landeskunde, Judaistik und Islamwissenschaften. Etwa doppelt so viele Studierende wie Plätze im Haus sind, bewerben sich.  

Das Stipendium des DAAD deckt die 840 Euro im Monat für Kost und Logis und ein Taschengeld von 110 Euro, erzählt Julian Lezuo. Er kommt mit dem Stipendium zurecht, auch wenn das Leben in Israel sehr teuer ist.

Bruder Simeon war vor sieben Jahren selber Student in der Dormitio-Abtei. Seit 2015 ist er Mönch auf dem Zionsberg und Studienpräfekt.

"Das Studienjahr prägt sehr. Viele finden dabei Ehepartner. Es gibt welche, die zum Judentum konvertiert sind oder zum Islam oder sie wollten Priester werden und haben nach dem Studienjahr geheiratet. Oder gerade andersrum: Einige sind mit Freundin hierher gekommen und dann katholische Pfarrer geworden. Ich bin nach Abschluss des Studiums in den Orden hier eingetreten."

P. Simeon OSB

Sicherheitslage

Auch mit einer anderen Besonderheit des Lebens im Nahen Osten kommt Julian zurecht: die Sicherheitslage im Land. Zwar erzählt er, dass die Sicherheitsvorkehrungen an öffentlichen Plätzen etwas höher sind, als er das aus Deutschland gewohnt ist. Man muss mit Ausweiskontrollen rechnen, sieht öfter Soldaten mit Maschinenpistolen und erfährt von Raketenabschüssen oder Anschlägen in der Stadt. Doch er orientiert sich an der Haltung der meisten Israelis, die sich von solchen Vorfällen nicht weiter beeindrucken lassen. Er geht pragmatisch mit möglichen Gefahren um:

"Wenn überhaupt, dann ist es eine kalkulierte Gefahr, aber die gibt es überall auf der Welt. Man kann auch in Deutschland auf dem Zebrastreifen überfahren werden. Wenn man zu viel darüber nachdenkt, es könnte etwas passieren, dann hat man ja auch keinen Spaß am Leben."

 Julian Lezuo

Wer sich für ein Studium in Israel interessiert, sollte sich auf der Seite des Auswärtigen Amtes über die aktuelle Sicherheitslage informieren.

Dormitio Abtei - Geschichte

Altstadt von Jerusalem, im Vordergrund die evangelische Erlöserkirche und im Hintergrund der muslimische Felsendom auf dem Tempelberg.

Die Dormitio-Abtei gibt es seit etwa 100 Jahren. Während seiner Reise nach Palästina 1898 übergab der damalige deutsche Kaiser Wilhelm II. das von Sultan Abdulhamin II. gekaufte Grundstück auf dem Zionsberg an den "Deutschen Verein vom Heiligen Lande". An der Stelle soll Maria entschlafen sein. Von dem lateinischen Wort für Entschlafung - Dormitio - hat die Abtei ihren Namen „Dormitio Mariae“. Ihr Grundstein wurde 1900 gelegt. Der Bau dauerte zehn Jahre. Bereits 1906 zogen jedoch schon die ersten Benediktiner aus Beuron nach Jerusalem. Heute gehören 22 Mönche zu der Gemeinschaft auf dem Zionsberg.


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