Ein Wassertank in dem die Detektoren des Experiments COSINUS nach Signalen der Dunklen Materie suchen; Dunkle Materie: Untergrundlabor sucht nach Geisterteilchen
Bildrechte: picture alliance / CHRISTIAN MÜLLER / APA / picturedesk.com | CHRISTIAN MÜLLER

Eine neue Suche nach der rätselhaften Dunklen Materie startet nun in einem Untergrundlabor in den Abruzzen.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Neues Experiment: Untergrundlabor sucht nach Dunkler Materie

Bei fünf Prozent des Universums weiß man, um was es sich handelt: zum Beispiel Planeten oder Sterne. Bei den restlichen 95 Prozent sind sich Forschende nicht so sicher. Aber was ist diese Dunkle Materie? Ein neues Experiment soll aufklären.

Über dieses Thema berichtet: Die Welt am Abend am .

Am 18. April begann die große Suche nach der Dunklen Materie – gut 100 Kilometer östlich von Rom im einem der Untergrundlabore unter dem Gran-Sasso-Massiv. Dort arbeiten neben weiteren internationalen Partnern auch Forschende vom Max-Planck-Institut für Physik in Garching bei München. Darunter Gruppenleiterin und Teilchenphysikerin Karoline Schäffner. Sie sagt: "Wir suchen hier nach Dunkler Materie, also nach der Nadel im Heuhaufen."

Neue Versuche zu Dunkler Materie: Was ist das Ziel?

Das COSINUS-Forschungsprojekt hat zum Ziel, die Echtheit von Signalen zu überprüfen, die möglicherweise Dunkle Materie anzeigen. Die Messungen, die das COSINUS-Projekt im Blick hat, wurden erstmals vom sogenannten DAMA/LIBRA-Experiment vermeldet. Auch das ist im Gran-Sasso-Tunnel angesiedelt – gerade mal 100 Meter von COSINUS entfernt. Dessen Ergebnisse sind jedoch umstritten, da sie bisher nicht von anderen Institutionen bestätigt werden konnten.

So soll die Messung der Dunkle-Materie-Teilchen funktionieren

Das will das COSINUS-Team ändern. Dafür verwenden die Forschenden einen innovativen Detektor, der Dunkle-Materie-Teilchen durch die Messung von Wärme nachweisen soll: Ein Kristall, der mit Hightech und zahlreichen Pumpen auf -273 Grad gekühlt wird, kälter als die Temperatur des Universums, ist das Herz dieser Gerätschaft. Die Grundidee ist folgende: Wenn Dunkle-Materie-Teilchen wirklich existieren, dann müssen sie gelegentlich mit dem Kristall im Detektor zusammenstoßen. Eine solche Kollision würde das Atom im Kristall wiederum in Schwingung versetzen, was zu einer minimalen Erwärmung führen würde.

Diese Temperaturänderungen soll das Experiment erfassen. Damit dabei mögliche Störeinflüsse minimiert werden können, findet das Ganze tief im Inneren des Gran-Sasso-Gebirgsmassivs statt – für Physikerin Karoline Schäffner schafft das Labor ideale Bedingungen: "Das Besondere an diesem Labor ist, dass wir unsere Experimente hier mit 1.500 Meter Gestein über uns vor Komponenten der kosmischen Strahlung schützen können."

Mysteriöse "Substanz", rätselhafte Teilchen: Was ist Dunkle Materie?

Dunkle Materie emittiert, wie der Name schon andeutet, kein Licht. Weder sendet noch reflektiert sie elektromagnetische Strahlung – und bleibt somit für uns unsichtbar. Sie scheint ausschließlich über die Gravitation fassbar zu werden. Der Name selbst beinhaltet dabei im Grunde bereits eine Hypothese: Obwohl viele Forschende derzeit davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um eine Form von Materie handelt, steht eine endgültige Bestätigung dieser Annahme noch aus.

Nun könnte man einwenden, dass Dunkle Materie vielleicht gar nicht existiert. Ein eindeutiger Hinweis jedoch, dass es Dunkle Materie geben müsse, sei das Universum selbst, sagt der Teilchenphysiker Paolo Gorla. Er arbeitet mit im Team am "Laboratori Nazionali del Gran Sasso": "Wenn wir uns das Universum anschauen, wissen wir, irgendwas muss da sein." Heißt: Bei Beobachtungen, wie das Universum funktioniert, wie sich die Sterne und Planeten bewegen, wie sich Galaxien formen und entwickeln – all das kann man mit der Materie, die wir sehen können, allein nicht erklären.

Die Suche nach den kosmologischen Ursprüngen

Dunkle Materie wird also als Konzept herangezogen, um eine Vielzahl von astronomischen Phänomenen zu erklären, die nahelegen, dass es im Universum weit mehr Masse gibt, als wir direkt beobachten können. Forschende glauben, dass sie einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Universums hatte. So entstand unser Sonnensystem aus den Überresten längst toter Sterne. Ohne die gravitative Bindung durch Dunkle Materie hätte sich daraus wohl nie wieder ein neues Sternensystem bilden können – was möglicherweise wiederum die Entstehung komplexer Lebensformen verhindert hätte.

COSINUS-Experiment: Ergebnisse stehen noch aus

Nichtsdestotrotz gibt es Skeptiker, die bezweifeln, dass Dunkle Materie überhaupt nachgewiesen werden kann. Karoline Schäffners Team jedoch setzt seine Arbeit fort, denn ein möglicher Nachweis wäre eine wissenschaftliche Sensation: "Um das große Puzzle zu machen, muss jeder an einem kleinen Puzzlestück arbeiten. Das ist, was mich da motiviert." Erst mal heißt es jedenfalls tief unter dem Gran-Sasso-Gebirgsmassiv: Warten und hoffen, dass der Kristall die winzigen Temperaturschwankungen tatsächlich messen kann. Erste Ergebnisse von COSINUS sollen ab 2025/26 vorliegen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!