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Grausame Vergangenheit Hexenverfolgung in Deutschland

Hexen gibt und gab es nicht. Heute begegnen sie uns nur noch in Märchen und Geschichten: So heißt es, dass sie sich in der Walpurgisnacht, der Nacht zum 1. Mai, angeblich auf dem Blocksberg treffen, dort um ein Feuer tanzen und ein rauschendes Fest feiern. Doch viele Jahrhunderte lang war dieses Hexenfest für viele Leute keine ausgedachte Geschichte, sondern real. Sie glaubten an Hexen und dass sie auf ihren Besen durch die Luft flogen. Hexen und ihre "magischen" Fähigkeiten machten ihnen Angst. Die Folge: Unschuldige wurden als Hexen verfolgt und grausam getötet. Wie kam es dazu?

Von: Veronika Baum

Stand: 23.04.2022

Die schönsten Hexenbilder | Bild: picture-alliance/dpa

Der Glaube an Hexen ist uralt: Schon im Alten Ägypten und Alten Rom hielt man Frauen für Zauberwesen, die mit Magie und Giften angeblich ihre Mitmenschen und Tiere verzaubern können. Auch in späteren Zeiten deutete man viele Dinge, die man sich nicht erklären konnte, mit Magie und Zauberei. Die Leute suchten für Schicksalsschläge wie Krankheiten Schuldige ... und fanden sie in den angeblichen Hexen.

Doch einige unserer Vorstellungen über die Hexenverfolgung stimmen nicht.

Irrtum 1: Die Hexenverfolgung fand im "finsteren Mittelalter" statt

Von wegen Mittelalter! Das Mittelalter ist längst vorbei, als in Europa besonders viele Menschen als Hexen verfolgt werden. In Europa ist eigentlich eine "neue Zeit" angebrochen: Im 16. und 17. Jahrhundert gibt es viele neue Ideen und Erfindungen wie den Buchdruck.

Doch das Wetter spielt in dieser Zeit verrückt: Um das Jahr 1600 erreich die kleine Eiszeit Mitteleuropa. Plötzlich dauern die Winter bis in den Juni hinein. Es gibt kurze, nasse Sommer mit schlechten Ernten. Die Menschen wissen nichts von den Klimaveränderungen. Für sie kann so etwas nur das Werk "Schwarzer Magie" sein.

Dazu kommt mit dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 ein schrecklicher Krieg mit Verwüstungen. Außerdem greifen schlimme Seuchen wie die Pest um sich und verstärken die Not der Menschen. Mit den Ideen von Martin Luther und seiner Reformation des Glaubens geraten viele alte kirchliche Wahrheiten ins Wanken. So mischt sich auch die Kirche, die den Hexenglauben viele Jahre als Aberglauben abgelehnt hatte, ab dem 16. Jahrhundert ein. Im Kampf um den "richtigen Glauben" lässt sie Hexen verfolgen. Besonders das Buch "Der Hexenhammer" entfaltet eine schreckliche Kraft und fördert die kirchliche Hexenverfolgung.

Irrtum 2: Dem Hexenwahn fallen nur weise, heilkundige Frauen zum Opfer

Stimmt auch nicht. Die Hexenverfolgung macht vor niemandem halt: Es trifft Männer, Frauen und Kinder. Tatsächlich sind es aber viel mehr Frauen als Männer, die verfolgt und hingerichtet werden. Doch es sind nicht nur Heilerinnen. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts greift der Hexenwahn wie ein Lauffeuer um sich und es werden immer häufiger Scheiterhaufen aufgerichtet. Jeder Beschuldigte muss nämlich seine Helfer nennen, die wie er angeblich mit dem Teufel im Bund stehen. In ihrer Not wiederholen die Leute Namen, die ihnen in den Mund gelegt werden. Nach Schätzungen fallen in Mitteleuropa ungefähr 50.000 Unschuldige der Hexenverfolung zum Opfer.

Irrtum 3: Hexen hatten rote Haare, Sommersprossen oder ein Buckel

Am Ende geht es nicht um eine bestimmte Haarfarbe oder eine krumme Nase. Wer jemandem schaden will, behauptet einfach, der andere sei ein Magier oder eine Hexe. Für die Opfer gibt es wenig Gnade. Zu einem Hexenprozeß gehört auch die "peinliche Befragung". Das heißt, der Beschuldigte wird gefoltert, um sein Geständnis zu erzwingen. Kaum einer widersteht der grausamen Folter. Am Ende steht der Scheiterhaufen.

Was waren "Hexenproben"?

Dieses Bild zeigt eine Frau bei der "Hexenprobe" - mit Gewicht und zusammengebundenen Beinen sollte sie in einen See geworfen werden.

Um zu beweisen, dass eine Frau oder ein Mann eine Hexe oder ein Hexer sind, wurden auch "Hexenproben" durchgeführt. Da wurde zum Beispiel der verdächtigen Frau ein schweres Gewicht an den Körper gehängt und sie wurde in einen See geworfen. Blieb sie oben schwimmen, galt sie als Hexe - und wurde verurteilt. Ging die Frau unter, war sie zwar unschuldig, starb aber oft, weil sie nicht aus dem Wasser gerettet wurde, sondern einfach ertrank.

In dem Ort Oudevater in den Niederlanden gab es auch eine Hexenprobe, die einige Menschen vor dem Tod gerettet haben soll. Im städtischen Waaghaus, in dem normalerweise Waren gewogen wurden, bevor man sie verkaufte, wurde ab 1595 auch das genaue Körpergewicht von Personen festgestellt. Man glaubte ja, dass Hexen federleicht seien. Wie sonst könnten sie auf einem Besen durch die Luft fliegen? Auf der Waage in Oudewater führte man also Gewichtstests durch. Bei diesem Test hatten die Beschuldigten gute Chancen, freigesprochen zu werden.

Wie lange dauerte der Hexenwahn?

Die letzte legale Hinrichtung einer Hexe in Mitteleuropa fand 1782 in der Schweiz statt. Sie markiert das Ende eines schrecklichen Aberglaubens. Die Unart, andere zu Sündenböcken zu machen, ist jedoch nicht aus der Welt: Noch heute gibt es Hexenverfolgungen in einigen Gebieten Südostasiens, Lateinamerikas und Afrikas.


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