Von Kerwa, Kerm, Kirwa oder Kirta Kirchweih - Wenn die Kirche Gott geweiht wird
Die ganze Ortschaft soll es wissen: Heute ist ein besonderer Tag in der Kirche! Die Glocken läuten laut und vom Kirchturm hängt eine bunte Fahne. Es ist nicht nur Sonntag, sondern auch Kirchweih! Und das wird in vielen Regionen mit besonderen Traditionen gefeiert. Kirchweih heißt übrigens in jedem Dialekt ein bisschen anders: Kerwa oder Kerm in Franken, Kirwa in der Oberpfalz, Kirta in Oberbayern.
Wenn eine Kirche gebaut wird, ist sie natürlich erst mal ein Gebäude aus Stein, fast wie jedes andere Haus: mit Mauern und Fenstern und mit einem Turm. Damit daraus eine Kirche wird, weiht man sie. Sie wird gesegnet und damit ein heiliger Ort, ein Gotteshaus. Ab jetzt soll sie nur noch dazu da sein, dass man dort zu Gott betet und gemeinsam den Gottesdienst feiert.
Und sie bekommt einen Namen: Kirche des Heiligen Johannes, Liebfrauenkirche oder vielleicht Heilig-Kreuz-Kirche. Kirchweih ist erstmal ein großes Fest in der Kirche: ein langer festlicher Gottesdienst mit viel Musik - alle Gottesdienstbesucher kommen schick angezogen in die Kirche und feiern gemeinsam die Weihe ihrer Kirche.
Kirchweih - Warum im Oktober?
Früher waren die großen Feste in der Kirche die Höhepunkte im Jahr: Die Kirchweih, Kirta oder Kerm gehörte da ganz sicher mit dazu. Oft ging das Fest eine ganze Woche lang. Weil aber jedes Dorf seine Kirchweih an einem anderen Wochenende feierte, kamen die Menschen aus dem Feiern gar nicht mehr heraus - und besuchten einfach die Nachbardörfer, um dort weiterzufeiern.
Besonders die Bauern störte irgendwann, dass ihre Mägde und Knechte so oft von der Arbeit abgehalten wurden. Deshalb einigte man sich irgendwann auf das dritte Wochenende im Oktober, wenn die Ernte vorbei ist, als Kirchweihtag für alle Kirchen. In einigen Orten in Franken und in der Oberpfalz hält man sich daran aber immer noch nicht: Hier feiert man weiterhin, wann man will.
Kirchweihessen - Ente, Gans oder Krenfleisch
Wenn der Gottesdienst vorbei ist, ist das Feiern nämlich noch nicht vorbei - man geht in die Wirtschaft oder kocht zu Hause groß auf. Traditionelles Kirchweihessen ist eine gebratene Ente mit dicken, gelben Kartoffelknödeln und dazu Blaukraut. Je nach Region unterscheidet sich das Essen: In anderen Regionen isst man eher eine Gans oder auch mal eine besondere Suppe. In Franken gibt es häufig Krenfleisch - also Fleisch mit scharfem Meerrettich.
Besondere Kirchweihtraditionen: Kirtahutschn, Kirwabaum und Kärwasau
Eine riesige Schaukel, auf die alle Freunde zusammen draufpassen: An Kirchweih wird in vielen Orten in Oberbayern dieser Traum wahr! Hier werden Kirtahutschn aufgehängt: ein langes Brett, das mit Seilen zum Beispiel an einer Scheunendecke befestigt ist. Alle einsteigen, gut festhalten - und los geht's! Wenn tatsächlich mal jemand runterfällt, landet er meistens weich im Stroh.
In Franken gibt es eher einen prächtig geschmückten Kirchweihbaum, um den getanzt wird. Oder das Bärentreiben in der Oberpfalz: Hier zieht durch manche Ortschaften ein als Bär verkleideter Mann und verbreitet ein bisschen Angst und Schrecken - zum Vergnügen für alle.
In anderen Gegenden war die Kirchweihwoche eine wichtige Woche für Verliebte - und Männer schenkten am Ende der Woche ihrer Angebeteten ein rotes Tuch. Spiele und Spaß gehören also fest zur Kirchweih! Mancher Ort baut einen Jahrmarkt mit Karussellen und Fahrgeschäften auf, der für die ganze Woche stehen bleibt.
Und mancherorts ehrt man sogar die Person, die am meisten Alkohol getrunken hat - man nennt sie dann "Kärwasau", also "Kirchweihschwein". Das hat dann mit dem Gottesdienst in der Kirche aber nicht mehr viel zu tun.
Kirchweihgebäck: Schneeballen und Auszogne
Wer keine tolle Kirtahutschn, keinen Kirwabaum oder keinen Jahrmarkt in der Nähe hat, der kann trotzdem mitfeiern: Einfach etwas Leckeres backen! Schneeboin, also Schneebälle sind ein besonderes Gebäck aus Mehl, Eiern, Zucker, Butter, Sahne und einer kleinen Menge Schnaps.
Die Schneeboin stammen aus Franken und werden statt im Ofen in einem Topf mit heißem Fett ausgebacken und dann mit Puderzucker bestreut. Ganz ähnlich macht man auch Auszogne - die sind aber rund und flach.