Heilpflanze mit Zauberkraft? Misteln - Mehr als nur Weihnachtsdeko
Bevor der heutige Tannenbaum in Mode kam, wurden Haus und Hof zu Weihnachten mit wintergrünen Mistelzweigen geschmückt. Noch heute ist ein Mistelzweig über der Tür eine beliebte Weihnachtsdekoration. Das sieht nicht nur zauberhaft aus, dahinter verbirgt sich auch der Glaube an die Zauberkraft der Mistel-Pflanze.
Büsche, die vom Himmel fallen
Lange Zeit konnte man sich nicht erklären, wie die geheimnisvolle Mistel-Pflanze überhaupt wächst: kugelartige Gewächse von bis zu einem Meter Durchmesser hoch oben in den Bäumen, scheinbar ohne Wurzeln und auch im Winter grün. Sie mussten von den Göttern gesandt sein - und natürlich auch selbst Zauberkräfte oder wenigstens Heilkräfte haben, glaubte man. Die Menschen hängten also Misteln zum Schutz vor Hexen und bösen Geistern an die Hauswand. Man glaubte, daß sie vor Feuer schützen und steckte sie auch gegen Blitze als "Donner- oder Hexenbesen" unters Dach.
Eine alte Heilpflanze
Schon der griechische Arzt Hippokrates hat Misteln vor über 2.300 Jahren als Heilpflanze eingesetzt. Auch bei den Germanen und den Kelten galt sie als heilig. Die Priester der Kelten, die Druiden, brauten daraus Zaubertränke - Allheilmittel, die angeblich gegen alles halfen und die außerdem Kraft, Mut und Unbesiegbarkeit verliehen.
Auch die Kräuterkundler des Mittelalters nutzten die Mistel als Heilkraut: gegen erfrorene Gliedmaßen oder zum Blutstillen. Und als Pflanze, die hoch oben wächst und niemals zu Boden fällt, sollte sie sogar gegen Epilepsie, die Fallsucht, helfen.
Mistel-Medizin gibt es auch noch heute
Achtung:
Die Mistel ist eine Giftpflanze. Außer den Beeren ist alles giftig und darf nicht einfach so gegessen werden. Wenn es doch passiert, hilft es, viel zu trinken. Im Zweifel am besten zum Arzt gehen.
Auch heute noch wird die Pflanze in der Medizin verwendet: zum Beispiel gegen Entzündungen, Krämpfe und auch in der Krebstherapie. Im Jahr 2003 wurde sie zur Heilpflanze des Jahres gekürt.
Wie kommt die Mistel auf den Baum?
Die Mistel blüht von März bis April, die Beeren sind im Dezember reif und werden gern von Misteldrosseln und Amseln gefressen. Durch deren Mist verbreiten sich ihre Samen – daher auch der Name "Mistel". Die Samen sind unverdaulich und umgeben von einem klebrigen Schleim. So bleiben sie auf den Ästen kleben und können dort keimen. Die Pflanze "wohnt" also auf dem Baum. Die Keimlinge treiben ihre Wurzeln ("Senker") in den Wirtsbaum und ernähren sich fortan als "Schmarotzer" von dessen Wasser und Mineralstoffen.
Jede Menge Mistelarten
In Deutschland kennt man vor allem die "Weißbeerige Mistel". Davon gibt es drei Unterarten: Tannen-, Kiefern- und Laubholz-Mistel. Letztere wächst auf allen Laubbaumarten, auf Eichen allerdings nur äußerst selten.
Küssen unterm Mistelzweig?
Von den Germanen weiß man, dass sie zur Wintersonnenwende Mistelzweige als Glücksbringer abschnitten. Vielleicht übernahmen die Christen einfach diesen Brauch und schmückten an Weihnachten Haus und Hof mit den immergrünen Zweigen.
Der englische Weihnachtsbrauch mit dem Mistelzweig ist inzwischen auch bei uns bekannt: Treffen sich ein Junge und ein Mädchen unter dem Zweig, dürfen sie sich küssen. Die weißen Mistelbeeren galten dabei früher als "Kusskugeln": Der Junge dürfte sein Mädchen so lange küssen, wie Beeren am Zweig waren. Bei jedem Kuss wurde eine Beere runtergenommen und wenn die Beeren aus waren, musste er zu küssen aufhören.