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Zeltschule im Libanon Unterricht für Flüchtlinge im Zelt

Kann man für 7.000 Euro eine ganze Schule bauen? Ausgestattet mit einer Tafel, Bänken, Schulheften? Die Antwort heißt: Ja, klar! In der libanesischen Bekaa-Ebene entstehen für diese Summe Zeltschulen für Flüchtlingskinder. Der Münchner Verein "Zeltschule e.V." hilft beim Aufbau.

Von: Rebekka Preuß

Stand: 06.07.2021

Zeltschule: Auch hier gibt es eine Schultafel. | Bild: Jacqueline Flory, Zeltschule e.V.

Zugegeben, die Schule in der libanesischen Bekaa-Ebene ist keine gewöhnliche Schule. Für sie reicht ein Zelt, das nur 20 Quadratmeter groß ist. Also vergleichbar mit einem Wohnzimmer. Von der Größe her - nicht vom Komfort. Der Fußboden der Zeltschule besteht aus festgestampfter Erde. Darauf liegt ein einfacher dunkelroter Teppich. Die Wände und auch das Dach bestehen aus verschieden großen Planen. Zum Teil sind es Planen, die vorher die Ladeflächen von Lkws umspannt haben. Diese Planen werden um ein einfaches Holzgerüst gespannt, fest geschraubt und fertig ist die Zeltschule.

Das Gerüst der Zeltschule. Hier werden später 130 Kinder in drei Schichten unterrichtet.

So einfach wie es jetzt klingt, ist so ein Schulaufbau aber leider nicht. Erst mal muss man 7.000 Euro zusammenbekommen, um überhaupt starten zu können. Und dann gelten im Libanon andere Gesetze als in Deutschland. Man braucht also jemanden vor Ort, der sich auskennt und hilft. 

Eine Schule entsteht ...

Die Kinder der Münchner Tumblingerschule wollten helfen, dass die Kinder im Libanon wieder zur Schule gehen können. Acht Monate lang haben die Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2015/16 Spenden gesammelt – für den Verein "Zeltschule e.V". Dieser Verein ist die Idee von Jacqueline Flory. Ihre Tochter Lilith besucht die Tumblingerschule und so wurde aus der Idee der Mutter gleich ein ganzes Schulprojekt. In den Sommerferien sind Lilith und ihre Mutter dann in den Libanon gereist.

Innerhalb einer Woche haben Lilith und ihre Mutter im August 2016 gemeinsam mit Ranim Ibrahim und Diala Brisly die erste Münchner Zeltschule gebaut. In einem Flüchtlingscamp nahe Aanjar. 55 Familien leben hier. Mit rund 130 Kindern. Fünf Tage in der Woche haben sie jetzt Unterricht – in Arabisch, Englisch, Mathe und Naturwissenschaften. Ihr Lehrer Yehia Alfares lebt bereits seit vier Jahren in dem Camp. Er ist auch aus Syrien geflohen und hat jetzt in der Zeltschule wieder Arbeit gefunden.

Der Krieg in Syrien und die Folgen 

Der Krieg in Syrien begann im März 2011. Über fünf Millionen Menschen sind inzwischen aus Syrien geflohen, über eine Million von ihnen in das Nachbarland Libanon. Hier sind sie zwar sicher vor Bomben – ein normales Leben aber führen sie im Libanon trotzdem nicht. Die Flüchtlinge sind oft arm. Die libanesische Regierung hat Gesetze erlassen, die es den Syrern verbieten zu arbeiten. Und staatliche Hilfen wie in Deutschland gibt es im Libanon für Flüchtlinge nicht. Viele Familien leben deshalb in selbstgebauten Zelten ohne fließendes Wasser. Strom kommt hier nicht aus der Steckdose, sondern aus Batterien oder von Generatoren.

In den Zelt-Camps im Libanon gibt es meistens keine Schulen. Allein in der Bekaa-Ebene, in der jetzt der Münchner Verein seine Zeltschule gebaut hat, haben rund 300.000 syrische Flüchtlingskinder keine Chance, eine Schule zu besuchen. Und das seit Jahren. Der Schulweg, die Bücher und die Hefte sind für viele Eltern zu teuer. Außerdem - nur wenn die Eltern eine gültige Aufenthaltserlaubnis haben, dürfen ihre Kinder in eine libanesische Schule gehen. Die Situation ist sehr schwierig. 

Das Glück, zur Schule gehen zu dürfen

Eine Organisation, die den Flüchtlingen hilft, ist "Alphabet". Gegründet wurde sie von Ranim Ibrahim. Ranim ist selbst aus Syrien geflohen. Früher leitete sie eine Apotheke in Syriens Hauptstadt Damaskus. Heute baut sie Zeltschulen in Flüchtlingscamps. Zehn Stück hat sie schon geschafft. Gemeinsam mit dem Münchner Verein ist jetzt die Schule Nummer elf entstanden. Und damit sich die Kinder wohl fühlen, dürfen sie gleich mitmachen. Gemeinsam mit Künstlerin Diala Brisly – die so wie sie aus Syrien geflohen ist – bemalen sie die Außenwände ihrer neuen Schule. 

Jeweils 100 bis 250 syrische Kinder lernen in den Zeltschulen Lesen, Schreiben und Rechnen.

Die Organisation "Alphabet" betreibt aber nicht nur die Schulen. Sie versorgt die Familien auch mit Grundnahrungsmitteln. Warum? Das Leben im Libanon ist fast so teuer wie in Deutschland. Und die erwachsenen Syrer dürfen laut Gesetz nicht arbeiten. Was sollen die Eltern also tun? In der Bekaa-Ebene gibt es viele Obst- und Gemüseplantagen. Und die Bauern brauchen Arbeiter. Diese Arbeit übernehmen jetzt die syrischen Flüchtlingskinder. Denn Kinderarbeit wird von der Polizei meistens nicht kontrolliert. Die Kinder bekommen für ihre Arbeit 4 US-Dollar am Tag. Im August ist es in der Bekaa-Ebene oft über 40 Grad heiß. Wer zu langsam arbeitet, wird geschlagen. 

Arbeiten anstatt in die Schule zu gehen – diesen Teufelskreis möchte der Verein "Zeltschule e.V." gemeinsam mit der örtlichen Hilfsorganisation "Alphabet – alternative education" durchbrechen. Bald soll die nächste Schule gebaut werden!


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