Hat der Passauer Multi-Millionär Niels Kampmann, der auch Schwiegersohn des Dichters Hans Carossas war, kurz vor seinem Tod seinen letzten Willen nochmal geändert? Und nicht mehr den Naturschutzfonds des Freistaats Bayern als Erben eingesetzt, sondern seine Pflegerin? Oder hat die Pflegerin zwei Testamente gefälscht, um so an 20 Millionen Euro heranzukommen? Diese Frage soll heute abschließend am Landgericht Passau geklärt werden. Es werden Plädoyers und Urteil erwartet. Auf die angeklagte Pflegedienstleiterin könnte eine Gefängnisstrafe zukommen.
Alter Mann mit schwankenden Stimmungen
Wie im Prozess deutlich wurde, soll der 95 Jahre alte Kampmann in den letzten Monaten seines Lebens launisch gewesen sein. Er soll Kontakte abgebrochen, sich aber auch immer wieder großzügig gezeigt haben. So soll er gesagt haben, er wolle seiner Pflegerin die Villa vererben. Diesen Wunsch hielt Kampmann in seinem Testament, das beim Notar hinterlegt war, aber nicht fest. Stattdessen setzte er ausschließlich den Freistaat Bayern als Erben ein.
Deshalb kamen Zweifel auf, als nach Kampmanns Tod im September 2021 die Pflegerin zwei handgeschriebene Testamente vorlegte, die sie zur Alleinerbin gemacht hätten. Die Polizei fing an, zu ermitteln. Drei Jahre später kam es zum Prozess. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau Urkundenfälschung und Betrug vor. Es geht auch um mutmaßlich gefälschte Vollmachten und Überweisungsträger.
Wer schreibt wie? Gutachter analysiert Handschrift
Entscheidend für das Urteil dürfte das Schriftgutachten sein. Der Gutachter des Landeskriminalamts analysierte unter dem Mikroskop Schriftproben von Kampmann aus verschiedenen Lebensphasen. Er arbeitete genau heraus, wie Kampmann Striche führte, wo Buchstaben im Namen immer verbunden wurden und wo es Lücken gab. Diese Analyse ergab, dass die vorgelegten Testamente mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Kampmann selbst stammten. Es sei für den Laien erkennbar, dass es sich höchstwahrscheinlich um Fälschungen handle, sagte der Experte. Die Handschrift in den Testamenten sei auf alt gemacht, sie passe nicht zu einem 95-Jährigen.
Verteidiger halten Gutachter für befangen
Die Verteidiger zweifelten von Anfang an die Kompetenz des Gutachters an. Ihr Hauptargument: Ein LKA-Beamter des Freistaats könne nicht neutral begutachten, wenn es darum ginge, dass der Freistaat das Erbe bekommen könne. Die Pflegerin selbst beteuert ihre Unschuld.
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