Lebensmittel liegen in einer Mülltonne
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Eine Million Tonnen Lebensmittel werden jedes Jahr in Bayern weggeworfen.

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Wie Lebensmittelverschwendung reduziert werden kann

Wie Lebensmittelverschwendung reduziert werden kann

Knapp 80 Kilogramm Lebensmittel wirft jede Person in Deutschland im Jahr weg – Lebensmittel, die oft noch verwendet werden könnten. Die Staatsregierung will Lebensmittelverschwendung entgegentreten. Der SPD gehen die Maßnahmen nicht weit genug.

Über dieses Thema berichtet: Aus Landwirtschaft und Umwelt am .

Drei Paar Schuhe – die könnte man sich zusätzlich jedes Jahr leisten, würde man weniger Lebensmittel wegwerfen, rechnet Ruth Müller vor. Denn jedes Jahr landen pro Person knapp 80 Kilogramm Lebensmittel in der Tonne – das entspreche einem Warenwert von rund 400 Euro.

Müller ist ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, und sie wollte wissen, ob die Staatsregierung genug unternimmt gegen Lebensmittelverschwendung.

Initiativen sollen für das Thema sensibilisieren

Die Zahlen ändern sich seit Jahren kaum: Bayernweit werden jedes Jahr rund eine Million Tonnen Nahrungsmittel weggeworfen, in ganz Deutschland sind es rund zwölf Millionen Tonnen. Das bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft und Ernährung will für das Thema sensibilisieren, durch Initiativen wie "Wir retten Lebensmittel" oder eine Zusammenarbeit mit dem bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga Bayern).

Dabei werden in teilnehmenden Gaststätten verschiedene Portionsgrößen angeboten und die Möglichkeit geboten, Essensreste mitzunehmen. 150 Gastronomiebetriebe seien Teil des Modellprojekts "Initiative gegen Lebensmittelverschwendung in der Gastronomie", berichtet Ministeriumsvertreter Malte Rubach. 142 Mal seien die angebotenen Unterlagen – Tischaufsteller, Plakate und Vorlagen für die Social-Media-Kommunikation – abgerufen worden. Nun solle der Kreis der teilnehmenden Gaststätten ausgebaut werden. 33.000 Betriebe sind bei Dehoga Bayern zusammengeschlossen.

Weitere Initiativen der vergangenen Jahre hätten unter anderem in ausgewählten Kitas stattgefunden. Bei "Kitas retten Lebensmittel" wurde zunächst untersucht, wie viele Lebensmittel in Kitatagesstätten entsorgt werden, um diese Menge anschließend zu reduzieren. Ergebnis der Aktion: 25 Prozent weniger Lebensmittel-Abfälle pro Kind.

Ehrenamt ist unverzichtbar

Auch Jugendliche habe man angesprochen, in Form eines "Escape Games" im Rahmen der Aktionswoche im vergangenen Herbst. Heuer soll es Modellkommunen geben, in denen beispielhaft die Zusammenarbeit aller Akteure auf dem Gebiet verbessert wird.

Denn: Das zivilgesellschaftliche Engagement sei unverzichtbar – da sind sich sowohl der Vertreter des Ministeriums als auch die Parteienvertreter im zuständigen Landtagsausschuss einig. Hervorgehoben werden Projekte wie die "Community Kitchen", bei dem ein Mittagstisch aus geretteten Lebensmitteln angeboten wird. 15 Tonnen Lebensmittelabfälle könnten so pro Woche eingespart werden.

Auch die mehr als 170 Tafeln in Bayern spielten eine große Rolle. Mit ihnen, betont Ministeriumsvertreter Rubach, gebe es eine gute Zusammenarbeit. So unterstützte das Ministerium etwa einzelne Standorte beim Ausbau der Logistik, also der Anschaffung von Kühlgeräten, Gabelstaplern oder Regalen.

Größter Anteil an Lebensmittelabfällen in Privathaushalten

Doch die meisten Lebensmittel werden nicht beim Erzeuger, der Gastronomie oder im Handel weggeworfen, sondern in privaten Haushalten. Mehr als die Hälfte der Lebensmittelabfälle entsteht dort.

Nikolaus Kraus von den Freien Wählern denkt nicht, dass die Politik das allein lösen kann. Er setzt im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung vor allem auf Eigenverantwortung. So werde bei öffentlichen Buffets oder großen Portionen in Gaststätten häufig in Kauf genommen, dass Reste weggeworfen werden müssten. Jeder könne sich an die eigene Nase fassen und etwa kleinere Portionen bestellen.

Sebastian Friesinger (CSU) appelliert dafür, Jugendlichen eine hauswirtschaftliche Bildung zukommen zu lassen. Wichtig sei, "dass wir die Jugend wieder bilden, was ein Lebensmittel wert ist".

Forderungen nach Eigenverantwortung und einem Landesprogramm

Die SPD-Abgeordnete Ruth Müller ist nicht zufrieden. Sie kritisiert die Kleinteiligkeit der staatlichen Aktionen: Sie seien unkoordiniert, unterfinanziert und erreichten kaum Wirkung. "80.000 Euro hat das Ministerium zur Verfügung und die verbrauchen sie zum Teil nicht."

Gleichzeitig delegiere die Staatsregierung die Verantwortung auf Ehrenamtliche und Kommunen, anstatt selbst aktiv zu werden. Es reiche aber nicht aus, sich darauf auszuruhen, sagt Müller. Sie fordert ein Landesprogramm gegen Lebensmittelverschwendung, ein "durchdachtes Konzept, das Verbraucher, Gastronomie, Handel und Landwirtschaft gleichermaßen in die Verantwortung nimmt".

Letztendlich sei aber jede und jeder Einzelne gefordert, durch bewusstes Einkaufen und eine gute Resteverwertung. Denn Lebensmittel zu retten, das spare bares Geld.

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