Lars Klingbeil ist der neue Chef der SPD-Fraktion.
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Nach Wahlpleite: Kann Klingbeil die SPD aus der Krise führen?

Nach Wahlpleite: Kann Klingbeil die SPD aus der Krise führen?

Drei Tage nach der historischen Schlappe bei der Bundestagswahl hat die gerupfte SPD-Fraktion einen neuen Chef: Parteichef Klingbeil soll jetzt auch im Parlament übernehmen. Doch nicht allen gefällt das.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Mittwochvormittag im Bundestag. Oben auf der Fraktionsebene über dem Plenarsaal haben sich Reporter und Kamerateams vor der roten Wand mit dem SPD-Logo aufgebaut. Die bisherige Kanzlerpartei mag bei der Wahl abgestürzt sein, aber Aufmerksamkeit ist ihr nach wie vor sicher. Denn nicht zuletzt von der Personalentscheidung an diesem trüben Februartag hängt ab, ob sich für die Sozialdemokraten irgendwann wieder ein Lichtblick auftut.

Klingbeil mit 85,6 Prozent zum Fraktionschef gewählt

Mehr als anderthalb Stunden beraten die SPD-Abgeordneten hinter verschlossenen Türen. Dann macht das Abstimmungsergebnis die Runde: Mit 85,6 Prozent wählt die Fraktion den Parteivorsitzenden Lars Klingbeil zu ihrem neuen Chef. Ein ordentlicher, aber kein überragender Wert. Sein Vorgänger Rolf Mützenich, der nicht mehr antrat, hatte in der Vergangenheit deutlich besser abgeschnitten.

Klingbeil selbst nennt es ein "ehrliches Ergebnis", als er vor die Journalisten tritt. Und er lässt durchblicken, dass die Beratungen wohl durchaus kontrovers waren. Man habe schon gemerkt, "dass der Sonntag noch ein bisschen in den Knochen steckt". Gemeint ist die historische Wahlpleite der SPD, die nur noch 16,4 Prozent der Stimmen bekam.

Klingbeil verspricht "starken Auftritt" der SPD

Dennoch gibt sich der 47-Jährige zuversichtlich: "Wir sind jetzt aufgestellt für die nächsten Wochen, die herausfordernd werden." Damit bezieht sich Klingbeil auf anstehende Gespräche mit der Union über eine gemeinsame Koalition. Und er verspricht einen "starken Auftritt" der SPD. Mit dem Ziel, für mehr Wirtschaftswachstum, mehr Sicherheit und "mehr im Geldbeutel" der Menschen zu sorgen.

"Volle Unterstützung" bekommt Klingbeil von Carsten Träger, der in Bayern für die SPD als Spitzenkandidat angetreten war. Er traue Klingbeil zu, "dass er die SPD zu neuer Stärke führt", sagt Träger zu BR24. Der Fürther Abgeordnete macht aber auch deutlich: "Wir haben einen langen Weg zu gehen." Die Wahl habe gezeigt, "dass es ein Weiter-so nicht geben darf".

Scharfe Kritik von Jusos an Klingbeil

Genau das befürchten allerdings Klingbeils Kritiker, wie es sie beispielsweise in der Parteijugend gibt. Juso-Chef Philipp Türmer nahm sich Klingbeil schon am Tag nach der Bundestagswahl vor. Im "Spiegel"-Interview nannte er den Chef der Mutterpartei einen "der Architekten des Misserfolgs", der jetzt noch nach dem Fraktionsvorsitz greife. Und dann schob Türmer nach: "Dieses Vorgehen an solch einem für die SPD historischen Tag ist falsch."

Klingbeil weiß um die Vorbehalte. Nach seiner Wahl zum Fraktionsvorsitzenden bemüht er sich, sich als erfahrenen Spitzenmann zu präsentieren. Er habe bereits "zwei Koalitionsverhandlungen führen dürfen". Aus seiner Sicht eine gute Vorbereitung "auf das, was jetzt kommt". Klingbeil ist seit Dezember 2021 SPD-Vorsitzender. Vorher war er Generalsekretär der Partei.

Drohen der SPD neue Flügelkämpfe?

Der Niedersachse gehört zum "Seeheimer Kreis", dem rechten Flügel der Partei. Das unterscheidet ihn von seinem Vorgänger Rolf Mützenich. Mit der Wahl Klingbeils zum Fraktionschef könnten sich also die Gewichte bei den Sozialdemokraten verschieben – zumal mit Boris Pistorius ein zweiter Top-Sozialdemokrat eine entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung spielen dürfte, mit dem der linke SPD-Flügel eher fremdelt.

Um seine Kritiker zu besänftigen, kündigt Klingbeil nun eine Aufarbeitung der Wahlniederlage an. "Dieses Ergebnis wird Konsequenzen haben – programmatisch, personell, organisatorisch." Was das konkret bedeutet, dazu nur soviel: Die Parteispitze werde Anfang nächster Woche eine Fehleranalyse vornehmen.

Ein anderer hat längst Konsequenzen aus dem Ergebnis gezogen. Noch am Wahlabend hatte Olaf Scholz erklärt, dass er mit der Bildung einer neuen Regierung nichts mehr zu tun haben werde. Und so wirkt der Noch-Kanzler nach der Wahl des neuen Fraktionschefs am Mittwoch recht gelöst, als er in seiner Eigenschaft als frisch gewählter Abgeordneter den Sitzungssaal verlässt. Seine knappe Einschätzung zum Ergebnis: "sehr gut". Und schon verschwindet er im Aufzug.

Im Video: SPD-Bundestagsabgeordneter Roloff aus Stimmkreis München-Süd

SPD-Bundestagsabgeordneter Sebastian Roloff aus dem Stimmkreis München-Süd
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SPD-Bundestagsabgeordneter Sebastian Roloff aus dem Stimmkreis München-Süd

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