Interview // Afrob "Diese Diskussion gehört in die Neunziger und nicht ins Jahr 2016"
Das Reimemonster aus der Stuttgarter Kolchose steigt auf seinem mittlerweile sechsten Soloalbum ins "Mutterschiff". Im Interview erklärt Afrob, wie das so geht mit dem Future-Sound und wieso Rap keine Dogmen braucht.
PULS: Afrob, dein neues Album heißt "Mutterschiff" - das klingt nach Weltraum und unendlichen Weiten. Bist du Sci-Fi-Fan?
Ja, ein bisschen. Ich hab früher "Star Trek" geguckt, die Serie mit Jean-Luc Picard und so. Ich mag das einfach - wie sich Menschen die Zukunft vorstellen. Mich interessiert die Zukunft.
Im Promoschreiben zu deiner neuen Platte heißt es, deine Platte sei Future-Sound und klinge nach dem Jahr 2200. Wie hast du das hingekriegt?
Ich merke, dass sich viele Leute da so ein bisschen dran aufhängen. Ich finde das ist fifty-fifty, da ist auch traditioneller HipHop drauf, wenn du mich fragst. Aber klar, es ist teilweise so, dass die Platte so einen Future-Sound hat, und wenn man das irgendwie umsetzen möchte, dann bedient man sich halt bei Instrumenten, die dieses Gefühl von Weite und Unendlichkeit vermitteln. Also Synthies, viele 80er-Jahre-Synthies. Flöten. Was auch gut funktioniert, ist die Symbiose mit tiefen Bässen. So tiefe, stehende Moog-Bässe zum Beispiel - einfach um diese Weite und Breite zu unterstützen. Dann fühlt sich das auch so mutterschiff-mäßig an.
Im deutschen und im US-HipHop gibt es ja gerade so einen kleinen Generationenkonflikt. Fans und Vertreter von HipHop aus den "Goldenen Neunzigern" gegen die Kids der Cloud-Rap-Bewegung. Die Alten sagen: "Das ist doch kein Rap, was ihr da macht." Die Jungen sagen: "Was ihr da in den Neunzigern gemacht habt, geht mir am Arsch vorbei." Du bist ja jetzt auch schon ein Weilchen dabei - wie siehst du das?
Ich finde, diese Diskussion ist einfach nur Zeitverschwendung. Was juckt mich das, ob neue junge Leute mich kennen oder nicht kennen? Das ist ihr gutes Recht, zu sagen: "Ey, ich hab damit nichts zu tun, ich bin mit 50 Cent aufgewachsen." Das ist immer dieses Dogmatische im Rap. Auf der einen Seite ist das ja ok, auf der anderen Seite… Man kann nicht sagen, was Rap ist und was nicht Rap ist. Das steht keinem zu. Nee, ich sag das sehr oft: Diese Musikrichtung ist offen für alle Leute, und jeder interpretiert das so, wie er das möchte, und wenn er einfach 1990 geboren ist oder 1995 und keine Ahnung von Pete Rock hat - deswegen ist er nicht weniger HipHop. Das ist echt lächerlich, diese Diskussion gehört in die Neunziger und nicht ins Jahr 2016.
Auch die Business-Modelle haben sich geändert - du kommst aus einer Zeit, wo dieses klassische Labelmodell noch dominiert hat. Das bricht ja jetzt mehr und mehr weg, es gibt viele junge Künstler, die Vertrieb, Vermarktung und alles andere selber in die Hand nehmen. Und das erfolgreich.
Die machen das absolut Richtige! Es geht doch im HipHop darum, seine eigenen Ideen umzusetzen, und zwar genau so, wie man sich das vorstellt. Ohne, dass da einer von der Plattenfirma kommt und sagt, wie das zu klingen hat. Das ist dann auch diese Anti-Haltung von Rap, zu sagen: Hey, wir machen das mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Ich kann sowieso nicht nachvollziehen, dass jemand der mehr als 200.000 oder 300.000 Klicks auf Youtube hat, noch bei einem Major-Label unterschreibt. Das ist doch das Dümmste, was man machen kann.
So oder so: HipHop bleibt ungebrochen die größte weltweite Jugendkultur. Woran liegt's?
Weil es eine zugängliche Musik ist, es ist eine recht junge Musikkultur und für mich auch die bestimmende auf der Welt. Ich glaub, Obama wäre ohne HipHop nicht möglich gewesen.