Liebe sticht Hass Bird Berlin wehrt sich gegen AfD-Shitstorm
Nach einem Auftritt bei der Veranstaltung „Nein gegen die AfD-Hetze“ in Nürnberg wird Bird Berlin im Internet angefeindet – und reagiert gekonnt. Im Interview hat er uns verraten, wie er gelernt hat mit Hasskommentaren umzugehen.
Eigentlich war es ein ganz typisches Bird Berlin-Konzert auf der „Nein gegen die AfD-Hetze“ Veranstaltung - mit viel Glitzer, Konfetti und Love. Allerdings hat die AfD Nürnberg nach dem Auftritt Bilder von Birdi auf Facebook gepostet, mit Überschriften wie "Wer solche Gegner hat, macht nicht viel falsch." Andere Seiten unterstellten ihm sogar Pädophilie. Unter den Posts haben sich die Hasskommentare gegen Birdi überschlagen.
PULS: Birdi, wie ging es dir, als du die ganzen Kommentare gelesen hast?
Bird Berlin: Zum Glück war ich Sonntag ein bisschen wandern und da recht internetlos. Als ich abends heimkam, hab ich mir ein Butterbrot gemacht und mir die Kommentare durchgelesen. Ich war recht erstaunt, wie viel da passiert - aber über die Art gar nicht so erschrocken. Es ist so, dass ich jetzt seit 13 Jahren auf der Bühne stehe und sehr oft mit ganz liebevollen Reaktionen zu tun hab. Aber ab und zu auch mit Hässlichkeiten. Ich hab da drin so eine gewisse Übung und durch meine Natur vielleicht auch eine gewisse Geduld, mir sowas dann auch anzuhören und damit dann auch ganz okay umzugehen. Das Ding ist: Mir geht‘s damit irgendwie nicht schlecht. Das perlt an mir ab, als wäre ich aus Teflon.
Besonders dein Bühnenoutfit war den Leuten von der AfD scheinbar ein Dorn im Auge. Wobei das ja auch nichts Neues ist, dass du meistens oberkörperfrei und mit Radlerhose auf der Bühne stehst. Hat das einen Grund, dass du genau das trägst?
Der Grund ist ein ganz pragmatischer: Da ich ein dicker Mensch bin und sehr schnell ins Schwitzen komme, behindern mich Klamotten. Wenn ich ein T-shirt oder eine Hose trage, dann klebt das sehr schnell an meinem Körper und ich mag‘s dann einfach, frei zu sein – und das Glitzer hält besser auf meiner nackten Haut. Das macht viel mehr Spaß, sich so auf der Bühne zu bewegen.
Besonders absurd war ja auch der Vorwurf, dass du – wohl wegen dieser Freizügigkeit – eine Gefahr für die Kinder im Publikum wärst. Wie wehrt man sich denn am besten gegen solche Vorwürfe?
Ich hab sehr lange gegrübelt, ob ich einen Post mache, oder nicht, weil ich den ganzen Spinnern keine Plattform geben mag. Aber es war so viel beleidigendes und verleumdendes dabei, dass ich das einfach nicht stehen lassen konnte. Eben auch, um ein Zeichen zu setzen, dass es eine menschliche Grenze gibt. Und dass es eine riesige Mehrheit gibt, die ganz anders denkt – wie man dann eben auch gesehen hat, an den Reaktionen bei mir auf Facebook und Instagram. Es haben sich auch ganz viele Türsteher aus Clubs gemeldet, wo ich schon mal gespielt hab. Die haben gemeint, wenn mich jemand bedroht, dann darf ich sie gerne anrufen. Sie kommen for free vorbei und beschützen meine Wohnung. Aber ich glaub, ich bin jetzt ein bisschen vom Thema abgekommen.
Ist auf jeden Fall sehr schön, dass du da so viel Support bekommen hast...
Also, was hab ich gemacht? Ich hab mich dazu entschlossen, dass ich einen Post schreiben mag. Und was ich so krass fand, war, dass es ganz viele Leute gab, die sich aufgrund des Posts meine Songs runtergeladen haben. Und ich hab jetzt in einem Tag 250€ an Downloadeinnahmen gemacht. Die werde ich –wie angekündigt in dem Post – an EXIT spenden. Das ist eine Organisation, die sich darum kümmert, dass Ex-Nazis aus ihrem Kreis rauskommen. Und das fand ich ganz passend zu dem Thema.
Wie gehst du sonst mit negativen Kommentaren um?
Ich geh‘ dann meistens aus der Öffentlichkeit raus und schreib einfach eine persönliche Nachricht - weil dann die Chance ein bisschen größer ist, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Wenn die Profilierung nicht mehr stattfindet, kann es direkt um die Sache gehen. Meine Erfahrung zeigt leider, dass ganz häufig keine Reaktion kommt - oder zumindest keine gute. Trotzdem ist es das immer wert, mit Menschen zu sprechen. Weil nur so schaffen wir’s, ein paar Leute wieder auf die, wie ich finde, gute Seite zu holen.
Was würdest du denn anderen Leuten raten, die von solchen Hasskommentaren betroffen sind?
Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich ganz viele Menschen um mich herum hab, die mir Rückhalt geben. Wenn man sich unwohl fühlt und das Gefühl hat, man ist alleine, dann ist es auch cool, sich Hilfe zu holen. Vielleicht einfach bei der Polizei anrufen und fragen – das hab ich auch schon gemacht. Und dann leiten die einen an Leute weiter, die einem helfen können.
Sendung: Filter, 02.10.2018 - ab 15.00 Uhr