Blond im Interview "Über Menstruation zu sprechen sollte Normalität sein"
Blond machen Musik über Tabuthemen – ohne erhobenen Zeigefinger, dafür aber mit Humor. Nina, Lotta und Johann haben mit uns über ihr Debütalbum "Martini Sprite", Feminismus und ihre Heimatstadt Chemnitz gesprochen.
PULS: Auf eurer Single "Es könnte grad nicht schöner sein" singt ihr von Menstruation, ihr habt einen Song über Mansplaining und in "Match" geht es darum, dass man zum Glücklichsein keine Beziehung braucht. Wie kam es, dass auf eurem Debütalbum "Martini Sprite" solche feministischen Themen in den Fokus gerückt sind?
Nina: Das war gar keine bewusste Entscheidung. Aber ich bewege mich eben als Mädchen oder Frau in dieser Welt, weshalb mir bestimmte Sachen auffallen und mich gewisse Themen, die ich nicht so schön finde, interessieren. Die möchte ich dann auch ansprechen, weil sie mich beschäftigen. Aber wir haben uns nicht gesagt: "Okay, für dieses Album brauchen wir feministische Themen!"
Ihr selbst bezeichnet euch ja auch nicht als feministische Band – wieso eigentlich?
Nina: Wir bezeichnen uns privat selbstverständlich als Feministinnen – und zwar alle drei! Wir sind aber keine explizit politische oder feministische Band, deshalb verwenden wir in dem Kontext den Begriff auch eigentlich gar nicht. Aber natürlich finden wir es wichtig, dass die Leute Feministen und Feministinnen sind.
Würdet ihr sagen, dass besonders für Mädchen und junge Frauen weibliche Vorbilder auf der Bühne wichtig sind?
Lotta: Uns ist schon aufgefallen, dass wir unbewusst früher viel Musik gehört haben mit weiblichen Sängerinnen und uns das scheinbar geprägt hat. Nach unseren Konzerten kommen kleine Mädchen zu uns an den Merch-Stand und erzählen uns, dass sie jetzt auch Bock bekommen haben, Musik zu machen. Wenn man mehr Frauen auf der Bühne sieht, kommen junge Mädchen eher auf die Idee, mal in einer Band zu spielen – und deshalb ist das schon wichtig.
Johann, wie ist es eigentlich für dich als Mann Songs über Menstruation oder Mansplaining zu spielen?
Johann: Normal. Es sollte eigentlich auch Normalität sein, dass man darüber reden kann und auch, dass Männer darüber reden und keine Scheu davor haben. Also es fühlt sich für mich überhaupt nicht komisch oder absurd an.
Euer Album "Martini Sprite" ist von einer gewissen Selbstironie durchzogen, was sich auch im lockeren Sound widerspiegelt. Der Song "Sie" sticht da aber raus, weil er textlich eher ernst und musikalisch zurückhaltender ist – was bedeutet der Song für euch?
Nina: Ich finde der Song vertont recht gut das, was der Text beschreibt: dieses ängstliche nach Hause Laufen. Ich habe mich in meinem Freundeskreis umgehört und gemerkt, dass viele Mädchen solche Sachen wie sexuelle Übergriffe, sexualisierte Gewalt, Stalking oder schlimmeres erlebt haben. Irgendwie hat jede damit zu tun und daran zu knabbern in der Zukunft. Das ist meistens schon Jahre her, aber man ist als Frau so angearscht, weil man irgendwann mal irgendwas erlebt hat, das einen sein Leben lang begleitet. Wenn man so eine Angst zulässt, gibt man ein Stück weit seine Freiheit her und ärgert sich so darüber: "Wieso habe ich jetzt so Angst, warum kam dieser Idiot in mein Leben und hat irgendwas gemacht, dass ich jetzt immer solche Angst habe?"
Weil du gerade schon von persönlichen Erfahrungen sprichst, die eure Musik prägen: Inwiefern hat euch eure Heimatstadt Chemnitz als Band beeinflusst?
Johann: Chemnitz ist für uns eine ideale Stadt, um Musik zu machen, weil es eine schöne Musikszene gibt. Man kennt sich untereinander, es gibt so ein großes Proberaumhaus und ein Studio, wo man sich eigentlich immer sehr schön austauschen kann. Es gibt viele kleine Clubs, in denen wir verkehren - und da konnten wir unsere ersten Auftritte spielen. Und die Mieten sind sehr günstig, deshalb kann man sich hier auch leisten, Musik zu machen.
Nina: Dazu kommt noch so ein Freundeskreis, mit dem wir schon seit Anfang an Musikvideos drehen. Unsere Fotos wurden auch immer von Freunden gemacht. Ich glaube daher kommt dann auch dieser DIY-Charakter, den viele Sachen bei uns haben.
Sendung: PULS am 06.02.2020 - ab 19.00 Uhr