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Chiemsee Reggae Festival Sizzlas Auftritt abgesagt

Sizzla soll draußen bleiben. Nach Protesten von Schwulenverbänden und Menschenrechtsaktivisten hat das Chiemsee Reggae Festival den homophoben Reggae-Superstar wieder ausgeladen. Aus Sicherheitsgründen - nicht aus Überzeugung.

Stand: 26.08.2010 | Archiv

Sizzla, Reggae Compassionate Act | Bild: Chiemsee Reggae Summer; Montage: BR

Bereits im Vorfeld hatten Schwulenverbände, der Kreisjugendring München Stadt und allen voran der Grünen-Politiker Volker Beck die Absage des Sizzla-Konzertes gefordert. Jetzt lenken die Veranstalter ein, weil sie Angst vor Ausschreitungen haben. "Gruppierungen aus dem linksradikalen Spektrum gefährden mit der Anmeldung mehrerer Demonstrationen in unmittelbarer Nähe des Festivalgeländes die Sicherheit der Veranstaltung," heißt es in einem Statement der Veranstalter auf ihrer Website. "Wir weisen allerdings ausdrücklich darauf hin, dass Künstlern wie Sizzla eine Plattform gegeben werden sollte, im Rahmen der geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätze ihre Musik darzubieten."

Volker Beck, der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, erklärt auf seiner Homepage erleichtert:

Ist der Reggae Compassionate Act...

Die Diskussion um Auftritte des homophoben Reggae-Künstlers Sizzla wird reflexartig bei jedem geplanten Konzert aufs Neue geführt. Keiner – so beschweren sich Schwulenorganisationen zurecht – würde so sehr gegen den so genannten Reggae Compassionate Act verstoßen wie Sizzla, den er und viele andere jamaikanische Dancehall-Künstler vor ein paar Jahren unterschrieben haben. Wer seinen Namen unter dieses Dokument setzt, verspricht, ab sofort keine Gewalt verherrlichenden, rassistischen oder homophoben Lieder zu performen.
Eine gute Idee, aber an der Umsetzung hapere es, findet der Reggae-Journalist der BBC und Bob Marley-Biograph John Masouri:

... ein Reggae Commercial Act?

Künstler, die den Reggae Compassionate Act nicht unterschreiben, haben weniger Chancen, im Ausland gebucht zu werden. Kritiker sprechen deshalb auch vom "Reggae Commercial Act", weil viele Dancehall-Artists ja nur deshalb unterschreiben würden, um sich so gewissermaßen die Lizenz zum Touren und Geldverdienen außerhalb Jamaikas zu holen.

Derzeit wird an einer neuen, wirkungsvolleren Fassung des Reggae Compassionate Act gearbeitet. Das werde aber wohl auch nicht viel verbessern, prophezeit die Kulturwissenschaftlerin Carolyne Cooper von der Mona Universität in Kingston. Sie halte nichts davon, den Reggae-Künstlern kommerzielle Daumenschrauben anzulegen – denn nichts anderes tue ihrer Meinung nach der Reggae Compassionate Act. Sie findet auch den Ansatz, man müsse Künstler wie Sizzla "erziehen" und ihm eine entgegengesetzte Meinung aufzuzwingen, falsch:

Gegen die Wand

Dass Sizzla nicht auf dem Chiemsee Reggae Summer auftreten darf, ist schon einmal ein Anfang. Auch, wenn es dabei weniger um die Überzeugung der Veranstalter geht als mehr um deren Sorge um die Sicherheit der Veranstaltung. Und auch die Arbeit an einer wirkungsvolleren Fassung des Reggae Compassionate Act ist zwar nicht per se erfolgsversprechend, aber ein Schritt in die richtige Richtung. "Ich distanziere mich ganz klar von jeder Homophobie" erklärt Gentlemen öffentlich, bekanntlich ein guter Freund von Sizzla. Und er habe schon einige Diskussionen mit ihm über dessen Texte geführt: "Aber da läufst du gegen eine Wand", so Gentleman. Läuft auch der Protest gegen die homophobe Haltung einiger Künstler im Reggae gegen die Wand? Oder laufen irgendwann endlich die, die ernsthaft noch der Überzeugung sind, dass Homosexuelle sterben müssen, gegen eine dicke Mauer?


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