Kommentar zum Comeback des Fresh Prince Gettin Shitty With It
Will Smith ist auf dem offiziellen WM-Song vertreten und es sieht gerade danach aus, als würde der Fresh Prince sein Comeback als Rapper starten. Vier Gründe, warum das für jeden echten Musikfreund ein absoluter Alptraum ist.
Dass der offizielle WM-Song schlecht ist - wen überraschts? Es ist ein offizieller WM-Song, in diesem Genre ist musikalische Qualität so unüblich wie Moral und Anstand unter FIFA-Funktionären. Kein Grund also, die Fassung zu verlieren.
Was einem allerdings wirklich zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass neben Diplo, Nicky Jam und Era Istrefi auch Will Smith mit zwei Strophen beteiligt ist. Will Smith war ganz, ganz früher mal ein erfolgreicher Rapper, dann war er lange Zeit ein erfolgreicher Rapper und außerdem der erfolgreichste Schauspieler dieses Sonnensystems, in letzter Zeit war Will Smith dann nur noch ein verhältnismäßig erfolgreicher Schauspieler und gerappt hat er gar nicht mehr. Jetzt deutet aber alles darauf hin, dass Will Smith sein Comeback als Rapper plant. Und das ist eine sehr schlechte Nachricht. Es ist dringend an der Zeit, die rosarote Neunziger-Nostalgie-Brille abzunehmen und sich klar vor Augen zu führen, warum ein rappender Will Smith im Jahre 2018 für jeden echten Musikfreund einen schrecklichen Alptraum darstellt.
Will Smith ist der unauthentischste Rapper der Welt
Die wichtigste Währung im Rap? Manche sagen: Flows, Skills, Styles, Rhymes oder Bars. Klar, warum nicht? Auch Drogenkonsum, Markensneaker und Instagram-Follower werden heutzutage immer wichtiger, schön und gut. Aber am Ende zählt halt immer noch, ganz klar: Die Authitenzität. Die Realness! Und auf dem Gebiet ist der Fresh Prince erwiesenermaßen ein Totalausfall.
Im Vorfeld des Champions League Finales 2013 hat sich Will Smith im Rahmen eines Celebrity-Events bereiterklärt, einen Elfmeter zu schießen. Das Ergebnis lässt sich in einem Youtube-Video bestaunen, das mit "WILL SMITH with the WORST PENALTY of ALL TIME" absolut zutreffend betitelt ist.
Sogar meine Oma schießt einen besseren Elfmeter als Will Smith, und meine Oma ist tot. Dieser Elfmeter ist so schlecht geschossen, dass es niemanden überrascht hätte, wenn der Ball vor Scham Selbstmord begangen hätte. Gegen diesen Elfmeter ist der legendär schlechte Elfmeter von Diana Ross aus der WM-Eröffnungszeremonie 1994 ein atemberaubender Kunstschuss. Sogar Loris Karius hätte diesen Elfmeter gehalten. Wer so einen Elfmeter schießt, der hat offensichtlich nicht nur noch nie in seinem Leben einen Ball getreten, er hat anscheinend auch so wenig Ahnung von Fußball, dass er eine der Grundregeln dieses Spiels nicht verstanden hat. Es heißt: "Das Runde gehört ins Eckige", nicht: "Das Runde ist dazu da, unbeholfen darüber zu rutschen wie ein 80 Kilo schweres Rehkitz auf dem Eis."
Kann jemand, der so einen Elfmeter schießt, wirklich auf einem Fußball-WM-Song über Fußball rappen und danach noch in den Spiegel schauen? Nur, wenn er der unauthentischste Rapper der Welt ist. Beweisführung abgeschlossen.
Will Smith war schon immer der zahnlose Kropf am Hals von HipHop
1988 erschien "He’s the DJ, I’m the Rapper", das zweite Studio-Album von DJ Jazzy Jeff & The Fresh Prince (aka Will Smith). "Parents Just Don’t Understand", die zweite Single aus diesem Album, erhielt ein Jahr später den allerersten Rap-Grammy.
Nur so für den historischen Kontext – 1988 sind unter anderem auch "It Takes a Nation of Millions to Hold Us Back" von Public Enemy, "Straight Outta Compton" von N.W.A., "Follow the Leader" von Eric B & Rakim, "Long Live The Kane" von Big Daddy Kane oder "Strictly Business" von EPMD erschienen. Großartige Alben, ästhetisch herausfordernd, kontrovers diskutiert, bis heute wegweisend und voller Songs, die es mehr als verdient hätten, den ersten Rap-Grammy der Geschichte zu erhalten. "Parents Just Don’t Understand" dagegen ist ein harmloser, lustiger Song darüber, dass Eltern manchmal streng sind. Nun mag man sagen: Was kann denn Will Smith dafür, dass die Grammy Jury eben familienfreundlichen, harmlosen HipHop bevorzugt hat? Aber eben das ist der Punkt: Seine gesamte musikalische Karriere hindurch hat der Fresh Prince eine fürchterlich weichgespülte und zahnlose Version von HipHop präsentiert, bei der sich selbst der hinterletzte weiße Konservative funky und jiggy fühlen durfte – und im Gegenzug dafür konnte sich Will Smith mit dem Geld und den Auszeichnungen brüsten, die ihm das Establishment dankend hinterherwarf.
Selbst das wäre nicht weiter verwerflich, hätte Smith daraus nicht irgendwann ein moralisches Überlegenheitsgefühl abgeleitet. Als er aber 1999 einen MTV Video Music Award für sein Video zu "Miami" erhielt, erdreistete sich Will Smith – damals schon ein enorm erfolgreicher Blockbuster-Schauspieler – in seiner Dankesrede folgendes zu sagen: "I never killed anybody in none of my records. I never used no profanity in none of my records and I still managed to get up here.” Gratulation! Die einzig richtige Antwort lieferte Eminem ein Jahr später in seinem Song "The Real Slim Shady": "Will Smith don’t gotta cuss in his raps to sell records / Well I Do / So fuck him and fuck you, too!”
Das musikalische Comeback von Will Smith begann mit diesem Song
So ekelerregend weichgespült die Musik von Will Smith schon immer gewesen sein mag – sie ging immerhin gut ins Ohr. "Summertime", "Miami", "Gettin Jiggy With It", ja sogar "Wild Wild West" – das sind nette Songs, die in ihrer völligen Bedeutungslosig- und Streberhaftigkeit immerhin schmerzfrei zu hören sind. Das musikalische Comeback des Will Smith allerdings begann 2017 mit diesem Song hier:
Zu behaupten, dieser Song sei schmerzfrei zu hören, ist so wie zu behaupten, Will Smith könne schmerzfrei einen Fußball treten. Falsch.
Sollte Will Smith jemals gewusst haben, was Swag ist – er hat es vergessen!
Neben dem offiziellen WM-Song ist vor einigen Tagen auch ein Video erschienen, das Will Smith im Musikstudio zeigt. Da erzählt er dann davon, wie "excited" und "re-energized" er sich fühle, "creating wildly" sei die Devise, und sein "Beast" habe er auch wiedergefunden. Als wolle er die schlimmen Befürchtungen, die sich bei diesem Geseier einstellen, umgehend bestätigen, rappt er dann auch noch einen Song. Der beginnt mit der Zeile "20 years of Swag y’all just witness", handelt im Mittelteil hauptsächlich davon, wieviel Geld Will Smith mit seinen Filmen verdient hat und dass seine Frau und er trotz Scheidungsgerüchten immer noch glücklich verheiratet sind, und endet mit Protzereien darüber, wieviel Geld ihre gemeinsamen Kinder mittlerweile verdienen. Der dezent ergraute Will Smith trägt dazu ein navy blaues Poloshirt mit weißen Streifen. Das ist nicht "Swag", das ist "Dad" – "Stinkreicher Hollywood-Dad Anfang 50 in der Sinnkrise", um genau zu sein.
Es heißt ja gern, Rap sei ein Sprachrohr der Minderheit, und tatsächlich haben in den letzten Jahren immer mehr Minderheiten Hip Hop als Ausdrucksform für sich entdeckt. Es gibt körperlich behinderte Rapperinnen und Rapper, es gibt Lesben, Schwule und Transgender am Mic, es gibt Rapperinnen und Rapper aller Ethnien und Religionen aus allen Winkeln dieser Erde. Das ist großartig und die meisten von ihnen haben spannende und wertvolle Dinge zu erzählen, aber – auch auf die Gefahr hin, hier die Pfade der Political Correctness zu verlassen: Stinkreiche Hollywood-Dads Anfang 50 in der Sinnkrise, das ist eine Minderheit, die niemand, wirklich niemand im Rap braucht. So viel Exklusivität muss sein.
Sendung: Filter, 28.05.2018 - ab 15.00 Uhr