Hype um Brockhampton Im Kollektiv liegt die Stärke
Die 15-köpfige HipHop-Crew Brockhampton nennt sich zwar Boyband, hat aber mit Gruppen wie One Direction nichts gemeinsam. Ihr Erfolgsgeheimnis haben sie sich von anderen geborgt. Stichwort: Wu-Tang Clan und Odd Future.
Der Begriffs des Kollektivs hat nirgends eine so große Bedeutung wie im HipHop. Der Wu-Tang Clan wurde dank des ikonischen Wu-Logos und dem dazugehörigen Modelabel zu einer Marke, die bis heute Bedeutung hat. Das HipHop-Kollektiv Odd Future Wolf Gang Kill Them All (OFWGKTA) um Tyler The Creator hat die Massen fasziniert durch den enormen Output an Material, gepaart mit einem unkonventionellen wilden Image. Und auch die Beginner proklamierten Ende der 90er auf ihrem für Deutschrap wegweisenden Album "Bambule" die Kraft des Rudels auf dem Track "Füchse". Die Erfolgsformel ist dabei simpel: Im Kollektiv liegt die Stärke.
Es gibt selbst unter HipHop-Fans kaum jemanden, der spontan alle Mitglieder des Wu-Tang Clans oder von Odd Future aufzählen kann. Gleiches gilt auch für die aktuell krass gehypte HipHop-Crew Brockhampton, zu deren 15 Mitgliedern neben Rappern auch Musiker, Produzenten, Webdesigner, Fotografen und Künstler gehören. Kennengelernt haben sich die Mitglieder in einem Kanye-West-Fanforum. Nachdem sie sich anfangs gegenseitig Tracks zugeschickt hatten, zog das Kollektiv schließlich gemeinsam nach Los Angeles. Dort basteln sie fleißig an Material - und bei der Größe des Kollektivs verliert man schon mal schnell den Überblick, wer eigentlich was macht. Umso faszinierender ist das Ergebnis dieser gebündelten Kreativpower. Brockhampton veröffentlichen gefeierte Tracks und Mixtapes wie am Fließband. Alleine 2017 sind mit "SATURATION" und "SATURATION II" schon zwei Mixtapes erschienen.
Genregrenzen sprengen und Output auf allen Kanälen
Musikalisch bewegt sich die Crew dabei im weitesten Sinne im HipHop-Kosmos: Es gibt verschiedene Rapstils, musikalisch wird aber auch immer wieder aus dem Genre ausgebrochen. Dadurch findet man auch gitarren- oder synthielastige Songs auf ihren Veröffentlichungen und das Wort Mixtape erlangt wieder die eigentliche Bedeutung zurück. Die "SATURATION"-Alben sind beide über 16 Tracks lang, aber von Monotonie fehlt jede Spur. Das kann man auch von ihrem Internetauftritt und den Musikvideos sagen, die einen ganz eigenen Style haben und sich deutlich unterscheiden von den protzigen "Kohle, Karren und Nutten"-Clips anderer HipHop-Acts. Das kommt bei Musikfans und Kritikern weltweit gut an und es macht einen Riesenspaß, der Band online zu folgen. Kein Wunder also, dass andere Crews bereits angefangen haben, sich von Brockhampton inspirieren zu lassen.
Der Kopf der Gruppe ist Rapper Kevin Abstract, der parallel zur Band auch erfolgreich Solomaterial veröffentlicht und eine eigene Fernsehshow hat. In einem Interview mit The Fader beschreibt er seine Vision von Brockhampton als eine Band, die zugleich aber auch Medienfirma und Werbeagentur ist. Dieser ganzheitliche Ansatz ist nicht neu und auch Odd Future-Kopf Tyler The Creator hatte schon lange davon geträumt, eine eigene Plattform zu haben, die er mit seinem vielseitigen Kreativoutput füttern kann. Das Ergebnis ist seine eigene App, für die er unter anderem eine Animationsserie produziert oder Skatevideos postet. Und irgendwie wäre es auch nicht verwunderlich, wenn's bald eine Brockhampton-App geben würde. An Ideenmangel sollte es nicht scheitern.
Der enorme Kreativoutput hat aber auch seinen Preis. Genau wie andere Rapkollektive vor ihnen werden Brockhampton vermutlich irgendwann auseinanderfallen und einzelne Mitglieder solo weitermachen. Klingt jetzt dramatisch, ist aber ein ganz natürlicher Prozess. Und bis es erstmal soweit ist, kann man sich weiter auf neue Musik freuen. Das nächste Album ist schon in Arbeit und soll zeitnah erscheinen – dem Kollektiv sei Dank.
Sendung: Freundeskreis vom 27.09.2017 ab 10 Uhr