Interview mit dem HipHop-Archiv "Jetzt lasse ich alles auf die Menschheit los!"
Der Banksy des deutschen HipHop? Bei Twitter veröffentlicht ein PoloYoloBoii intime Fotos von Rappern aus den letzten 30 Jahren. Seine Identität ist aber geheim. Wir haben mit ihm gesprochen!
Von: Stefan Sommer
Stand: 24.04.2020
| Archiv
Bei Twitter entsteht gerade ein Museum für HipHop-Geschichte. Der User PoloYoloBoii postet seit Wochen Fotos von Rappern aus Deutschland und den USA, die er sich kaum bei Google zusammengesucht haben kann. Viele der Fotos haben selbst eingefleischte Fans so noch nicht gesehen. Wo hat er die her? Und die nächste Frage: Wer ist der Typ? PoloYoloBoii verrät seinen richtigen Namen nicht, beantwortet Interviewfragen mit einem Stimmverzerrer auf seiner Stimme – und die Gerüchteküche brodelt. Wir haben mit ihm gesprochen, um ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen.
PULS: Was ist das HipHop-Archiv?
PoloYoloBoii: Das HipHop-Archiv ist meine Twitter-Seite, die ich seit einigen Jahren betreibe. Allerdings war ich bislang nicht sonderlich aktiv. Vor einem Monat habe ich mich aber dazu entschieden, kuriose Fotos und Videos – einfach HipHop-Geschichte – zu veröffentlichen, da ich eine sehr große Sammlung an solchem Material besitze, die ich mir aus privater Neugier und Passion über die Jahre eben zusammengesammelt habe. Die Bilder und die Videos stammen aus ganz normalen Quellen, die habe ich über viele Jahre angehäuft. Ich habe mehrere WhatsApp-Gruppen mit Freunden gehabt, wo wir uns Kuriositäten rumgeschickt haben. Jetzt lasse ich alles auf die Menschheit los!
Wie kamst du auf die Idee?
Es war eine sehr spontane Idee. Ich habe eines nachts meinen Account-Namen geändert und habe angefangen, Fotos und Videos aus den letzten 30, 40 Jahren HipHop-Geschichte zu posten. Das Echo war direkt riesig. Das hat mich motiviert weiterzumachen. Momentan kann ich den Output auch so hochhalten, da ich auf Grund der Corona-Zeit beruflich mehr Freiraum habe.
Kann deine Seite für jüngere HipHop-Fans vielleicht eine Art Nachschlagewerk sein?
Ja, ich versuche zu zeigen, das HipHop größer ist, als die zehn angesagten Acts, die momentan die Playlisten dominieren. Natürlich kommen die auch in meinem Archiv vor, da es sehr gute Künstler sind. Allerdings poche ich schon darauf, dass ich Material aus den 80ern, 90ern und Nullerjahren finde, damit die jüngere Generation merkt: HipHop ist schon sehr lange da und es gab auch früher ganz besondere Künstler.
Verstehst du dich als HipHop-Archäologe?
Da HipHop mein Hobby ist und ich es mag, Fotos und Videos davon zu sammeln, verstehe ich es natürlich als großes Kompliment, wenn Leute mich HipHop-Archäologe nennen.
Was sind deine Verbindungen in die Szene?
In die Szene habe ich keine großen Verbindungen. Ich bin Fan. Ich war auf vielen Festivals, auf vielen Konzerten. Sobald Corona vorbei ist, werde ich das auch wieder tun. Ich kenne ein paar Rapper, aber das ist eher privat. In manchen Situationen habe ich ihnen auch helfen können, da ich auf aufgrund meines Berufs ein Händchen dafür habe, wie man sich im Internet präsentiert.
Warum muss deine Identität geheim bleiben?
Da ich in den Medien arbeite und der ein oder andere Experte mich vielleicht kennen könnte, will ich anonym bleiben. Ich will Privates und Berufliches nicht vermischen. Das HipHop-Archiv ist für mich Privatsache, Passion – und mein Job ist mein Job.
Bist du Rapper? Bist du Produzent? Bist du Fan?
Gerappt habe ich noch nie so wirklich. Ich habe – wie jeder Fan – mal versucht, was zu schreiben und Beats zu produzieren. Das war aber alles recht schlecht. Ich bin ein Fan und helfe Rappern, da wo ich kann. Bin aber sehr gespannt, was die Zukunft so ergeben wird mit dem Archiv.
Sendung: PULS am 24.04.2020 – ab 15.00 Uhr