Interview mit Lilly Among Clouds "Ich habe noch keine Ahnung, wer ich bin"
Und plötzlich ging alles ganz schnell: 2016 hat Lilly Among Clouds aus Würzburg noch beim PULs Festival gespielt, dann kam der Plattenvertrag und jetzt spielt sie auf dem SXSW. PULS hat sie in Austin, Texas wiedergetroffen.
Von: Dominic Holzer
Stand: 16.03.2017
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Lilly among Sound-Clouds: Der Name der Sängerin aus Würzburg geistert schon seit einigen Monaten durch die Blogs und Hipster-Zines - Grund: Sie sehen die Unterfränkin als Next-Big-Thing. Und ja, ihre Karriere ist der Popstar-Dream im Super-Zeitraffer: PULS Festival, Plattenvertag und jetzt ab in die USA zum SXSW.
PULS: Wow, Lilly, eigentlich gerade erst in Würzburg ins Flugzeug gestiegen und jetzt bist du hier beim SXSW. Wie fühlst du dich?
Lilly Among Clouds: Das Witzige ist, dass man voll vergisst, dass man in Amerika ist. Es sind hier ja auch viele Deutsche im "German House". Wenn ich ein bisschen länger in Amerika bin, switche ich ziemlich schnell auf den Ami-Modus. Hier fühlt es sich irgendwie nicht so an: "Boah, ich bin in Amerika", aber es ist halt trotzdem geil! Ich kann's gar nicht beschreiben.
Das klingt total entspannt. Beim SXSW spielt man ja schließlich nicht jedes Jahr. Was hast du denn erwartet?
Also, ich muss gestehen, das ist alles ein bisschen neu für mich. Das South by South West habe ich vorher nicht gekannt, muss ich gestehen. Die Dimensionen sind dir dann nicht so bewusst. Ich fand’s heute cool, weil wir beim bayerischen Abend spielen durften. Also Bayern kennt mich schon so weit, dass ich eingeladen werde, in Amerika beim bayerischen Abend zu spielen. Das ist cool.
Wie hast du dich denn auf den Auftritt beim SXSW vorbereitet?
Ich glaube, so richtig vorbereiten kann man sich nicht. Egal, wie du dich vorbereitest, du weißt einfach nicht genau, was auf dich zukommt. Was für mich ziemlich spannend war, war zum Beispiel, wie's mit dem Jetlag geht. Fliegen und dann am selben Tag - wenn du eigentlich noch Jetlag hast - abends gleich spielen. Eigentlich wär's für mich gerade 3 Uhr morgens und ich würde schlafen. Aber es geht erstaunlich gut. Ansonsten ist alles ganz normal, ein bisschen mehr proben, als sonst vielleicht. Und ich habe mir vorher noch neues Equipment gekauft, damit alles ein bisschen leichter zu tragen und zu verkabeln ist. Auch beim nächsten Auftritt hier muss alles schnell gehen. Das wird mir dann auch zurück in Deutschland helfen, weil ich bisher immer viel zu lange zum Aufbauen gebraucht habe.
Auf dem Festival hier ist die komplette Musikbranche versammelt. Was bedeutet dir das?
Es ist cool, die Chance zu haben, meine Musik vorzustellen. Ich denke mir aber mittlerweile auch: Es muss dabei nichts herauskommen. Ich bin da ganz entspannt. Bei meiner ersten, kleinen, eigenen Tour waren viele Leute da und das ist jetzt der Garant, dass ich bei der nächsten Tour auch wieder kleine Clubs spiele. So kann man sich vorarbeiten. Und wenn dann Musikbusinessleute da sind, die ihr Feedback geben, ist das sehr hilfreich. Ich habe noch keine Ahnung, wer ich bin. Ich muss das noch herausfinden. Die Leute sind dann immer ganz vorsichtig und sagen: "Ich will das jetzt nicht schlecht reden, aber..." Und ich sage dann immer: "Raus damit", weil ich weiß ja nicht, wie ich wirke. Dafür ist da Business halt cool. Es ist zwar ein bisschen gnadenlos, aber auch ehrlich.
Ich habe mitbekommen, dass es vor eurem Auftritt ein bisschen geholpert hat: Ihr hattet keinen richtigen Soundcheck. Wie war es dann auf der Bühne für dich und für euch als Band?
Ich habe ziemlich früh gelernt: Wenn was passiert, einfach weiter singen. Wenn es mal irgendwo gehapert hat oder irgendwas schief gegangen ist, darfst du das Feeling nicht verlieren. Es gibt Momente, da fliegt man kurz raus – die E-Gitarre ist zu laut und du hörst dich nicht mehr singen oder so. Dann musst du denken: Was kann ich machen, damit das, was ich singe, in dem Moment noch emotional und echt ist? Und das ist echt schwer. Manchmal schaffe ich's, manchmal auch nicht. Kann auch passieren, dass dann die letzten drei Lieder nur noch abgespult werden und man sich die größte Mühe gibt, sich nichts anmerken zu lassen. Das ist leider die Wahrheit.
Das Konzert im German House war erst der Auftakt beim SXSW. Ihr habt noch ein paar Tage hier und spielt auch noch einen Gig. Der zweite ist dann auch "open to the public" – also wahrscheinlich noch mehr Publikum. Welcher Auftritt ist dir denn wichtiger?
Es war cool, das Set einmal durchzuspielen. Es gab ein paar Probleme und jetzt weiß ich, ok, das das und das will ich beim zweiten Gig anders machen. Ich habe dann auch keinen Jetlag mehr und weiß, wo ich bin. Das ist ein anderes Gefühl. Natürlich ist auch ein anderes Venue immer anders. Du kannst nie vorhersehen, was passiert. Deswegen würde ich nie etwas als wichtiger oder als weniger wichtig sehen. Ich hatte schon ganz kleine Gigs, die super wichtig waren, weil sie im Nachhinein große Auswirkungen hatten. Man kann das vorher nie einordnen, sondern sollte immer alles geben. Und das habe ich mir, seit ich ernsthaft Musik mache, auf die Fahnen geschrieben.
Worauf freust du dich die nächsten Tage, wenn du mal nicht auf der Bühne stehst?
Ich habe Verwandtschaft hier und heute habe ich eine Mail von meinem Opa bekommen. Ich sehe den sonst nie und jetzt habe ich die Gelegenheit, ihn zu besuchen. Da freue ich mich wie blöd drauf, seit wir angekommen sind! Nicht, dass ich mich nicht auch auf die Konzerte freue, aber am Donnerstag nach den Konzerten fliege ich dann zu meinen Verwandten. Das ist für mich ein emotionales Highlight, ich freue mich sehr, dass das klappt.