Das "4hertz" macht zu Warum schon wieder ein Techno-Club in Nürnberg schließen muss
Mit dem "4hertz" macht jetzt nach dem "Nano" und dem "Waschsalon" der dritte Elektro-Club in Nürnberg innerhalb von zwei Jahren zu. In allen Fällen gab es Stress mit den Behörden. Hat die Stadt ein Problem mit Techno-Partys?
Das "Nano", der "Waschsalon", und nun auch das "4hertz" – sie alle mussten in den letzten zwei Jahren dichtmachen. Gemeinsam haben diese Clubs, dass sie vermehrt Techno-Partys und Afterhour-Events ausrichten – und dass sie Probleme mit dem Nürnberger Ordnungsamt hatten.
Die Betreiber des "4hertz" werden nach einer letzten Silvesterfeier die Türen schließen, obwohl sie den Laden vor noch nicht einmal zwölf Monaten übernommen hatten – früher war hier das "Nano". Deren Betreiber hatten eine Gaststättenerlaubnis, auf deren Basis sie das "Nano" aber als Discothek führten.
So wollten die "4hertz"-Mitbetreiber den Laden auch wieder schmeißen. Laut Mitbetreiber Serdal Dincer wurde mit dem Bauamt jedoch vereinbart, das "4hertz" als "Cocktailbar mit Tanzfläche" zu führen. Der Unterschied zu einem Club? Angeblich gar keiner. Das Ordnungsamt, so Serdal Dincer, hätte dann von dieser Absprache aber nichts wissen wollen, und den Betreibern Auflagen gegeben, die einen Club-artigen Betrieb unmöglich gemacht hätten – zum Beispiel Lautstärkebegrenzungen oder eine Mindestanzahl von Türstehern.
"Obwohl wir wegen der Gewerbeerlaubnis schon als Bar behandelt werden, sollen wir für einen 100-Personen-Laden drei Mann an die Tür stellen. Das sind jedes Wochenende enorme Kosten und die stehen in keinem Verhältnis zu dem, was in der Gewerbeerlaubnis steht. Da sind mehrere Faktoren zusammengekommen, die uns jetzt in die Knie zwingen."
- Serdal Dincer, 4hertz-Mitbetreiber im PULS-Interview
Spannungen zwischen Clubbetreibern und Ordnungsamt
Laut dem stellvertretenden Ordnungsamtsleiter Robert Pollack hätte die Gaststättenerlaubnis den Betreibern des "Nano" baurechtlich gar nicht ausgestellt werden dürfen – was Dincer und seinen Kollegen auch bewusst gewesen wäre.
Letztes Jahr bereits hatte Martin Weinmann, der Betreiber des Clubs "Waschsalon", nach einer großangelegten Drogenrazzia Vorwürfe gegen die Polizei und das Nürnberger Ordnungsamt erhoben. Die Polizei habe laut Pollack die Erfahrung gemacht, dass gerade bei Techno- und Afterhour-Veranstaltungen oft Drogen konsumiert würden. Trotzdem gäbe es vonseiten des Ordnungsamts keine Agenda, Techno-Clubs in Nürnberg am Betrieb zu hindern.
"Im Fall vom 4hertz hat Techno gar keine Rolle gespielt. Es darf dort nur eben kein Diskotheken-ähnlicher Betrieb stattfinden, weil das baurechtlich nicht zulässig ist. Es ist wichtig, dass uns die Leute vorher genau sagen, was genau sie durchführen möchten. Wir haben den Eindruck, dass das eher hinterm Berg gehalten wird, weil sie natürlich wissen, dass Vergnügungsstätten nur sehr eingeschränkt zulässig sind."
- Robert Pollack vom Ordnungsamt Nürnberg im PULS-Interview
Techno-Fans und Clubbetreiber sehen das anders: Sie fühlen sich von den Behörden gegängelt, durch die aggressive Polizeipräsenz in ihrer Wirtschaftlichkeit bedroht und beklagen mangelnde Kommunikation. Das Verhältnis zwischen Club-Betreibern und Gastronomen auf der einen Seite und den Behörden auf der anderen sei quasi nicht existent, sagt Dincer.
"Eine Beziehung ist für mich immer ein Miteinander. Und das besteht in Nürnberg auf keinen Fall – es ist eher ein Gegeneinander, und wir haben immer wieder zu spüren bekommen, wer am längeren Hebel sitzt. Nichtsdestotrotz haben wir dann von dem einen Projekt abgelassen und ein anderes gestartet. Da spreche ich nicht nur von den eigenen Projekten, sondern von der ganzen Community in Nürnberg. Seit drei bis vier Jahren sind Funktionäre im Ordnungsamt, die einem das Leben einfach schwer machen."
- Serdal Dincer, 4hertz-Mitbetreiber
Die Kommunikation zwischen Kulturschaffenden und Behörden scheint definitiv ausbaufähig zu sein. Das wäre auch wichtig – nicht nur für die Techno-Szene. Denn Nürnberg will 2025 Kulturhauptstadt werden, außerdem soll die Stadt eine eigene Uni bekommen. Ein gesundes und legales Nachtleben ist auch vor diesem Hintergrund wichtig, findet der gebürtige Nürnberger Serdal Dincer.
"Die Lokalitäten haben oft Schwierigkeiten, die Gäste zu anzulocken – weil sie nicht so agieren können, wie sie wollen. Zum Beispiel Werbung machen, ohne gleichzeitig bei den Behörden Aufsehen zu erregen. Das schreckt auf jeden Fall Leute ab. Mit jeder Veranstaltung, die wir schmeißen, machen wir Werbung für die Stadt Nürnberg. Es kommen Leute aus Rumänien, Italien oder England, die vielleicht erst durch unser Booking auf die Stadt aufmerksam werden. Und dann machen wir mit ihnen eine Stadtrundfahrt: zum Aufmarschgelände, ins Dokuzentrum, auf die Burg. Und dann merken sie, wie schön Nürnberg eigentlich ist."
- Serdal Dincer, 4hertz-Mitbetreiber
Sendung: Filter, 7.12.2018, ab 15 Uhr