Orbit Festival Berliner DJ bekommt nach Auftritt in Tunesien Morddrohungen
Ein falsches Sample und die Stimmung kippt: Während eines Sets des Berliner Techno-DJs Dax J in Tunesien beginnt das Publikum plötzlich zu pfeiffen und Mordrohungen gen DJ-Pult zu rufen. Auch im Internet bricht der Hass nicht ab.
"Wir werden dich töten!", prangte noch bis vor einigen Stunden auf der Facebook-Seite von Dax J. Ein weiterer Kommentar eines wütenden Festivalbesuchers lautete: "Wer bist du, herzukommen und uns so in unserem Land zu beleidigen?” Mittlerweile sind die Postings verschwunden: Der Berliner Techno-DJ hat nach einer Welle des Hasses seine Social-Media-Profile - drei Tage nach seinem DJ-Set auf dem Orbit Festival - gelöscht. Was war am vergangenen Freitag im tunesischen El Guitoune passiert?
Der "Adhān" ist der islamische Gebetsruf. Er wird traditionell in arabischer Sprache fünfmal täglich zum Aufruf des gemeinschaftlichen Gebets durch den Muezzin gerufen, sowie zum Freitagsgottesdienst. Dax J verwendete vergangenen Freitag ein Sample dieses religiösen Rufes in einem seiner Tracks - was viele Festivalbesucher als Beleidigung, Provokation und Herabwürdigung ihrer Religion auffassten. Die Folge: Wütende Pfiffe, Morddrohungen und die vorläufige Schließung des Clubs durch Mnaouar Quertani, den Gouverneur der Stadt Nabeul. Der Manager des Clubs kam umgehend in U-Haft - wegen "Verletzung der guten Sitten und Erregung öffentlichen Ärgernisses". Nachdem eine konservative tunesische Tageszeitung groß über den Vorfall berichtet und ein Video des Auftritts im Netz rumging, erbricht sich erneut eine Welle von Anfeindungen auf den Social-Media-Kanälen von Dax J.
Die tunesische Musikerin und DJane Deena findet die Reaktionen zwar überzogen, ist aber auch nicht wirklich verwundert. Sie glaubt zwar nicht, dass Dax J das mit Absicht gemacht hat, hält die Entscheidung, einen Gebetsaufruf in ein DJ-Set einzubauen allerdings doch für sehr naiv.
"Der Gebetsaufruf ist ja nicht einfach was Kulturelles, sondern etwas religiöses, das macht einen großen Unterschied. Dax J hat ja nicht einfach irgendwas arabisches gesampled. Aber ich versteh das schon. Unreligiöse Leute, die aus modernen Ländern kommen, fühlen sich von so etwas halt auch nicht beleidigt. Er sollte vielleicht einfach das nächste Mal nochmal drüber nachdenken, ob er wirklich ein religiöses Sample verwendet."
- Deena
Bevor er seine Social-Media-Kanäle jetzt löschte, entschuldigte sich Dax J deswegen auch bei seinem Publikum: "Ich möchte mich aufrichtig bei jedem entschuldigen, der von meiner Musik, die ich am Freitag auf dem Orbit-Festival in Tunesien gespielt habe, beleidigt wurde", schrieb der Künstler am Montagnachmittag auf Facebook. Es sei nicht seine Absicht gewesen, jemanden zu beleidigen oder zu verärgern.
Sendung: Filter, 05.04.2017 ab 15.00 Uhr