Halb Internet-Nerd, halb Trap-Gott Die bizarre Geschichte des indonesischen Rappers Rich Brian
Unter dem Pseudonym "Rich Chigga" landete der indonesische Rapper Brian Imanuel mit "Dat $tick" 2016 einen viralen Hit auf YouTube. Jetzt versucht der 18-Jährige als "Rich Brian" mit seinem Debütalbum den US-Rap aufzumischen.
Vor seiner Rap-Karriere hat sich Rich Brian mit dem Posten kruder Internet-Memes und absurder Comedy-Videos auf Vine und YouTube einen Namen gemacht. Auf die Idee zu rappen, kommt er eher spontan, als er eigene Rap-Parodien ins Netz stellt. Unter dem Alias Rich Chigga bringt der schmächtige Teenager 2016 die Single „Dat $tick“ heraus und rappt in rosa Polo-Shirt und Mittfünfziger-Gürteltasche zu monotonen Trap-Beats über Gangs, Bitches und so ziemlich jedes andere Rap-Klischee, das der amerikanische Hip-Hop zu bieten hat.
Rich Brians Label produziert ein Reaction-Video zum Song und holt dafür Rap-Größen wie Ghostface Killa, 21 Savage und Desiigner vor die Kamera. Obwohl die Stars zuerst über Style und Lyrics des Nerds im rosa Polo schmunzeln müssen, kann keiner so richtig verbergen, dass er von den harten Beats und trockenen Flows des Teenagers ziemlich beeindruckt ist.
Der PR-Move zahlt sich aus - das Video zu "Dat $tick" geht durch die Decke und wird zum viralen Hit. Was als Internet-Meme angefangen hat, zieht plötzlich eine riesen Fanbase an und öffnet dem Teenager erste Türen im internationalen Musik-Geschäft.
Auf den unerwarteten Erfolg folgt der erste Shit-Storm
Der fette Backlash lässt allerdings nicht lang auf sich warten. Nicht alle lassen den Song als harmlose Trap-Parodie durchgehen, sondern nehmen dem Rapper das übertriebene Gangster-Gepose übel. Die Tatsache, dass Brian in seinen Songtexten oft mit dem N-Wort um sich wirft und auch sein Rapper-Name eine Anspielung auf das rassistische Wort ist – bei Rich Chigga in der Abwandlung mit Ch für „chinese“ –, bringt ihm heftige Kritik von der Hip-Hop Community ein. Doch keine Kontroverse, die man im schnelllebigen Internet-Zeitalter nicht mit einem Tweet und ein paar neuen Singles regeln kann… Anfang des Jahres twittert der Rapper, dass er in Zukunft unter dem Namen Rich Brian Musik macht und bringt einen Monat später sein Debütalbum "Amen" heraus.
Yes I now go by “Brian”. I have been planning to do this forever and I’m so happy to finally do it. I was naive & I made a mistake. new year, new beginning, happy new years™️
— Rich Brian (@richbrian) 1. Januar 2018
Auf der Platte erzählt der 18-Jährige seine Geschichte: von den Anfängen als Twitter-It-Boy und sozialer Außenseiter in Jakarta, bis zu seinem Umzug nach Los Angeles. Musikalisch knüpft "Amen" an die harten Trap-Sounds aus Rich-Chigga-Zeiten an. Der Sound klingt aber gerade durch die vielen eingängigen Hooks und gesungenen Parts deutlich pop-tauglicher. Auch in Bezug auf seine Lyrics merkt man Brian an, dass er neue Richtungen einschlagen und als Künstler ernst genommen werden möchte.
Das funktioniert manchmal ganz gut, kommt an einigen Stellen aber noch sehr unbeholfen rüber. Gerade die eher persönlichen Tracks klingen entweder zu trocken oder sind unfreiwillig komisch. Auf dem Album gibt es zwar durchaus ein paar Banger, die Spaß machen, doch das sind vor allem die härteren Tracks wie "Attention" mit Feature-Gast Offset von den Migos oder "Enemies". Bei einem großen Teil der übrigen Tracks hat man als Hörer schnell das Gefühl, dass Brians Songwriting-Skills und sein trockener Flow noch nicht abwechslungsreich genug sind, um auf Albumlänge zu überzeugen.
Trap-Eintagsfliege oder ernstzunehmender Künstler?
Damit bleibt es spannend. Auf Grundlage des ersten Albums lässt sich schwer sagen, was die musikalische Zukunft für Rich Brian bereithält. "Amen" ist ein durchwachsener Versuch, irgendwie deep rüberzukommen. Es hat aber auch einige Kracher zu bieten, auf denen Brians Talent für krasse One-Liner und härtere Flows voll zum Tragen kommt. Und natürlich ist die bizarre Story von Rich Brian, dem dürren, indonesischen Teenager in Trash-Klamotten, der die amerikanische Rap-Welt erobern will, einfach viel zu interessant, um das Projekt gleich abzuschreiben.
Die aktuelle Hip-Hop Szene, in der gefühlt jeder US-Rapper mit den gleichen Gesichts-Tattoos, Skinny-Jeans und Trap-Attitüden über immer ähnlicher klingende Sound-Cloud-Beats rappt, kann ein paar neue Gesichter und ungewöhnliche Lebensgeschichten aber auf jeden Fall gut gebrauchen.
Sendung: Plattenbau, 07.02.2018 - ab 19 Uhr