Initiative Musik fördert Schwesta Ewa Warum jetzt alle über Rotlicht-Rap diskutieren
Vom Rotlichtmilieu auf die Newcomer-Liste: Der Ex-Prostituierten Schwesta Ewa wird für 2015 der große Durchbruch prognostiziert. Dass die Rapperin mit Steuergeldern gefördert wird, sorgt für Gesprächsstoff. Aber wieso eigentlich?
Schwesta Ewa ist solariumgebräunt, hat gemachte Nägel, Ganzkörper-Tribal-Tattoos und trägt Lederhosen, aber nicht die bayerischen. Sie rappt übers Anschaffen, über Geldmacherei und die Straße. Die Ex-Prostituierte ist heiß gehandelt in der Szene - und wird bald mit Steuergeldern finanziert.
Schwesta Ewa wird ab sofort von der "Initiative Musik" gefördert. Das ist eine gemeinnützige GmbH von der Bundesregierung. Wer gefördert wird, hat also Steuergelder in der Tasche. Dazu muss man sich initiativ bewerben, die Mitglieder des Aufsichtsrats schauen sich dann alles an, was der Künstler eingereicht hat. Dann wird entschieden, wer gefördert wird und wer nicht. Einer der Prüfer ist Norbert Niclauss. Er sagt:
"Wir sind keine reine Musikjury, […] wir fühlen uns da auch nicht kompetent in allen Genres. Aber was handwerkliche Standards angeht, kann der Drummer den Takt halten oder nicht, da sind wir uns dann doch recht schnell einig. Und die Wirtschaft und die Finanzpläne spielen eine wichtige Rolle."
Norbert Niclauss
Mit dem Förderprogramm unterstützt die Initiative Musik die Künstler beim Touren, bei Album-Aufnahmen und der Promo. Ein bisschen Startkapital sollte man aber mitbringen, denn: In jeder Förderrunde erstattet die Initiative Musik pro Künstler 40 Prozent von deren Ausgaben.
Was das für die Künstler bedeutet? Ein Beispiel: Du willst ein Musikvideo drehen. Mit 10 Euro auf dem Konto wird dein Video erstens wahrscheinlich ziemlich blöde, zweitens bekommst du am Ende nur 4 Euro zurück. Lohnt den ganzen Aufwand nicht wirklich. Wenn Du hingegen ein Video für 100.000 drehst, bekommst Du 40.000 Tacken zurück. Die Rechnung geht schon eher auf.
Jetzt ist das natürlich etwas verzwackt mit den Steuergeldern. Denn Schwesta Ewa kommt direkt aus dem Rotlichtmilieu - und rappt dementsprechend. Das habe man dem Antrag der Rapperin durchaus entnehmen können, meint Aufsichtsratmitglied Niclauss. Schock-Texte und trotzdem Geld vom Bund? Da wird's spannend. Und zwar nicht zum ersten Mal. 2011 hat die Initiative Musik schon den Rapper Kollegah gefördert. Auch dessen Texte sind teilweise umstritten.
"Also, wir hatten da bis jetzt noch kein Problem. Aber natürlich: Gerade bei HipHop macht man sich bei manchen Texten schon Gedanken. Da ist die Freiheit der Kunst auf der einen Seite. Und auf der anderen möchte man keine gewaltverherrlichenden oder frauenfeindlichen Texte fördern."
Norbert Niclauss
Da passt es, dass Schwesta Ewa ihre Texte nicht für gewalt- oder prostitutionsverherrlichend hält. In einem Interview mit dem HipHop-Magazin 16Bars sagt sie:
"Ich verherrliche den Job nicht [die Prostitution, Anm. d. Red.]. Ich sage, was ich erlebt und gesehen habe. Was ist daran verboten? [...] Wer soll denn über die Straße sprechen können, wenn nicht ich?!"
Schwesta Ewa
Und Geschmack beiseite: Letztendlich geht es bei der Initiative Musik nicht (nur) um Hochkultur, sondern vornehmlich um Musikwirtschaft - mit Betonung auf Wirtschaft. Und Business machen, das lernt man im Frankfurter Rotlichtmilieu auf die denkbar härteste Weise.