Rechtsrock auf Spotify Warum werden mir von Spotify rechte Bands vorgeschlagen?
Immer wieder landen Songs rechtsextremer Bands auf Spotify – und damit auch in euren Vorschlägen. Zwar bemüht sich der Konzern, solche Songs zu sperren, unsere Autorin konnte trotzdem ganz leicht über 30 rechte Künstler finden.
Kürzlich habe ich einen Song von Rammstein auf Spotify gehört. Ich mag diese martialische Musik, die Ästhetik, den Lärm. Vor allem aber mag ich’s, weil die ganze Fascho-Ästhetik immer wieder ironisch durchbrochen wird. Als der Song aus ist, schlägt mir Spotify den nächsten Song vor: "Alkoholiker" von Sleipnir.
Der Song ist harmlos, die Band nicht
Ich bin keine Rechtsrock-Expertin, aber Sleipnir sagt selbst mir was: Eine kurze Google-Suche ergibt, dass der Sänger Marco Bartsch auf Blood-and-Honour-Konzerten aufgetreten ist. Und die wiederum haben Verbindungen zu den Morden der NSU. Netter Typ also, genau die Sorte Künstler, die ich mir in meinen Spotify-Vorschlägen wünsche.
Der Song selbst ist allerdings harmlos, es geht darin eben um einen Alkoholiker. Er verbreitet keine Hetze und steht deswegen auch nicht auf dem Index. Ich beschließe trotzdem, ihn bei Spotify zu melden – und siehe da: nach kurzer Zeit ist das Lied auf der Plattform nicht mehr auffindbar. Der Song werde jetzt erstmal geprüft, sagt mir Spotify. Allerdings ist Sleipnir nicht der einzige rechtsextreme Künstler dort. Es gibt Rechtsrock aus Italien, Kroatien, der Schweiz und der Ukraine. Künstler wie Mustafa Yıldızdoğan, die bei Veranstaltungen der Grauen Wölfe auftreten, rechte deutsche Liedermacher wie Sacha Korn und dann noch Black Metal oder Goth Bands wie Von Thronstahl, die in der Szene nicht unbekannt sind.
Über 30 Nazi-Bands auf Spotify
Meine Suche ergibt innerhalb kürzester Zeit über 30 einschlägig rechte Bands und Künstler, von denen teilweise die kompletten Diskografien auf Spotify verfügbar sind. Bis auf die paar Alben, die die Bundesprüfstelle indiziert hat. Ich konfrontiere Spotify nochmal mit meiner Recherche und bekomme Antwort vom deutschen Managing Director für Europa, Michael Krause:
"Wir sind in dem Sinne ein demokratisches System, jeder Inhalt kann im Grunde seinen Hörer finden – und da können wir natürlich keinen Einfluss darauf nehmen, was Kunden hören wollen."
Michael Krause, Managing Director EMEA, Spotify
So kommt es zu der absurden Situation, dass Spotify sich demokratisch gibt, am Ende aber dezidierten Demokratie-Feinden eine Plattform bietet. Kleines Beispiel gefällig?
"Wir unterstützen alle Terroraktivitäten gegen das Christentum und die Demokratie!"
Rob Darken (Graveland) in 'Ablaze'.
Rob Darken hat in Interviews noch viel Menschenfeindlicheres von sich gegeben, aber das hässliche N-Wort muss hier nicht auch noch zitiert werden. Er und seine NSBM-Band Graveland sind ein Paradebeispiel für die Sorte rechter Musik, die für die meisten beim ersten Hinhören wahrscheinlich gar nicht als solche erkennbar ist, weil man beim Black Metal vor lauter Gegrunze naturgemäß recht wenig versteht. Ihre Musik ist – bis auf die indizierten Inhalte – bei Spotify ganz normal aufrufbar, genau wie die von anderen, einschlägig rechten Bands von Nocturnal Mortum bis Death in June.
Die Künstler selbst stehen auf keinem Index
Immerhin: Wenn ein Song auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien landet, dann wird er auf Spotify gesperrt, erklärt Michael Krause:
"Es ist auf jeden Fall schon mal toll, dass es diese Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gibt, die ja im Grunde auch weltweit führend ist in der Analyse von Musik, was Jugendgefährdung und Gesetzeswidrigkeiten angeht. Deswegen arbeiten wir mit denen auch recht eng zusammen und halten uns auch an deren Empfehlungen."
Michael Krause, Spotify
Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die Bundesprüfstelle bei der Vielzahl der rechten und rechtsextremen Musik überhaupt hinterherkommt. Das ist nämlich gar nicht so einfach, sagt Thorsten Hindrichs, der zu rechtsextremer Musik an der Uni in Mainz forscht.
"Das Indizierungsverfahren kommt erst in die Gänge, wenn eine offizielle Körperschaft einen entsprechenden Antrag stellt. Es gibt weit mehr Rechtsrock- Musik, als das, was auf den Indizierungslisten der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien steht."
Dr. Thorsten Hindrichs, Uni Mainz
Spotify sollte sich mehr wie ein Radio verhalten
Es stellt sich daher die Frage, ob die Bundesprüfstelle als einzige Instanz für eine Sperrung auf Spotify also überhaupt ausreichend ist? Natürlich kann Spotify es am Ende mit den Inhalten auf ihrer Plattform halten, wie es will. Spotify ist ja erstmal ein privates Unternehmen und sie sind immerhin bemüht, zumindest den Anforderungen der Bundesprüfstelle nachzukommen.
Aber sie deckt eben bei Weitem nicht alles ab. Und da stünde Spotify ein bisschen mehr Haltung vielleicht ganz gut zu Gesicht. Rechte Künstler von der Plattform zu verbannen hat auch nichts mit Zensur oder Einschränkung der Meinungsfreiheit zu tun. Es würde auch niemand ein Kaufhaus kritisieren, weil es keine Rechtsrock-Abteilung in seinen CD-Fächern führt. Auch würde sich niemand bei einem Radiosender beschweren, weil er zu wenig rechte Musik spielt. Bei Spotify können wir Nutzer eben, anders als bei CD-Käufen, nicht konkret mitbestimmen, an wen unser Geld letztendlich fließt. Wir können nur aktiv werden, uns informieren und einschlägige Inhalte melden.
Wenn ihr problematische Künstler oder Songs auf der Plattform findet, könnt ihr entweder eine Direktnachricht an Spotify schicken, oder einschlägige Inhalte über die “Spotify for Artists”-Page melden.
Diese rechten Bands habe ich auf Spotify gefunden (Stand: April 2018)
Death and Glory, Legion of Doom, Sad but True, Sturmtruppen Skinheads, Thor’s Hammer, Von Thronstahl, Bronson, Burzum, Nokturnal Mortum, Temnozor, Bestial Mockery, Sons of Satan, Death in June, Nordwind, Graveland, Hateforest, Kroda, Hässlich, Sacha Korn, Midgards Soner, Dark Armageddon, Minnesang, Thompson, Brutal Attack, H8Machine, Holdaar, Wolfkrieg, Mustafa Yıldızdoğan, Adoria, Leichenzug, Luror, Branikald.
Sendung: Filter am 5. April 2018 - ab 15 Uhr.