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Vorgestellt // Mashrou Leila Politik zum Tanzen

Selten war Kritik in der arabischen Welt so tanzbar, wie es die Songs der Band Mashrou Leila sind. Die fünf Jungs aus Beirut im Libanon sind die Newcomer des Pops aus der Region und noch dazu auf dem Cover des Rolling Stone.

Von: Sammy Khamis

Stand: 16.04.2014 | Archiv

Mashrou Leila | Bild: Sammy Khamis

"Die Regierungen hier im Nahen Osten legen uns immer wieder Steine in den Weg. In jedem Land muss die Polizei unsere Platte freigeben."

Ibrahim Badr, Drummer von Mashrou Leila

Und dabei lässt sich die Polizei Zeit. Es kann zehn Jahre dauern, bis die CD endlich rauskommt. Die Band Mashrou Leila ecke immer wieder an, meint Drummer Ibrahim. Mal werfen die Zensurbehörden Steine in den Weg, mal finden die Libanesen keine Plattenfirma, die sie unter Vertrag nimmt. Deshalb hat sie ihr drittes Studioalbum "raasuk", zu deutsch "TANZE!" einfach per Crowdfunding finanziert. Die Band aus dem Libanon sammelte ganze 60.000 Dollar und brachte damit Beirut auf die Landkarte des Indie.

"Mit dem Hashtag #OccupyArabPop haben wir einen Zwischenraum im Nahen Osten geschaffen, den es für Pop zuvor noch nicht gab. Musik hier ist entweder unterbezahlt und underground oder totproduzierter hyper-vermarkteter Pop-Trash. Und wir nehmen beide Räume ein. Wir kommen zwar ins Fernsehen und zeigen was wir können. Trotzdem  sind wir nicht überproduziert."

André Chedid, Gitarist von Mashrou Leila

Mashrou Leila – das heißt so viel wie "nächtliches Projekt". Die Band entstand aus stundenlangen nächtlichen Jamsessions in Beirut. Ihr Sound klingt oft schleppend, träumerisch - und ja - auch arabisch, aber eben nicht nach Folklore, sondern nach modernem Pop. Wenn Mashrou Leilas Musik eine Farbe hätte, es wäre das dunkle Blau, kurz bevor die Sonne aufgeht.

Für die arabisch sprachige Welt aber sind es die Texte, die Mashrou Leila besonders machen. In dem Song "Ala Babu" – "An seiner Tür" erzählt Sänger Hamed Sinno von einer Liebesgeschichte. Zwischen Männern. "Ich stehe an seiner Tür, und mein Herz, es leidet". Ein absolutes Novum im arabischen Pop.

Ihr Song "Lel Watan" – "Für die Nation" ist eine offene Anklage an fast alle Regierungen im Nahen Osten. Im Refrain singt Sänger Hamed Sinno: "Sie bringen dir die Nationalhymne bei und bläuen dir ein, dass es gut ist zu leiden – für die Nation".

Für das internationale Publikum ist die Musik von Mashrou Leila sicher nichts bahnbrechend Neues: eingängige Pop-Melodien, tanzbarer Rhythmus. Aber genau deswegen ist es fast schon egal, ob man die Texte versteht oder nicht. Wer hört schon genau hin, was Arcade Fire singen? Aber Mashrou Leila verkörpern etwas: Nachdem der neue Pop aus der arabischen Welt zuhause die Mauern eingerissen hat, klopft er gewaltig laut und sehr rhythmisch an den Toren des Westens.


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