Von Wegen Lisbeth, Josin, Nick Mulvey, Dexter, Yungblud Tracks der Woche #22/17
Die Tracks der Woche im Zeichen der Veränderung: beendete Bekanntschaften, ein inspirierender Ortswechsel, ein neuer Sound, ein Produzent mutiert zum Rapper und ein Jungspund wünscht sich die Revolution.
Von Wegen Lisbeth - Chérie
Niemand rechnet so kreativ mit Nervensägen ab wie Von Wegen Lisbeth. Auf ihrem 2016 erschienen Album "Grande" machen sie zum Beispiel der Ex-Freundin klar, dass sie gefälligst nicht ihre neuen Freunde in die geliebte Stammkneipe schleppen soll. Eine besondere Perle aber ist der zweite Track der Platte: Auf "Chérie" sagen die Berliner aus sehr nachvollziehbaren Gründen 'Auf Wiedersehen' zu einer Liebschaft. Von Wegen Lisbeth liefern darauf aber nicht nur textlich ab, sondern zeigen auch musikalisch, was sie drauf haben. Die vom Glockenspiel geprägte Instrumentierung sprudelt fast über, alles klingt ein bisschen zufällig und dabei sehr funky - was die ganze Geschichte äußert tanzbar macht. Dank dieser Mischung haben Von Wegen Lisbeth das Label 'Vorband von AnnenMayKantereit' längst hinter sich gelassen und sich zum elektrisierenden Main-Act gemausert. Von ihren Live-Qualitäten könnt ihr euch auf dem PULS Open Air vom 8.-10. Juni selbst überzeugen.
Josin - Feral Thing
Josin macht Musik, wie es nur sehr Wenige tun: in völliger Eigenregie und abseits von großen Tonstudios und ambitionierten Produzenten. Ihre Songs schreibt die Ende Zwanzigjährige unterwegs, ihre EP "Evaporation" ist größtenteils in Skandinavien entstanden. Die aktuelle Single "Feral Thing" spiegelt das Konzept der Sängerin perfekt wider: Der Instrumentalpart ist auf das Nötigste reduziert und lässt so der außergewöhnlichen Stimme genügend Raum, um ihren Zauber zu entfalten. So klingt sie ausdrucksstark und gleichzeitig zurückhaltend. Selbst ohne das zugehörige Musikvideo hat man bei diesem Song sofort Bilder von weiten Landschaften und kristallklaren Gebirgsseen im Kopf. Diese mystische Energie erinnert ein bisschen an die ruhigen Songs von Björk. So abgefahren wie bei ihrer isländischen Kollegin wird es bei Josin aber nicht, denn die Sängerin macht Musik nach dem Weniger-ist-mehr-Prinzip.
Nick Mulvey - Unconditional
In der Musikwelt von Nick Mulvey gibt es ganz klar einen Favoriten: die Gitarre. Für sie hat der britische Musiker 2010 sogar seine bereits ziemlich erfolgreiche Band Portico Quartet verlassen, bei der er Percussionist war. Er wollte unbedingt wieder an seinen Gitarrenfähigkeiten feilen, Songs schreiben und singen - wie es sich für einen ordentlichen Singer-Songwriter gehört. Und so ist dann auch sein erstes Solo-Album "First Minds" entstanden. Nach zwei Jahren Pause meldet sich der 32-Jährige jetzt mit neuem Material zurück: "Unconditional" heißt seine neue Single und auch hier spielt sein Lieblingsinstrument eine wichtige Rolle. Aber Nick Mulveys neuer Track ist nicht so akustisch gehalten wie seine alten Sachen. Poppigere Elemente gesellen sich zur Spanish-Guitar, aufgelockert von Chorgesängen und dezenten Bläsern. Da hört man deutlich raus, dass der werte Herr sein Musikstudium in Kubas Hauptstadt Havanna absolviert hat.
Dexter - Dexy, wo bist du?
"Dexy, wo bist du?" - diese Frage wird im gleichnamigen Track von Dexter beantwortet. Spoiler Alert: Es geht ums Kiffen. Dass der jazzige Beat des Songs dabei extrem cool rüberkommt, ist Ehrensache. Schließlich ist der HipHop-Produzent in erster Linie für seine schicken Samples bekannt. Vor zwei Jahren hat Dexter auf seinem Album "Palmen&Freunde" die Vocals noch seinen sehr fähigen Kollegen - unter anderem Fatoni, Maniac, Audio88 und Yassin - überlassen. In letzter Zeit hat man Dexy aber immer mal wieder die eigene Stimme erheben hören und das hat auch einen Grund: Übung für sein Ende Juni erscheinendes Album "Haare nice, Socken fly", auf dem der Hobbyrapper selbst das Mic in die Hand nimmt. Dabei geht der gebürtige Heilbronner die Sache ziemlich unverkrampft an. Es muss nicht jede Line perfekt sitzen und reinballern. Und diese entspannte Einstellung zum eigenen Werk hört man auch der sommerlich-leichten Single "Dexy, wo bist du"? an.
Yungblud - King Charles
Wer ist dieser King Charles, von dem Newcomer Yungblud auf seiner Debütsingle singt? Geht es hier um den englischen Singer-Songwriter oder um ein Mitglied aus der Adelsfamilie? Auf jeden Fall soll der Kerl seine Kohle rausrücken: "Get out your wallet, give us your money. And you might as well throw in your soul", heißt es im Refrain. Mit seiner Single hat der gerade mal 19-Jährige nicht nur ein Crossover aus HipHop und Indie-Rock rausgehauen - der Track strotzt zudem nur so vor jugendlicher Rebellion. Dazu passt auch die Optik von Dominic Harrison aka Yungblud: Auf dem schwarz-weißen Coverfoto sieht der Brite aus wie eine Mischung aus James Dean und Joe Strummer. Letzterer war nicht nur optisch eine große Inspirationsquelle, wie Yungblud selbst sagt: Von dem The Clash-Sänger habe er gelernt, dass man erfolgreich verschiedene Genres zu etwas Neuem mischen kann und eine ordentliche Message unverzichtbar ist.
Sendung: Freundeskreis, 29. Mai 2017 - ab 10 Uhr