Vorgestellt // Born Ruffians Charmante Schurken
Das Jahr: 2008. Das Album: "Red, Yellow, Blue". Auf dem Cover: ein schneidiger Revolverheld. Die Born Ruffians selbst sind allerdings alles andere als Lümmel. Und auch ihre Musik klingt keineswegs verlottert. Ganz im Gegenteil.
Alles bei den Born Ruffians wirkt sehr feingeistig, strukturiert und extrem sophisticated. Die Kanadier stehen auf schlitzohrige und rhythmisch vertrackte Musik. Spätestens seit ihrem zweiten Album "Say It" (2010) pflegen Sänger und Gitarrist Luke LaLonde, Bassist Mitch DeRosier und Drummer Steve Hamelin außerdem einen Hang zum Minimalismus. Gitarre, Schlagzeug und Bass. Und gut. Um aber auf der Bühne möglichst fett zu klingen, haben sich die Born Ruffians einen vierten Mann gegönnt: Andy Lloyd, Ex-Bassist von Caribou. Ursprünglich sollte er vor allem die Live-Auftritte unterstützen, es könnte aber auch eine innigere Liaison werden.
Perfekt, aber echt
Trotz ihrem latenten Perfektionismus wollen die Born Ruffians organisch und spontan klingen. Und ganz wichtig: Raum für Fehler lassen. Aufgenommen wird gemeinsam unter Live-Bedingungen. Vieles bei den Born Ruffians passiert wie manch einer sein Studienfach wählt: ex negativo. Sie wissen eigentlich nur, wie sie NICHT klingen wollen. Es gibt schlechtere Wegweiser.
Auch textlich outen sich die Born Ruffians als durch und durch smarte Typen. Referenzen auf den amerikanischen Schriftsteller Kurt Vonnegut gibt es ebenso wie Texte über das alltägliche Scheitern und die Vergänglichkeit. Dass das Trio aber durchaus Witz besitzt, beweist allein schon ihr Video zu "I Need A Life", ein wüstes Küchendrama.
Erfrischend an den Born Ruffians ist, dass sie komplett ohne New York- respektive Brooklyn-Bezug auskommen. Sie haben es sogar geschafft, nicht einmal Teil des Toronto-Hypes zu sein. Sie sind nämlich keine Buddies, sondern schlicht die jüngere Generation NACH Broken Social Scene und Konsorten.
Die Exoten im Laden
Wenn überhaupt, dann profitieren die Born Ruffians von ihrem Exotenstatus, den sie als (eine der wenigen) Gitarrenbands auf dem englischen Kultlabel Warp einnehmen. Sie geben offen zu, das Label vor ihrem Signing nicht gut gekannt zu haben. Ihr Interesse für elektronische Musik hielt sich ebenfalls in Grenzen. Das hat sich schon ein wenig geändert: Auf der Compilation "Warp20 (Recreated)" 'coverten' sie sogar zwei Aphex Twin-Stücke.
Die Born Ruffians suchen nie den direkten Weg zum fertigen Hit, sie lieben es, an jeder nur möglichen Kreuzung erstmal abzubiegen. Wobei sie nie das Ziel aus den Augen verlieren oder planlos umherirren. Sie wollen den perfekten Popsong (er)finden, nur ist ihr GPS ein wenig komplexer programmiert.