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Vorgestellt // Kenzari's Middle Kata Geballte Teenage-Angst

Vier Jahre ist es her, dass die Münchner Post-Hardcore-Helden ihr letztes reguläres Album veröffentlichten. 2010 sind sie zurück mit "Body vs. Function" - vom Post-Hardcore zum Noise-Rock. Musikredakteur Marcus Grassl ist gerockt!

Stand: 15.11.2010 | Archiv

Kenzaris Middle Kata | Bild: Kenzari's Middle Kata

Mitte der 90er: Ich befinde mich in einer mittelgroßen Teenage-Riot-Phase. Jeden zweiten Abend lümmele ich bei Rockkonzerten in der ersten Reihe, um verwirrten Emotionen, Zukunftsängsten und Liebeskummer freien Lauf zu lassen. 2010 veröffentlichen Kenzari's Middle Kata ihr drittes Album. Kaum läuft die Platte, kommen wieder dieselben Gefühle dieser postpubertären Lebensphase in mir hoch.

"Body Vs. Function" - Kenzari's Middle Kata hätten keinen passenderen Titel für ihr Album finden können. Da ist alles drin: die unergründlichen Verbindungen zwischen hören, sehen, fühlen, schmecken, leben, leiden und lieben. Ein Wechselbad der Gefühle. Es gibt keine Kontrolle, du bist hemmungslos wie im Rausch. Der Körper und die Sinne tun einfach, was sie wollen. All das haben die vier Jungs von Kenzari's Middle Kata vertont.

Auf in den One-Man-Moshpit

Instrumentaler und geradliniger als die letzten beiden Alben kommt "Body Vs. Function" daher. Das treibende Schlagzeug und der stetige Bass lassen meinen Puls schneller schlagen. Meine Muskeln spannen sich an, ich balle meine Hände zu Fäusten und bin kurz davor, einen One-Man-Moshpit zu starten. Tagträumend komme ich mir wieder vor wie mit 16.

Pubertär klingt das Album dennoch nicht. Melodiös wie Les Savy Fav, energetisch wie At The Drive in, elegisch wie Blackmail. Kein Wunder, hat doch Guido Lucas die Platte auf seinem Label bluNoise produziert und veröffentlicht. Der war nicht nur Bassist von Scumbucket, sondern hat auch die ersten Blackmail-Alben produziert und war somit maßgeblich verantwortlich für den Sound des deutschen Alternativ-Rocks der 90er. Prominent ist auch der Gastsänger des Tracks "Titanic". Aydo Abay, früher Leadsänger bei Blackmail, wurde für diesen Track ins Studio eingeladen.

Teenage-Riot im Albumformat

Die Platte ist musikalisch eine Rückbesinnung auf die 90er, in denen die Musiker selbst alle noch unter 20 waren und unter Zukunftsängsten litten. Und das, obwohl die Jungs mittlerweile schon feste Jobs und Familien haben. Da sollte es eigentlich vorbei sein mit der Teenage-Angst. Trotzdem sind die dreckigen Gitarren, das Geschrei und die großen Emotionen bei jedem Song zu hören und zu spüren. Und gerade diese Straightness und Intensität auf "Body Vs. Function" katapultiert mich wieder zurück in die Zeit der langen, fettigen Haare, der Doc Martens und der Unsicherheit während des Erwachsenwerdens. Ein Wahnsinns-Trip.


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