Vorgestellt // Samy Deluxe Der Sozialpädagoge des Raps
Von Goldketten und dicker Hose hat Samy Deluxe sich verabschiedet. Schon lange. Heute rappt er über seinen Sohn, seine Oma und will Deutschland zu einem besseren Ort machen. Und überrascht mit seinem neuen Album "SchwarzWeiss".
"Das rundeste Ding seit der Erfindung des Rads" sei sein Rap, behauptete Samy Deluxe vor Jahren. Die HipHop-Szene war sich einig: Das kann man so stehen lassen. Der Hamburger ist wohl der Deutsch-Rapper, der sich im Laufe seiner Karriere am meisten verändert hat.
Seine Karriere beginnt in einem kleinen, verrauchten Keller in der Hansestadt. Dort sitzt er der Legende nach zusammen mit Jan Delay, baut einen Joint nach dem anderen und nimmt seine ersten Mixtapes auf. Den Durchbruch schafft der selbst ernannte Wickeda MC um die Jahrtausendwende: Zusammen mit seiner Band Dynamite Deluxe veröffentlicht er das Album "Dynamite Deluxe Soundsystem" – ein Paukenschlag, der eine neue Zeitrechnung im deutschen Rap einläutet. Solche rollenden Battle-Raps, die den Nagel haargenau auf den Kopf treffen, hat man bis dato in Deutschland noch nicht gehört.
Persönlichkeit sticht Battle-Rap
Samy Deluxe zählt seit Jahren zur Rapelite Deutschlands. Bald ist er ganz oben angekommen. Aber: Er spürt auch schnell den rauen Wind, der an der Spitze weht. Zwischen den deutschen Rap-Hochburgen Hamburg und Berlin entsteht so etwas wie ein Möchtegern-Eastcoast-Westcoast-Beef. Die Fans erwarten vom Battleking Samy, dass er zum ganz großen Rundumschlag ausholt – er aber hält sich raus und rappt lieber gut gelaunt über Goldketten und Clubabende.
Anfang 2009 veröffentlicht er das Album "Dis’ wo ich herkomm". Darauf zeigt Samy völlig neue Seiten. Lange melodische Gesangsparts legt er auf reggaelastige Beats. Die Texte unterscheiden sich stark von seinen früheren Songs. Sie sind persönlicher geworden, behandeln das Verhältnis zu seinem Sohn ("Superheld"), seiner Oma ("Oma Song") oder seinem Vater ("Vatertag).
"Hallo Deutschland kennt ihr mir noch?"
"SchwarzWeiss" heißt seine neue Platte. Gleich in der ersten Single "Poesiealbum" rechnet er mit der deutschen Rapszene ab. "Ich komme nicht klar auf die ganzen Rapper, die scheinbar nichts wissen über diese Kunstform". Also muss es Samy richten, denn er sei ja so "brillant, so phänomenal, fundamental, radikal so wie in jüngeren Jahren". Nebenbei vergleicht er sich mit Goethe und Schiller. Kurzum: Es ist ein Super-Ego-Raptrack.
Samy verliert sich jedoch nicht im Größenwahn, sondern spricht auf der neuen Scheibe auch wieder persönliche, ernste Themen an. In "Eines Tages" beschreibt er seinen Wunsch, irgendwann mit sich selbst im Reinen sein und glücklichere Zeiten erleben zu dürfen. Zeiten, in denen die Gesellschaft nicht mehr von Ungerechtigkeit geprägt ist und in denen Geld nicht alles bedeutet, wie er in "Wer wird Millionär" oder "Strassenmusik" kritisiert.
Vom kiffenden Schulabbrecher zum Sozialpädagogen des Raps
Deutschland will er mit seiner Musik zu einem besseren Ort machen. Mauern einreißen und Brücken bauen. Samy lässt nicht nur seine Texte, sondern auch konkrete Taten sprechen. Seit einiger Zeit arbeitet er in Workshops mit Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Schichten. So will er Vorurteile abbauen. Samy Deluxe hat sich wirklich gewandelt: vom kiffenden Schulabbrecher zum Sozialpädagogen des Raps.