Vorgestellt // Tonwertkorrektur Jenseits von jedem
Neues aus der Pop-City Fürstenfeldbruck: Nach Jacob Brass und Dobré & Sepp Kennedy bahnen sich jetzt Tonwertkorrektur ihren Weg in die große Stadt. Berührend, kopflos wütend und radikal authentisch.
Ein Abend in der Münchner Glockenbachwerkstatt: Die drei Musiker von Tonwertkorrektur stolpern von der Bühne wie ausgespuckt. Für eine Dreiviertelstunde haben sie ihre radikale Authentizität an Bass, Klavier und Schlagzeug demonstriert. Alles ist auf einmal wieder echt. Echte Wut, echte Verzweiflung, echter Aufstand, echte Subversion. Sie lassen ein verschwitztes, berührtes Publikum zurück, das nach weiteren Zugaben schreit. Spätestens jetzt ist klar: Hier geht es nicht darum, einen lustigen Abend zu haben, nicht um Bier mit Freunden und ein nettes Gespräch. Die Band tobt, wütet kopflos durch ihr Set, nah dran an der großen Geste und ganz weit weg von Peinlichkeit.
Band des Jahres 2009
2008 tritt die damals 16-jährige Lena nach einigen Auftritten, die sie alleine bestreitet, zum ersten Mal mit Juli am Bass und Nikolas am Schlagzeug auf. Beide Musiker spielen damals in nahezu unbekannten Formationen mit so klingenden Namen wie "Einzelkindnation", "Ikarus Kult" oder "Gruppe 10. Mai". Was als Nebenprojekt geplant ist, wird immer größer. Tonwertkorrektur gewinnen beim Sprungbrett-Bandwettbewerb im Jahr 2009 den Titel "Münchner Band des Jahres" und werden nicht nur von der Süddeutschen Zeitung ausgiebig gefeiert. Nach einem Demo mit vier Songs veröffentlicht die Band im Frühjahr 2010 ihr erstes Album. "Plays Clean" heißt es und deutlicher könnte der Titel eigentlich nicht sein.
"Clean" ist auf der Scheibe nämlich zunächst einmal gar nichts. Was an der Band live so fesselt, findet sich auch in den Aufnahmen. Die Musik bleibt uneingeschränkt direkt, obwohl sich die Band an so vielen Scheidewegen nicht entscheiden will. Sie leiht sich Melodien vom französischen Pop-Komponisten Yann Tiersen, nur um sie in Gitarrenlärm versinken zu lassen, sie paart Operngesang mit Schlagzeug-Patterns direkt aus der Heavy Metal-Hölle. In einigen Passagen erinnern Tonwertkorrektur an The Dresden Dolls. Aber genau da, wo dir Amanda Palmer verschmitzt zuzwinkert, haben Lena, Nikolas und Juli kein Lächeln für dich übrig. Und das ist es wahrscheinlich, was so clean ist an Tonwertkorrektur: Sie sind frei von Ironie und Zynismus. Sie meinen es verdammt ernst.