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Tracks der Woche #51/16 Giant Rooks, Konni Kass, Rostam feat. Charli XCX, Goldroger, Sara Hartman

Eine Reise in die Tierwelt mit den Tracks der Woche: riesige Krähen, Schafsinselbewohner, zwei Autotune-Elstern, ein vielseitiges Chamäleon und eine traurige Wanderlibelle.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 16.12.2016 | Archiv

Giant Rooks, Goldroger, Konni Kass, Rostam, Sara Hartman 2016 | Bild: Giant Rooks, Goldroger, Beinta a Torkilsheyggi, Rostam, Jennifer Stenglein

Giant Rooks - New Estate

"Die hab' ich damals noch als Vorband gesehen, als noch keiner die kannte" - ein oft gehörter Satz, den wir vermutlich auch sehr bald über Giant Rooks (zu Deutsch: "riesige Krähen") sagen werden. 2016 waren die fünf Jungs mit ihrem raffinierten Indie-Pop Support von RAZZ, Kraftklub und Von Wegen Lisbeth und haben außerdem den popNRW-Preis gewonnen. Ja, erstaunlicherweise kommen Giant Rooks aus Nordrhein-Westfalen und nicht aus Großbritannien. Ihr anspruchsvoller Sound versprüht aber durchaus internationales Flair. Nach ihrer musikalischen Liebeserklärung an das schwedische Småland aus dem letzten Jahr, haben Giant Rooks jetzt wieder frisches Material in der Pipe. "New Estate" heißt die Auskoppelung der gleichnamigen EP, die im Januar erscheinen wird. Hier hat jedes Instrument zum richtigen Zeitpunkt seinen Auftritt. Ein Klangzusammenspiel, das an The Kooks erinnert: zuversichtlich, dynamisch, abwechslungsreich.

Konni Kass - I Lie

Auf den Färöer-Inseln im Nordatlantik - ein gutes Stück nördlich von Schottland - wohnen Menschen, die ihre ganz eigene Sprache sprechen und sich als direkte Nachkommen der Wikinger sehen. Auf den sogenannten "Schafsinseln" leben aber nicht nur Männer mit Vollbärten, sondern auch die Band um Frontfrau Konni Kass. Die Nordlichter haben gerade ihr Debütalbum "Haphe" veröffentlicht. Auf der aktuellen Single "I Lie" singt Konni Kass gefühlvoll auf die kühlen Sounds ihrer Bandkollegen, die unfassbar gute Namen wie Torleik, Knút und Per haben. Unweigerlich stellt man sich die 25-jährige Sängerin irgendwo zwischen bemoosten Felsen vor. Etwa nach der Hälfte des Songs kippt die Stimmung aber von ländlicher Isolation zu urbaner Inklusion und man möchte einfach nur von Hallgesang begleitet in der Menge tanzend untergehen. Anfang 2017 starten Konni Kass dann ihre Europatour und machen am 3. Februar auch in München Halt.

Rostam feat. Charli XCX - Deadstream

Das mit dem Urheberrecht in der Musik ist in Zeiten der Sample-Verarbeitung und zu Hits werdenden Youtube-Coverversionen ja so eine Sache. Jüngstes Beispiel aus der wirren Welt des Copyrights: der Song "Deadstream". Anfang des Jahres hat der US-Produzent Jim-E Stack seinen gleichnamigen Track veröffentlicht. Diesen Song hat sich Rostam Batmanglij, ehemaliges Mitglied von Vampire Weekend, wiederum als Vorlage genommen und ordentlich daran rumgeschraubt. Und weil er mehr Vocals haben wollte, hat er nicht nur seine eigene Stimme beigesteuert, sondern sich auch noch die der britischen Popsängerin Charli XCX dazu geholt. Hochgeladen hat die neue Version von "Deadstream" allerdings wiederum Jim-E Stack. Also wer hat's erfunden? Das sollen die mal lieber unter sich ausmachen. Das Endergebnis jedenfalls ist ein atmosphärisches Mosaik, in dem sich ein romantisches Autotune-Duett versteckt hat.

Goldroger - Sgt. Pfeffer

"Bin nicht Superman, aber Clark Kent man sich", direkt am Anfang seines Tracks "Sgt. Pfeffer" dropt Goldroger schon diese Mörderline. Warum auch nicht? Der König der Rap-Piraten weiß ja, dass er es sich leisten kann, weil in den nächsten knapp vier Minuten noch einige Perlen kommen werden. Und dabei ist es auch völlig egal, dass Goldroger im Video ein bisschen aussieht wie ein junger, langhaariger Oliver Pocher. Außerdem gleichen das der beige-braune Fischerhut und die wunderschönen Retro-Collagenbilder wieder aus. Und wo wir gerade bei Doppelgängern sind: Auf dem Albumcover von Avrakadavra hat Goldie ja schon leichte Ähnlichkeit mit einem gewissen John Lennon, der zusammen mit seinen Bandkollegen wiederum Vorlage für die fiktive Figur des Sergeant Pfeffer gewesen sein dürfte. Einmal mehr zeigt der Dortmunder, dass er gerne um mehrere Ecken gleichzeitig denkt und die Adresse für vielschichtigen HipHop ist.

Sara Hartman - From The Other Side Of The World

Das Tourleben kennen wir zur Genüge aus Musikvideos: Schlafen im Bus, lustige Stadttouren mit der Band, super viel Spaß im Backstagebereich und dann die fetten Konzerte. Sara Hartman widmet sich mit ihrer Single "From The Other Side Of The World" aber einem unschönen Nebeneffekt des Tourlebens: Man sieht seine Lieben - in ihrem Fall ihre kleine Schwester - kaum mehr. "Another year is gone. Well, someone sent the video of you. Blowing out the candles at the kitchen table." Dieses Vermissen hat die Sängerin zu einem richtig guten Popsong verarbeitet, der dank Saras authentischer Stimme einen gewagten Balanceakt schafft: emotional, aber nicht kitschig. Distanzen und ihre Überwindung sind immer wieder Thema bei der gebürtigen Amerikanerin, die vor einiger Zeit von den USA nach Berlin gezogen ist. Und so schnell kommt Sara Hartman wohl auch nicht zur Ruhe: gerade zurück von ihrer eigenen Tour, supportet sie derzeit Clueso.


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