Traumjob: Arbeiten auf der Alm 5 Dinge, die ihr wissen solltet, bevor ihr auf die Alm geht
Melken, käsen, Heidi-Idylle. Hier erfahrt ihr, ob ein Sommer auf der Alm etwas für euch wäre. Denn lange habt ihr nicht mehr Zeit zum Überlegen: Die Jobs werden jetzt im Winter vergeben.
Jeder hat diese "Ach, das wollt ich schon immer mal machen"-Träume. Auch PULS Reporterin Anne-Lena Schug hatte so einen: Auf die Alm gehen. Im Sommer 2019 hat sie ihn sich schließlich erfüllt und dreieinhalb Monate in der Schweiz als Zusennin gearbeitet. Auf der Alm kümmerte sie sich gemeinsam mit drei Anderen und Hund Nico um 190 Kühe, zehn Schweine, sieben Ziegen und hunderte Käselaibe. Das ist eine ganze Menge Arbeit. Viele Alm-Hilfen brechen nach wenigen Wochen wieder ab, weil sie überfordert sind, es mit dem Team nicht passt oder sie es sich etwas anders vorgestellt haben. Deshalb hier fünf Tipps von Anne, damit euch das nicht passiert.
1. Der Winter ist die heiße Phase!
Wenn ihr im Sommer auf die Alm wollt, müsst ihr im Winter nach einer Stelle suchen. Im Dezember und Januar werden die Alpstellen vergeben. Informiert euch im Netz auf Seiten wie zum Beispiel zalp.ch. Dort könnt ihr selbst inserieren oder nach Stellenausschreibungen schauen. Alternativen wären noch almwirtschaft.com für Stellen vor allem in Österreich oder ihr wendet euch in Bayern an den Almwirtschaftlichen Verein. Überlegt euch genau, wie ihr euch den Almsommer vorstellt und was No-Gos wären. Wollt ihr auf eine Alm mit Gästebewirtung? In welchem Land? Wer melken und käsen will, sollte eine Stelle als ZusennIn auf einer Milchkuhalm suchen. Wer vor allem draußen auf den Weiden sein, Zäune aufstellen und die Rinder hüten will, sollte nach einer Stelle als Hirt*in auf einer Alm mit Jungvieh suchen. Wollt ihr auf eine ruhige Alm oder eine, an der viele Wanderer vorbeikommen?
Plant mindestens 100 Tage Alpzeit, da es ja eine Zeitlang dauert, bis ihr alle Abläufe und Tiere kennt. Ihr erhöht die Wahrscheinlichkeit eine Almstelle zu bekommen, wenn ihr vorher einen passenden Kurs macht, der zu dem jeweiligen Almbetrieb passt. Ihr werdet eine Stelle wahrscheinlich nur dann bekommen, wenn ihr euer Team oder eure*n Chef*in vorher persönlich getroffen habt und ihr euch gut versteht. Hör bei dem Treffen auf dein Bauchgefühl. Die Treffen machen die Suche echt zeitaufwendig. Sie sind aber wichtig, weil ihr monatelang aufeinander hocken werdet und abhängig voneinander seid.
2. Vorsicht Einsamkeit!
Ein gutes Team ist alles. Findet Leute mit denen ihr gut zusammenarbeiten könnt. Auf der Alm gibt es so viel Arbeit, dass alle echt leiden, sobald einer aufgibt oder schwächelt. Dann müssen die anderen nämlich noch mehr übernehmen. Meistens hat jeder seinen eigenen Arbeitsbereich: Eine*r kümmert sich um die Tiere, ein*r andere*r ums Käsen und der oder die Zusenn*in hilft beiden und macht den Haushalt. Stellt euch darauf ein, dass ihr Probleme selbst lösen müsst und es sein kann, dass die Anderen nach einem harten Tag keine Lust mehr auf Ratschen haben - oder ihr euch mit der Zeit auf die Nerven geht. Schließlich seid ihr hauptsächlich Arbeitskollegen - und keine WG.
Ich hab mich oft einsam gefühlt, trotz des Teams. Das ist zum Beispiel der Vorteil einer Alm mit Gästebewirtung. Man sieht auch mal andere Gesichter. Im besten Fall seid ihr teamfähig, kommt aber auch gut mit euch alleine klar und könnt schöne Momente wie den allabendlichen Sonnenuntergang in den Bergen für euch alleine genießen.
3. Das Almleben ist kein Heidiklischee
Keine Angst, es wird der Zeitpunkt kommen, an dem ihr euch wirklich wie Heidi fühlt. Es gab einen Moment, da sind mir echt die Tränen gekommen. Als nach ein paar Wochen die Tiere mich an den Rufen erkannt haben und sie von selbst zu mir gelaufen kamen. Da waren wir endlich ein Team, die Tiere und ich. Allerdings dauert es ein bisschen, bis es soweit ist. Deshalb: Habt Geduld und versucht möglichst alles mit Humor zu nehmen. Am Anfang sind die Tiere nämlich erstmal total aufgeregt. Auch für sie ist es ja eine neue Umgebung, weil sie im Winter im Tal sind. Anfangs hören sie also nicht auf Euch. Da kommt man sich echt manchmal vor wie ein Depp, wenn man mehrmals die Weide hoch und runter läuft und die Tiere immer noch nicht verstehen, wo sie hinsollen.
Stellt euch darauf ein, dass es auch mit den Menschen kurios werden kann. Ihr werdet auf Eigenbrötler, stille Macher, Gschaftler, Perfektionisten und Machos treffen. Stellt euch darauf ein, dass die Tiere an erster Stelle stehen, ihr den ganzen Tag arbeiten werdet und es sein kann, dass Tiere auf der Alm sterben. Wenn ihr euch bewusst macht, dass es richtig, richtig, richtig hart wird und ihr trotzdem noch Bock habt, die Herausforderung zu schaffen, dann seid ihr bereit.
4. Ihr werdet zum Gladiator
Aufgeplatzte Hände, Krasse Oberarm-Muckis, Krämpfe in den Beinen, Hornhaut auf den Handflächen. Bäm!! Ihr werdet zum Tier. Jeden Tag putzen, Kannen schleppen, die Weiden hoch und runter laufen, hunderte 10-Kilo-Käselaibe schmieren und drehen - all das wird euren Körper mit der Zeit zum Muskelpaket machen und auch echt beanspruchen. Ich hatte die Hände voll mit Pflastern, weil sie überall aufgeplatzt sind und geblutet haben. Morgens nach dem Aufstehen musste ich erst mal ein paar Dehnübungen zum Aufwärmen machen, weil ich mich gar nicht bewegen konnte.
5. Stress verwandelt sich in Erholung
Habt keine Angst vor harter Arbeit! Lasst euch von den Schilderungen anderer Älpler nicht abschrecken. "Warum tu ich mir das an?", haben sich wahrscheinlich alle, die schon mal auf der Alp waren, gefragt - und ein Jahr später gehen sie wieder hoch. Ganz genau kann wohl keiner beschreiben, warum einen das Almfieber trotz der schweren Arbeit nicht loslässt. Vielleicht liegt es daran, dass es oben so vieles gibt, das euch belohnt: Eine Kuh, die euch liebevoll anstupst, eine wunderschöne Blumenwiese, die Schweine, die immer aus ihrer Hütte auf euch zurennen, um hinterm Ohr gekrault zu werden. Ihr müsst keine Termine ausmachen, nicht im Stau stehen, keinen Parkplatz suchen, euch nicht in überfüllte U-Bahnen quetschen. Ihr habt oben auf dem Berg die Sachen, die ihr braucht. Und was ihr nicht habt, braucht ihr auch nicht.
Für mich war es der Hammer, sich jeden Abend auf die Holzbank vor der Hütte zu setzen, der Sonne beim Untergehen zuzuschauen und stolz auf sich zu sein, weil man so viel geleistet hat. Nächsten Sommer geht’s auf jeden Fall wieder auf die Alm.
Sendung: PULS am 09.12.2019 - ab 15.00 Uhr